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Norwegen-Kreuzfahrt: Per Postschiff ans Nordkap

Überall ist Frühling, wir fahren in den Winter: Mit der MS Trollfjord ans Nordkap. Wind, Schnee, hohe Wellen? Wir sind gespannt, was uns erwartet. Nach der Ankunft in Kirkenes wissen wir: Raue See, ein edles und gepflegtes Schiff, viel Fisch, beeindruckende Landschaft, Alesund, Trondheim, Tromsø – und ein unvergesslicher Ausflug mit dem Huskyschlitten.

Langweilig wird es auf den Hurtigruten nie. Die Fahrt geht durch eine abwechslungsreiche Landschaft.

Langweilig wird es auf den Hurtigruten nie. Die Fahrt geht durch eine abwechslungsreiche Landschaft.

Ein mehrstündiger Zwischenstopp in Kopenhagen bei der Anreise ermöglicht uns eine kurze Stippvisite im „Paris des Nordens“. Aber Kopenhagen will uns nicht sehen, wie es scheint. Am Flughafen bahnen wir uns den Weg zur Metro, die in die Innenstadt führt – wegen eines technischen Defekts ist sie ausgefallen. Nach einigem Hin und Her gelangen wir dann doch endlich im Zentrum der Stadt an.

Kopenhagen – Paris des Nordens

Schon die Architektur des Bahnhofs ist absolut sehenswert. Eine denkmalwürdige Holzkonstruktion mit viel Glas. Und auch die Stadt hält, was ihr Beiname verspricht: Fantastische alte Architektur – wie Paris, nur sauberer und gepflegter. Das große, wirklich beeindruckende Königsschloss, schmucke Fassaden, Wasserkanäle und viele Straßencafés, deren üppige Außenbestuhlung an diesem Sonntagmorgen Mitte April noch etwas optimistisch wirkt. Ein tolles Flair. Wir laufen, bis die Füße schmerzen und wir zum Weiterflug nach Bergen einchecken müssen.

Smörebröd und hohe Wellen

Bergen wird seinem Ruf als regenreichste Stadt in Europa gerecht.

Bergen wird seinem Ruf als regenreichste Stadt in Europa gerecht.

In Bergen, Norwegen, angekommen, steht schon der Shuttlebus bereit. Wir sind gerade eingestiegen, als ein kräftiger Regenschauer einsetzt – der Regen fliegt waagrecht. Was jetzt, wieder ein technischer Defekt? Nach dem Regen folgt erst einmal ein Fahrzeugwechsel. Aber dann kommen wir nach viertelstündiger Fahrt an der MS Trollfjord an. Vom Schiff sehen wir erst mal nicht viel, denn erst geht es zum Einchecken im Gebäude von Hurtigruten. Ein Film und ein kurzer Vortrag zur Einführung in die Sicherheitsregeln, Hände desinfizieren – ganz wichtig – und dann gelangen wir über die Gangway an Bord.

Die MS Trollfjord macht sofort einen edlen und gepflegten Eindruck, blaue und beige Farben dominieren, ein Glasaufzug bringt zusätzlichen Glanz in die Hütte. In den Salons sind die Wände mit atmosphärisch interessanten Seefahrerbildern geschmückt. Und auch die Kabine selbst hat alles, was man braucht. Keine Suite, aber ein großes Bullauge, gute Betten und ein Bad.

„Unser“ Schiff für eine Woche - die MS Trollfjord.

„Unser“ Schiff für eine Woche – die MS Trollfjord.

Nachdem wir auf dem Panoramasalon über der Brücke das Ablegen des Schiffes um 22.30 Uhr beobachtet und lange genug aufs nächtliche Meer hinaus geschaut haben, fallen wir sofort in den Tiefschlaf. Um ca. 1 Uhr nachts werde ich wach. Es schaukelt mächtig. Soll ich einmal aufstehen und schauen gehen? Ich werfe einen kurzen Blick durchs Bullauge – nicht viel zu sehen – und lege mich wieder hin.

Am nächsten Morgen kommt die Ansage, dass wir nun zwei Stunden auf offener See fahren werden bei Windstärke 6-7 und „etwas“ Seegang. Das Schiff rollt nun mächtig auf und ab, die Gischt sprüht am Bug bis hoch an Deck 8. Ein spektakulärer Anblick im Panoramasalon. Jetzt aber los zum Frühstücken – mit Blick auf das tosende Meer. Schwankende Gestalten überall, auch wir schwanken zurück in die Kabine und legen uns erst mal für ein paar Minuten hin. So viel Schaukeln ist auf Dauer doch anstrengend.

Jugendstil und Fisch

Die MS Trollfjord startet ihre Reise in den hohen Norden.

Die MS Trollfjord startet ihre Reise in den hohen Norden.

Ich lobe mir die Außenkabine mit dem schönen, großen, runden Bullauge. Vor mir ziehen weiß gepuderte Berge vorbei, hier und da ein Wasserfall. Die Landschaft präsentiert sich in verschiedenen Graustufen, bei einer kleinen Siesta verpasst man jetzt nicht viel. Ziemlich kalt und windig war es davor bei unserem Landgang in Alesund. Wobei: Kalt stimmt eigentlich nicht. Im Grunde ist es warm – relativ gesehen – hier oben in Norwegen. Gäbe es nicht den Golfstrom, der auf einer Klimakarte im Altas als dicker, rosafarbener Pfeil entlang der norwegischen Küste in Richtung Norden dargestellt ist und warmes Wasser aus der Karibik ins norwegische Meer schiebt, dann wäre es hier richtig kalt, etwa so wie in Grönland. Dann bräuchten hier keine Hurtigruten-Schiffe zu fahren, die Waren und Menschen von Ort zu Ort transportieren, weil hier kaum Menschen leben würden.

Berge oder Meer im Urlaub? Mit den Hurtigruten kann man beides haben.

Berge oder Meer im Urlaub? Mit den Hurtigruten kann man beides haben.

So aber gibt es hier durchaus florierende Städte wie zum Beispiel Alesund. Das ehemalige Fischerdorf wuchs im 19. Jahrhundert rasch zu stattlicher Größe, bis 1904 ein Brand in verheerender Kombination mit einem Wintersturm buchstäblich alles zunichte machte. 10.000 Menschen wurden vorübergehend obdachlos. Aber sie bauten neu auf – aus Stein im seinerzeit modernen Jugendstil. Damals nicht farbig angestrichen, präsentierten sich die Häuser zwar in einer interessanten architektonischen Formsprache, aber doch ziemlich trist, weil steingrau. Das kann es nicht sein, dachte man sich in den 70er Jahren und begann abzureißen und neu zu bauen – natürlich im berüchtigten Stil der Zeit. Bis es jemandem auffiel, was man da vernichtete. Statt sie abzureißen, wurden die Häuser nun in bunten Farben angestrichen, was dem Stadtbild sehr gut tat. Die Sünden der 70er Jahre sind zum Kontrast dennoch sichtbar.

Blick aus dem Bullauge.

Blick aus dem Bullauge.

Und was ist der Hauptwirtschaftszweig in Alesund? Natürlich die Fischerei. Kabeljau, Hering, Makrele, Lachs … Die reichen Fischbestände verdankt Norwegen ebenfalls dem warmen Golfstrom. In vielen Fjorden sorgen ertragreiche Fischfarmen für reichlich Nachschub. Auch das Buffet auf der Trollfjord ist stets bestens bestückt mit Fisch und Meeresfrüchten. Da greife ich doch gerne zu. Aber wir probieren auch Köstlichkeiten wie gepökelte Lammkeule mit Steckrübenpüree und Preiselbeeren, Rentierfilet oder einen Eintopf mit Elchfleisch und Bohnen. Alles sehr, sehr lecker.

Der heilige Wikinger-König

Am Morgen des dritten Tages liegt die MS Trollfjord im Hafen von Trondheim. Die Stadt ist das Zentrum Mittelnorwegens und war früher die Hauptstadt des Landes. Bei dichtem Schneetreiben starten wir zum Landausflug zum Nidaros-Dom: Die Kathedrale mit der prachtvollen Westfassade ist ein bemerkenswertes Zeugnis gotischer Baukunst in Nordeuropa. Sie wurde zu Ehren des Wikingerkönigs Olav Haraldson gebaut, der heute der Nationalheilige der Norweger ist. Jedes Jahr am 29. Juli wird in Trondheim der St.-Olavs-Tag gefeiert.

Neptun verlangt Opfer

Wann genau werden wir wohl den Polarkreis überqueren? Das Infoblatt des Tages sagt zwischen 6:30 Uhr und 8 Uhr morgens. Wer am Vorabend die Uhrzeit am besten tippt, gewinnt. Ich schaue am Morgen gegen 7 Uhr aus dem Bullauge – alles grau. An mir vorbei zieht eine metallene Globusskulptur. Ja, das wäre Ihr Preis gewesen. Leider begreife ich nicht sofort, dass ich soeben Zeuge der Polarkreis-Überquerung wurde und versäume es, ein Foto zu machen. Dafür wird das Ereignis zum Frühstück mit einem Glas Sekt gefeiert.

Spannung vor der Polartaufe: der Nachwuchs zeigt sich jedoch unbeeindruckt von Neptun und seiner Assistentin.

Spannung vor der Polartaufe: der Nachwuchs zeigt sich jedoch unbeeindruckt von Neptun und seiner Assistentin.

Um 10:30 Uhr werden alle Passagiere aufs Oberdeck gebeten, denn nun erfolgt die offizielle Polarkreis-Zeremonie. Angsteinflößend bahnt sich Neptun seinen Weg durch die Menge. Seine angesichts des regnerischen Wetters mit einem gelben Südwester ausgerüstete Assistentin nennt feierlich die Uhrzeit der Überquerung: 7 Uhr, 5 Minuten und 12 Sekunden. Siegerin des Gewinnspiels ist eine Dame, die mit ihrem Tipp nur um elf Sekunden daneben lag.

Sie gewinnt nicht nur die seit elf Tagen im Einsatz befindliche, vom Wind schon etwas zerfledderte Hurtigruten-Flagge, sondern hat auch die Ehre, als Erste die berüchtigte Polarkreis-Taufe durch Neptun zu empfangen: Ein Schöpflöffel voller Eiswasser und reichlich Eiswürfeln wird ihr in den Nacken gegossen. Viele Arktisfahrer stellen sich anschließend freiwillig ebenfalls dieser höchst erfrischenden Prozedur. Zur Belohnung gibt es einen Aquavit.

(K)eine Kreuzfahrt

Gepuderte Bergspitzen.

Gepuderte Bergspitzen.

Irgendwie ein gutes Gefühl zu wissen, dass das Schiff auch hier verkehren würde, wenn es keine Touristen gäbe. Natürlich bräuchte es dann nicht so komfortabel ausgestattet zu sein. Dennoch hat der ursprüngliche Sinn und Zweck der Hurtigruten-Linienschiffe, die lokale Bevölkerung zu versorgen und bei Bedarf nebst Fahrzeugen von A nach B zu transportieren, nach wie vor Bestand. Man befindet sich also auf einem Arbeitsschiff, nicht auf einem herkömmlichen Kreuzfahrtschiff.

Die vielen schönen Annehmlichkeiten auf der MS Trollfjord lassen wir uns trotzdem gerne gefallen: die Sauna mit Panoramafenster, die beiden Whirlpools auf dem Oberdeck, das vorzügliche Essen und den musikalisch sehr versierten Pianomann am Abend.

Stundenlang im behaglichen Panoramasalon zu sitzen und einfach nur die Aussicht zu genießen, will mir dennoch nicht gelingen. Ich brauche Bewegung, frische Luft. Also heißt es immer wieder: gestiefelt und bemützt hinaus auf Deck 6, wo man das Schiff komplett im Freien umrunden kann oder auf Deck 9, das auf der hinteren Hälfte offen ist. Natürlich niemals ohne Kamera. Schließlich könnte man es sonst versäumen, den perfekten Ausblick im Bild festzuhalten.

Der Whirlpool auf dem Oberdeck – ein Genuss bei ca. 0° C Außentemperatur.

Der Whirlpool auf dem Oberdeck – ein Genuss bei ca. 0° C Außentemperatur.

Alles wird ausprobiert: Zum Beispiel ein Bad im Whirlpool, den ich nach etwa zehn Minuten erhitzt und mit hochrotem Kopf wieder verlasse. Oder die Sauna: Hier unterhalte ich mich mit einer bei den Vereinten Nationen arbeitenden Italienerin, die zurzeit Dienst in Kiew macht, über die brisante politische Lage in der Ukraine – und über ihren Sohn, der in Bristol studiert und mehr Geld für sein Partyleben benötigt. In der Pianobar treffe ich regelmäßig ein Ehepaar aus Schottland, das wie ich leidenschaftlich die dargebotene Live-Musik genießt. Und im Restaurant unterhalten wir uns mit drei Generationen einer amerikanischen Familie aus North Carolina. Der junge Familienvater ist Pilot bei der US Air Force und zurzeit auf Fortbildung in Norwegen. Er verbringt die Ferien mit seinen Eltern und den zwei kleinen Söhnen auf der MS Trollfjord.

Im Schaukelmodus

Damit man nicht ganz vergisst, dass man sich auf einem Schiff befindet, gibt es immer mal wieder Strecken, die über die offene See führen. Und das bedeutet: Schaukelmodus. Schon zum Frühstück schwankende Gestalten auf den Fluren. Das wechselhafte Aprilwetter hat ordentlich Wind mitgebracht. Am vierten Tag sind wir einigermaßen daran gewöhnt, als Neptun noch einmal so richtig ins Horn bläst. Ausgerechnet auf der Überfahrt zu den Lofoten-Inseln mit Windstärke 8 bis 9, in Böen bis 11. Bei 12 hören die Seeleute auf zu messen.

Wer’s einsam mag …

Wer’s einsam mag …

Eine Seefahrt, die ist lustig, heißt es. Doch für viele Passagiere ist jetzt so langsam Schluss mit lustig. Die „Kotztüten“ kommen bei so manchen zum Einsatz, im Barbereich auf Deck 8 scheppert es hin und wieder, wenn etwas zu Boden fällt, was irgendwo lose herumstand. Doch Reiseleiterin Kari bleibt weiterhin gelassen und beantwortet mit ruhigem Gemüt die Fragen besorgter Gäste. Und macht ihre Durchsagen. Erste Durchsage: Wegen des schweren Wetters muss der Landausflug „Wikingerfest auf den Lofoten“ leider abgesagt werden. Zweite Durchsage: Das Schiff kann leider nicht wie geplant in Stamsund anlegen, die Tagesgäste werden im nächsten Hafen, Svolvaer, per Bus abgeholt.

Auch nicht Svolvaer

Begegnung mit der MS Lofoten, dem ältesten aktiven Schiff der Hurtigruten-Flotte. Es feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag.

Begegnung mit der MS Lofoten, dem ältesten aktiven Schiff der Hurtigruten-Flotte. Es feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag.

Nach der Kursänderung kommen die bis zu sieben Meter hohen Wellen nun nicht mehr von hinten, sondern seitlich von Steuerbord. Das verstärkt die Wirkung noch einmal deutlich. Kurz darauf erfolgt die dritte Durchsage: eine herzliche Einladung zur ersten Abendessensrunde. Ironischerweise wird die Ansage begleitet von einem weiteren Scheppern, bei vielen Passagieren will jetzt nicht der richtige Appetit aufkommen. Vierte Durchsage: Das Schiff wird leider auch nicht in Svolvaer anlegen, sondern erst in Stokmarknes, und zwar gegen Mitternacht.

Ich bin inzwischen ziemlich erschöpft von der Schaukelei und kann mir nicht vorstellen, noch so lange bei diesem Seegang durchzuhalten. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: Irgendwann kommt das Schiff wieder in die Landabdeckung. Die zweite Abendessensrunde um 20.30 Uhr verläuft schon deutlich ruhiger.

Fischerboot vor Bergmassiv.

Fischerboot vor Bergmassiv.

Bald kommen wir in den 20 Kilometer langen Raftsund, eine enge Passage zwischen auf beiden Seiten rund tausend Meter hohen Bergen. Im Schutz dieser Berge ist das Meer plötzlich ganz ruhig. Aufgrund der beiden ausgelassenen Häfen sind wir dort früher als geplant und genießen in der Dämmerung den fantastischen Ausblick. Der Sturm von vorhin ist vergessen – nein, hiervon werden wir natürlich noch lange zu erzählen haben.

Die Tatsache, dass die Wikinger bereits vor 1.000 Jahren mit ihren einfachen Schiffen bei diesen Wetterverhältnissen unterwegs waren, erhält unseren ganzen Respekt und unsere volle Bewunderung.

Die Husky-Schlittenfahrt

Ganz besonders freuen wir uns auf den Landausflug an Tag 5: eine Husky-Schlittenfahrt in der Nähe von Tromsø. Ein Bus holt uns ab und fährt uns durch ein Tunnelsystem unter der Stadt. Hier gibt es sogar einen unterirdischen Kreisverkehr.

Die Schlittenhunde in ihrem Zuhause bei Tromsø.

Die Schlittenhunde in ihrem Zuhause bei Tromsø.

Als wir am Ziel ankommen und aussteigen, begrüßt uns eine ganze Meute von Hunden mit lautem Geheule. Über hundert Schlittenhunde befinden sich jeweils zu zweit angekettet auf und vor ihren Hütten. Sie können es offenbar kaum erwarten, zum Einsatz zu kommen. Ein beeindruckendes Bild, das sich vor der Kulisse der schneebedeckten Berge entfaltet. Der jüngste Husky ist zweieinhalb Monate alt. Er gehört zur Gruppe der „Puppies“, die die ersten Monate ihres Lebens in direkter Nähe zu den vielen Besuchern verbringen. So sind sie fremde Menschen von Anfang an gewohnt.

In einem kurzen Vortrag erklärt der Hundeführer unter anderem, warum man hier Alaska-Huskys hält und nicht die sibirischen: Letztere seien nicht so verträglich und deutlich aggressiver, es seien eben „Russen“! Zum Schutz vor Verschmutzung und Kälte erhalten wir vor der Schlittentour dicke, warme Overalls und Stiefel. Anschließend werden die freundlichen Tiere erst mal ausgiebig begrüßt und gestreichelt.

Ein unvergessliches Erlebnis - mit den Huskys unterwegs.

Ein unvergessliches Erlebnis – mit den Huskys unterwegs.

Zehn Hunde sind jeweils vor einen Schlitten gespannt. Wir machen es uns in einem der Schlitten gemütlich, bekommen eine wärmende Decke und dann geht es auch schon los. Die Hunde rennen unter Aufbietung aller Kräfte zunächst eine leichte Steigung hinauf. Beeindruckend, mit wie viel Kraft diese Leichtgewichte drei Erwachsene plus Schlitten ziehen. Die Fahrt geht durch eine wunderbare Landschaft mit herrlichen Ausblicken. Von unserem Hundeführer erfahren wir: Wenn Ende April der letzte Schnee weggetaut ist, werden die Huskys ein paar Wochen entspannen können, bis dann im Sommer das Training für die nächste Wintersaison beginnt. Die besten von ihnen werden bei einem legendären 1000-Kilometer-Rennen mitmachen. Das ist wohl der Höhepunkt der jährlichen Husky-Saison. Insgesamt wird dieser Landausflug  nachhaltig als ein ganz besonderes Erlebnis in Erinnerung bleiben.

Bald werden wir den 70sten Breitengrad überfahren. Und morgen früh erreichen wir dann die nördlichste Stadt der Erde: Hammerfest. Als ich um 1 Uhr nachts ins Bett gehe, ist es draußen nicht richtig dunkel, ein Dämmerstreifen säumt den Horizont. Und als wir gegen 4 Uhr in Hammerfest anlegen, ist es bereits fast ganz hell.

Auf den Fisch gekommen

Die Eismeerkathedrale von Tromsø.

Die Eismeerkathedrale von Tromsø.

Sind wir gestern auf den Hund gekommen, ist es heute der Fisch. In Kjollefjord kommt ein Fischer an Bord und bringt zwei Kübel mit Kabeljau – zerteilt in Körper und Köpfe. Nun sollen die leckersten Teile der Fischköpfe, Zunge und Bäckchen, herausgeschnitten werden. Freiwillige vor. Das lasse ich mir doch nicht entgehen! Ausgerüstet mit Plastikschürzen, Handschuhen und scharfen Messer rücken wir dem Fisch zu Leibe. Der Fischer erklärt die Handgriffe, beherzt setze ich die Schnitte. Einer Mitreisenden habe ich kurzerhand die Kamera in die Hand gedrückt, damit sie das ganze dokumentieren kann. Das herausgelöste Kabeljau-Bäckchen darf ich zur Belohnung direkt roh verspeisen – Sushi ist nichts dagegen. Anschließend fädele ich die vier Fischköpfe wie Perlen auf eine Schnur und hänge sie zum Trocknen auf ein Holzgestell. Auch die Fischkörper werden aufgehängt. In ein paar Wochen wird der Stockfisch fertig sein. Die Fische, die auf Deck bereits seit 11 Tagen zu Demonstrationszwecken auf dem Gestell hängen, werden gewogen. Ausgangsgewicht eines Fisches war 5,1 kg. Nun sind es nur noch 2,9 kg – luftgetrocknet an Bord der MS Trollfjord.

Am Ziel unserer Reise: Das Nordkap

Ankunft in Honningsvag.

Ankunft in Honningsvag.

Was das Wetter betrifft, gibt es im arktischen Teil von Norwegen keine Langeweile. Wir starten am Morgen bei Sonne und einigen Wolken in Havoysund, einem kleinen Fischernest. Bis wir um 11.15 Uhr in Honningsvag, dem Ausgangspunkt zur Nordkap-Tour angekommen sind, haben wir bereits einige Wetterereignisse hinter uns. Mal schneit es, der Himmel ist dicht verhangen, mal klart es auf, die Sonne strahlt die schneebedeckten Berge an und bringt sie zum Leuchten, mal bläst einem der Wind fast um. Wenn man auf Deck 6 von der Steuerbord- auf die Backbordseite wechselt, kann man zuweilen auch all dies nahezu gleichzeitig haben.

Wir sind hoch gespannt: Wie wird das Wetter am Nordkap sein? Und auf der Fahrt dorthin? Alles ist möglich. Fünf Busse voller Hurtigruten-Passagiere machen sich auf die 35 Kilometer lange Strecke – bei klarster Sicht und Sonnenschein. Wir fahren vorbei an einer Stockfisch-Produktion und an einem im Winter verwaisten Camp der Samen. Die Straße schlängelt sich an der Fjordküste entlang und dann den Berg hinauf. Die letzten 15 Kilometer müssen im Konvoi gefahren werden, den Schneepflug voraus. Zweimal am Tag kann man sich zu festen Zeiten in diesen Konvoi einreihen, ansonsten steht man vor einer geschlossenen Schranke.

Am Nordkap!

Am Nordkap!

Spektakuläre Blicke eröffnen sich während der Fahrt. Der vereiste Schnee glänzt und glitzert auf dem auf etwa 300 Metern gelegenen Hochplateau, schroffe Felswände fallen hinunter in die Fjorde. Das Wetter bleibt klar und sonnig – aber wer weiß schon, wie lang?

Schönes Wetter am Nordkap: Gunst der Stunde nutzen!

Daher empfiehlt uns auch die nette Schweizerin, die unsere Reiseleiterin und zugleich Lebenspartnerin von Busfahrer Arvid ist, die Gunst der Stunde zu nutzen und gleich zu der Globusskulptur zu gehen für das obligatorische Erinnerungsfoto.

Nach Hause: Beim Abflug von Kirkenes - ein fantastischer Blick über die nordische Landschaft.

Nach Hause: Beim Abflug von Kirkenes – ein fantastischer Blick über die nordische Landschaft.

Wir werden belohnt mit einem fantastischen Licht und großartigen Ausblicken. Eine Stunde haben wir Zeit, um die arktische Landschaft zu erkunden und den Souvenirladen unsicher zu machen.

Dass es bei der Rückfahrt kräftig schneit und von der herrlichen Landschaft fast nichts mehr zu sehen ist, bekümmert uns nicht. Wir nehmen wunderbare Eindrücke von diesem Ausflug mit und interessante Geschichten, die unsere Reiseleiterin über das Leben der Samen und über die Rentiere, die Kamele der Arktis, berichtet. Diese werden im Frühjahr per Schiff auf die Insel gebracht, futtern sich dort über den Sommer fett und schwimmen im Herbst die 1,8 Kilometer durchs Meer zurück aufs Festland. Almabtrieb auf Samisch!

Raushier-Reisemagazin