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Löwengrube in Bozen: Alles Alte war einmal neu, alles Neue wird einmal alt

An der Fassade steht: „Löwengrube, Wirtshaus seit 1543“. Seit beinahe 500 Jahren also ist die Löwengrube nun schon ein Wirtshaus. Früher soll es Zollwirtshaus geheißen haben, wegen des Stadtzolls, der einst von den Reisenden und Fuhrleuten verlangt wurde.

Betritt man die neue Löwengrube, wird man von einer Atmosphäre eingenommen, die auf den ersten Blick eher an eine Lounge erinnert als an ein Wirtshaus.

Betritt man die neue Löwengrube, wird man von einer Atmosphäre eingenommen, die auf den ersten Blick eher an eine Lounge erinnert als an ein Wirtshaus.

Ein Zoll, der angeblich auf den Grafen Meinhard II. von Tirol zurückgeht, folglich noch einmal gut 300 Jahre. Und so alt sind wahrscheinlich auch die Keller der Löwengrube, die tief ins Bozner Erdreich ragen. Viel Geschichte also und sicher noch mehr Geschichten.

Und nun ist die Löwengrube wieder um ein Kapitel reicher, sie wurde nämlich umgebaut, mit zeitgemäßem Geschäftsmodell und guter Architektur. Im Wirtshaus mit Vinothek und feiner Küche finden gelegentlich Weinverkostungen und Kochkurse in der Showküche statt. Ein Konzept, das durchaus im Trend liegt.

Ein begehbarer Weinschrank wartet

Betritt man die neue Löwengrube über den Windfang aus Stahl und Glas, in dem auch ein begehbarer Weinschrank integriert ist, und steigt die zwei, drei Stufen hinunter, wird man von einer Atmosphäre eingenommen, die auf den ersten Blick eher an eine Lounge erinnert als an ein Wirtshaus: eine niedere Theke, dahinter ein großes einfaches Weinregal mit quadratischen Feldern, der untere Teil aus Eiche, darüber noch eine Reihe aus Stahl. Gediegene Möbelklassiker wie der sogenannte Egg Chair von Arne Jacobsen sind mit selbst entworfenen runden Eichentischen kombiniert, dahinter wieder das schlichte Regal. Am Ende der Theke steht die erste von drei Serviceboxen aus Stahl. In diesem ersten Körper mit Speiseliften und Anrichte wurden Elemente mit Butzenscheiben eingebaut, in den beiden anderen Stahlboxen befinden sich die Toiletten. All diese Einbauten liegen in einem rechten Winkel zueinander und heben sich leicht von den alten Mauern ab. Dadurch tritt das Alte und das Neue in einen Dialog, wobei das Neue sehr selbstbewusst in das Alte drängt und eine durchaus spannende neue Raumsituation entstehen lässt.

Die neugotische Stube in neuem Glanz

Die neugotische Stube wurde zum Leuchten gebracht.

Die neugotische Stube wurde zum Leuchten gebracht.

Ganz hinten dann das alte und neue Highlight der Löwengrube, die neugotische Stube, die mit viel Sorgfalt und unter den wachsamen Augen des Denkmalamtes wieder zum Leuchten gebracht wurde. Die umlaufende Wandtäfelung mit Bank nimmt ungefähr zwei Drittel der Wandhöhe ein. Die Wände darüber wurden von Albert Stolz, dem Jüngsten der drei Stolz-Brüder, mit Motiven aus der Umgebung ausgemalt. Die Möblierung ist weitgehend erhalten geblieben, so auch der Ofen links vom Eingang in die Stube, selbst die alten Lampen wurden wiederverwendet. Die dunklen Fensterlaibungen an der rechten Seite mit ihren Zinnen und den Butzenscheibenfenstern tauchen den Raum in ein gedämpftes, beinahe diffuses Licht und früher, als noch geraucht wurde, muss man sich vorgekommen sein wie im dichten Nebel.

Der Keller stammt aus dem 13. Jahrhundert

Die Leckereien aus der Küche haben natürlich auch ihren Preis.

Die Leckereien aus der Küche haben natürlich auch ihren Preis.

Eine Treppe führt nach unten in den Keller, der wahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert stammt. Tief steigt man hinunter, sicher zwei Geschosse. Auf halbem Weg wurde über die alte Treppe eine neue aus Stahl gelegt und eine Abzweigung dieser Treppe führt von hier einige Stufen hinauf in eine Galerie, die auf den alten Balken einer früheren Zwischendecke ruht. Der ganze Raum bleibt aber offen, man spürt die Dimensionen dieses Kellers. Neben der neuen Treppe dominiert das vom Gastraum her bekannte Regal, hier in Fichte. Beinahe raumhoh führt es die Wände entlang ohne sie zu berühren und zieht in einem rechten Winkel um die Ecken. Das Regal bekommt in diesem Raum durch die Größe und die Verbindung mit der Galerie eine besondere Kraft. Und die großen Tische mit ihren verkreuzten Beinen aus Stahl lassen an ein ausgelassenes Gelage denken.

Küche mit allen Finessen

Zurück im Gastraum geht es über die alte Treppe hinauf ins erste Obergeschoss, direkt in einen großen Raum mit Schauküche und drei kleinen Tischen, eingebettet in eine Bank, deren Lehne beinahe zur Täfelung wird, die sich an den Wänden dieses Raumes fortsetzt. Die Wandverkleidung schaut auch in die beiden dahinterliegenden Räume hinein, die jeweils nur mit einem Tisch besetzt sind, und deren bemalte Stuckdecken sorgfältig restauriert wurden. Auf diesem Geschoss befindet sich auch die neue Küche, die selbstverständlich alle technischen Finessen aufweist.

Der Fortbestand einer alten Bozner Institution wird garantiert

Die umlaufende Wandtäfelung nimmt ungefähr zwei Drittel der Wandhöhe ein.

Die umlaufende Wandtäfelung nimmt ungefähr zwei Drittel der
Wandhöhe ein.

Das Ganze hat mit der alten Löwengrube natürlich nicht mehr viel zu tun und auch ein Wirtshaus ist das nicht mehr, das ist spätestens beim Eintreten klar. Aber das neue Konzept von der kleinen feinen Küche mit einer gut sortierten Vinothek garantiert den Fortbestand einer alten Bozner Institution. Und dass Tradition nicht Stillstand heißen kann, sondern stetes Sich-Verändern, kommt in diesem Fall der Löwengrube zugute. Das Denkmalamt hat bei diesem Umbau ebenso kompetent wie offen eine gelungene Arbeit begleitet. Die Eigentümer sind sich über den Wert ihrer Immobilie im Klaren und haben bewusst auf gute Architektur gesetzt, um ihren Besitz zu pflegen. Die Planer des Umbaus, „bergmeisterwolf architekten“, haben es verstanden, einen spannenden Dialog zwischen dem Alten und dem Neuen zu inszenieren, aber auch Entscheidungen getroffen, die aus dem Alten etwas Neues haben werden lassen. Sie haben auf hochwertige Materialien gesetzt, die gekonnt miteinander kombiniert wurden. Nicht nur formal sind dadurch sehr schöne Raumsituationen entstanden, sondern auch inhaltlich.

Ein Ort der Kommunikation

Der gut sortierte Weinkeller ist der ganze Stolz von Besitzer Helmuth Geier.

Der gut sortierte Weinkeller ist der ganze Stolz von Besitzer Helmuth Geier.

So sind zum Beispiel die großen Tische im Kellergeschoss und in den beiden Räumen im Obergeschoss sicherlich nicht nur für große Gruppen gedacht, sondern empfangen auch mehrere kleine Gruppen oder Einzelpersonen – und werden so zu einem Ort der offenen Kommunikation. Das Konzept der Architektur ist klar: Die alten Mauern blieben unberührt, gearbeitet wurde mit rechten Winkeln und es wurden – vom Boden bis zu den Lampen – nur hochwertige Materialien verwendet. Die Bauherren haben das Konzept verstanden und angenommen und sind ihm gefolgt, dafür gebührt ihnen einen besondere Anerkennung.

Text: Christian Schwienbacher

Fotos: Wolfgang v. Klebelsberg

Der Beitrag wurde – mit Genehmigung des Autors  dem Heft „Der historische Gastbetrieb des Jahres in Südtirol“ entnommen.

Informationen: Wirtshaus Löwengrube, Zollstange 3, I-39100 Bozen, Tel.: (0039 0471) 97 00 32; www.loewengrube.it

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