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Kapstädter G´schichten – Wein und Musik

Südafrika. 15. September 2013. Wir sitzen im Restaurant Delaire Graff auf dem Helshoogte Pass zwischen Stellenbosch und Franschhoek und denken über unsere Zukunft nach. Wir, das sind meine Frau und ich. Der 15. September 2013 ist mein 60. Geburtstag. Es ist kühl und wolkig. In den Morgenstunden hat es geregnet. Dennoch ist unsere Stimmung gut. Denn wir freuen uns auf die kommenden Jahre, auf den Start in eine spannende Zukunft. Bis zu meiner vorgezogenen Rente mit 63 sind es noch drei Jahre. Drei Jahre, die wir brauchen, um aus unserer „Delaire Graff Vision“ Wirklichkeit werden zu lassen – ich, für den Ausstieg aus meinem Beruf als PR-Consultant und meine Frau, 55, für den Aufbau eines Online Coaching Business. 2014 kaufen wir eine kleine Wohnung in Düsseldorf, noch im Planungsstadium, 2015 verkaufen wir unser Haus in Wedel und 2016 starten wir am 6. August in unser neues Leben. Die Vision wird Wirklichkeit.

Als Rentner durch die Welt

Blick von Robben Island auf Kapstadt.

Blick von Robben Island auf Kapstadt.

Als Rentner durch die Welt reisen – der Begriff Weltrentner ist geboren. Unser Konzept sieht so aus, das wir für längere Zeit an einem Ort leben, um dort in den Alltag einzutauchen. Vorwiegend sind es Städte am Wasser. Wir mieten dort eine Wohnung als temporäres Zuhause. Entweder über Airbnb, Booking.com oder Freunde. Wir bleiben zwischen 30 und 90 Tagen und lernen so eine Stadt oder eine Insel sehr viel intensiver kennen als in der Touristen-Normzeit von bis zu sieben Tagen. Wir nehmen uns Auszeiten, hetzen nicht täglich von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, erleben den Alltag und genießen eine Stadt oder eine Insel ganz anders als auf einer zweiwöchigen Urlaubsreise.

Weltrentner auf Lions Head.

Weltrentner auf Lions Head.

Da wir als „Best Ager“ reisen, ist uns wichtig zu prüfen, ob unsere Destinationen für „Best Ager“ geeignet sind. Lohnt sich ein Aufenthalt von bis zu drei Monaten? Drei Monate deshalb, weil die Visabestimmungen vieler Länder Touristen maximal drei Monate Aufenthalt erlauben. Da wir bis zu acht Monate im Jahr unterwegs sein wollen, geht es uns nicht nur um ein Überwintern in der Sonne, sondern auch um attraktive Destinationen für die deutschen Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst.

Für diesen Beitrag habe ich meine Lieblingsstadt gewählt: Kapstadt. Wir waren dort vom 1. November 2016 bis zum 26. Januar 2017 und vom 4. November 2017 bis zum 12. Dezember 2017. Meine 68 Blog-Beiträge zu Kapstadt finden Sie auf www.weltrentner.com. Viel Spaß bei der Lektüre der fünf Kapstädter G´schichten. 

KGB in Constantia

Constantia ist ein grüner Vorort von Kapstadt. Große Grundstücke und drei bekannte Weingüter bestimmen das Bild: Klein Constantia entstand 1716, als das Weingut Groot Constantia aufgeteilt wurde. Die Fußmatte im Herrenhaus spricht allerdings vom Jahr 1685. Groot Constantia, 1685 gegründet, ist das älteste Weingut in Südafrika. Und Buitenverwachting, das jüngste der drei Weingüter, bedeutet „Jenseits aller Erwartungen“. Die Weingüter liegen so eng zusammen, dass die Entfernungen theoretisch zu Fuß zurückgelegt werden können. Ich habe diese KGB –Tour allerdings motorisiert gemacht.

Klein Constantia ist ein überschaubares Weingut. Nahezu exklusiv. Im Fokus stehen Weißweine und der hervorragende Dessertwein „Vin de Constance“. Der Wine Tasting-Bereich ist klein, die Zahl der Parkplätze liegt bei zwölf unmittelbar vor der Tür. Die Gesamtkomposition des Weingutes mit dem halb im Berg liegenden Weinkeller ist sehr angenehm, spricht mich aber nicht an. Gastronomie fehlt.

Die ist dafür auf Groot Constantia massenkompatibel vorhanden. Mehrere Wine Tasting Stationen auf dem Gelände, kostenpflichtige Museen und zwei Restaurants sind Indikatoren für die Beliebtheit bei Touristen. Zudem ist Groot Constantia ein Anfahrpunkt für Hop On – Hop Off. Busparkplatz selbstverständlich. Es ist nun mal das bekannteste Weingut am Kap und deshalb ein Touristenmagnet mit über 400.000 Besuchern pro Jahr.

Dennoch empfehle ich den Besuch und einen ausgedehnten Spaziergang, der tolle Blicke auf die False Bay bietet. Ein Blick in die Museen lohnt ebenso wie ein Lunch in einem der beiden Restaurants „Jonkershuis“ oder „Simons“. Keine Spitzenküche, aber durchaus lecker mit freundlichem Service. Die kapholländische Architektur des Herrenhauses und die dorthin führende Eichenallee sind einfach großartig.

Das dritte Weingut „Jenseits aller Erwartungen“ ist für mich der Höhepunkt der KGB-Tour. Es liegt bei Klein Constantia um die Ecke und bietet Überraschendes. Ein Restaurant, das zu den besten in Südafrika gehört. Eine wunderschöne Grünfläche mit Wine Tasting und Kaffeehaus. Mächtige Eichen für ein schattiges Picknick. Organischer Weinbau und Spitzenklasse beim Sauvignon Blanc. Es ist nicht nur die Gesamtkomposition, die überzeugt. Auch die Einzelteile sind hervorragend. Inklusive der angebotenen Weine. Mein Lieblings-Weingut in Constantia.

KGB – das B hat eindeutig das Rennen gemacht.

Musik bringt Gefühle in Wallung

Es gibt sie, die besonderen Momente in der Musik. Zwei davon hat mir die sehr lebendige und vielfältige Musikszene in Kapstadt ermöglicht. Die Musik hat mein Herz im Galopp erobert und meine Gefühle in Wallung gebracht: Die Aufführung der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven in der City Hall und die Christmas Carols im Bishops Diocesan College.

Die City Hall.

Die City Hall.

City Hall. Meine Frau und ich treffen uns weit vor Öffnung der Abendkasse mit Norbert, der in Kapstadt lebt, und zwei weiteren Best Ager aus Hamburg vor der City Hall.

„Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligthum

Wir betreten die City Hall ohne gültige Eintrittskarten, aber mit der Hoffnung, an der Abendkasse noch Resttickets zu bekommen. Norbert, als Mitglied der “Friends of the Cape Town Philharmonic Orchestra”, hatte sich seine Eintrittskarte schon nachmittags besorgt. Jetzt stehen wir und das Hamburger Ehepaar vor dem Ticketcounter und erfahren von den Damen, dass noch vier Tickets zu je 230 Rand verfügbar sind.

„Seid umschlungen Millionen!
Diesen Kuss der ganzen Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
Muss ein lieber Vater wohnen“

Im Konzertsaal der City Hall.

Im Konzertsaal der City Hall.

Haben wir Glück. Im Foyer genehmigen wir uns ein Glas Bubbly zu 35 Rand, reden über die großartige historische Aufführung der „Neunten“ an Weihnachten 1989 mit der Bernstein-Variante des Finalsatzes „Ode an die Freiheit“ und fiebern der 9. Sinfonie mit dem Cape Town Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Omri Hadari und dem New Apostolic Curch Choir Cape Town entgegen.

„Freude heißt die starke Feder
In der ewigen Natur
Freude, Freude treibt die Räder
In der großen Weltenuhr“

Beim Finalsatz gehen meine Gedanken in die südafrikanische Wirklichkeit. Die Politik des gegenwärtigen Präsidenten gibt wenig Anlass zur Freude. Die vom ehemaligen Präsidenten Nelson Mandela ersehnte Regenbogennation ist weiter weg denn je. Wo bleibt der große Wurf, aus dem Nebeneinander der Rassen ein Miteinander zu machen?

„Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt“

Der Chor läuft zur Hochform auf. Leider wird der Konzertsaal den besonderen Anforderungen dieser Musik nur mit Einschränkungen gerecht. Dennoch – wir verlassen tief beeindruckt, fast wortlos, die City Hall. Ein emotionaler Abend geht zu Ende.

Ortswechsel. Weihnachten in der Sonne steht vor der Tür. Seit Anfang Dezember sind Tannenbäume aus Kunststoff in vielen Shopping Malls zu kaufen, die Dekoration ist weihnachtlich, auf Events in der Stadt sind Weihnachtsmänner mit Zipfelmützen unterwegs, aber irgendwie will sich bei mir eine weihnachtliche Stimmung nicht einstellen. Vielleicht hilft ja der Besuch eines Weihnachtskonzertes.

Blick in die Kapelle.

Blick in die Kapelle.

So fahren wir mit UBER ins Bishops College Chapel nach Rondebosch. Die Tickets hatten wir über Computicket vier Wochen vorher gekauft. Keine nummerierten Plätze („unreserved seating“), jede Karte 140 Rand. Das Konzert steht unter der Leitung von Richard Cock und wird von dem Solisten Siyabonga Maqungo, Tenor, und den Cape Town Festival Orchestra Massed Choirs gestaltet.  Das vierseitige Programm mit ausgewählten Liedtexten wird uns am Eingang in die Hand gedrückt. „Heute singen und spielen nicht nur wir hier vorne, sondern sie, liebe Besucher, machen mit“, sagt der Dirigent und Moderator des Abends. Es sollte eine höchst interaktive Veranstaltung mit internationalen Weihnachtsliedern werden  – einfach super. Der letzte Song vor der Pause bewegt mich mehr als die anderen vorher: O Holy Night. Meine Gedanken gehen viele Jahre zurück in die Zeit, wo ich oft Weihnachten in Schweden verbrachte und dieser Song zu einem meiner Lieblings-Weihnachtslieder wurde.

Die zweite Hälfte des Konzertes sollte noch emotionaler werden. Und wieder überwältigt mich ein Song: Silent Night. Solist und Chor singen vier Strophen in vier Sprachen. Deutsch, Afrikaans, Xhosa und Englisch. Einfach wunderbar. Mit geschlossenen Augen höre ich zu. Die anflutenden Tränen in den Augen finden ein tröstendes Taschentuch. In Deutschland hätte mich das Konzert sicher nicht so bewegt. Aber hier, in der Sonne und 10.000 Kilometer entfernt von der Heimat, ist die Intensität des Erlebten weit höher. Einfach ein wundervoller Abend acht Tage vor dem 24. Dezember.

Die City Hall ist das alte Rathaus von Kapstadt. 1905 als architektonischer Mix aus italienischer Renaissance und britischem Kolonialstil erbaut, ist es heute nur noch Konzertsaal und Stadtbücherei. Die Stadtverwaltung zog 1979 in ein modernes Bürogebäude. Berühmt wurde die City Hall vor allem durch die “Balkon-Rede“ von Nelson Mandela kurz nach seiner Freilassung am 11. Februar 1990. Bishops Diocesan College wurde 1849 vom damaligen Bischof von Kapstadt, Robert Gray, gegründet, um junge Männer christlich zu erziehen. Die Memorial Chapel wurde 1926 gebaut in Erinnerung an die im ersten Weltkrieg gefallenen 110 „Old Boys“. Richard Cock, der Dirigent des Abends ist Absolvent des Bishops College. Heute ist Bishops College immer noch unabhängige Jungenschule.

Die wunderbare Rebe

In allen Weinregionen um Kapstadt gibt es versteckte Perlen. Ein „hidden gem“ steht heute auf meinem Besuchsplan: Uva Mira. Ein kleines Weingut, das nahezu unbekannt ist, verglichen mit Namen wie Boschendal, Nederburg oder Delheim. Ich fahre auf der R44 Richtung Stellenbosch bis zur Annandale Road, biege rechts ab und beim Helderbergpad wieder rechts, hinein ins Hidden Valley. Der Weg ist eng, führt an exzellenten Restaurants und dem Weingut Ernie Els vorbei, und schon bald ist das „Ortsschild“ Uva Mira Mountain Vineyards erreicht. Wörtlich übersetzt fahre ich auf die „Wunderbare Rebe“ zu. Nach etwa zwei Kilometern ist der höchste Punkt, 620 Meter über dem Meeresspiegel, für die Öffentlichkeit erreicht. Der höchste Punkt wird zum Höhepunkt. Allein schon der Blick zurück ins Tal verschlägt einem den Atem. Herrlich, wie sich dieses Weingut positioniert hat. Aber es sollte noch besser kommen. Uva Mira ist für mich immer noch ein Geheimtipp, obwohl mir der Moderator meiner Weinprobe auch von Gruppen erzählt, die hier regelmäßig aufschlagen.

Es ist kurz vor 1pm. Ich bin der einzige Besucher. Für das Wine Tasting wähle ich die der False Bay zugewandte Terrasse. Was für ein Blick. Atemberaubend. Vor mir die Küsten der False Bay, das Kap der Guten Hoffnung, der blaue Atlantik und der majestätische Tafelberg. Links von mir die imposanten Helderberg Mountains und hinter mir, zu sehen von der zweiten Terrasse, die wunderbaren Weinreben. Beim Tasting sauge ich die Aussicht auf und denke über das Privileg nach, all dies erleben zu dürfen. Es gibt Weingüter, wie Fairview in Paarl, da ist Massentourismus angesagt. Und es gibt Weingüter wie Uva Mira, da hat man das VIP-Gefühl einer „privaten“ Behandlung, aufmerksam, charmant, freundlich.

Für das Tasting wähle ich die Mira Range mit fünf Weinen für 85 Rand. Leider hat Uva Mira keine klassische Gastronomie, bietet „nur“ leckere Käse-und Wurstplatten an. Da der junge freundliche „Sommelier“ mir großzügig einschenkt, nutze ich, mehr als sonst, tasting-gerecht den Spucknapf. Ich muss den Weg zur R45 ja wieder zurück.

Die Weine sind sehr ausdrucksstark. Der Chardonnay ist hervorragend, auf einem Level mit dem Premium Chardonnay von Moreson aus Franschhoek. Der Sauvignon Blanc ist weniger mein Geschmack. Bei den Roten (Merlot, Cabernet Sauvignon, Shiraz) überzeugt mich vor allem der Shiraz. Bodenqualität und besondere Höhenlage mit kühler Luft und größeren Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht sind wohl das Geheimnis des Erfolgs. Eigentümer ist seit drei Jahren der CEO von Porsche Südafrika.

Damit ist mein Lieblings-Trio für besondere (Pairing) Tastings in Stellenbosch komplett:

  • Waterford: pairing Chocolate
  • Clos Malverne: pairing Ice Cream
  • Uva Mira: pairing View

 Ikone des Afrosoul

Höchstens drei Prozent der Besucher auf der ausverkauften Wiese in Kirstenbosch sind „white“. Im Rahmen der Kirstenbosch Sunset Summer Concerts ist die Ikone des südafrikanischen Afrosouls, Zonke Dikana, on stage.

Legere Picknick-Atmosphäre und ansteckende Ausgelassenheit bestimmen die 90 Minuten Performance der beliebten Sängerin. Um uns herum singen die begeisterten Südafrikaner die Texte lauthals mit, es wirdgetanzt, Selfies hier, Selfies dort. Ab Mitte des Konzerts haben  die auf der Picknick-Decke Verweilenden einen Nachteil: Sie können die Künstlerin auf der Bühne nicht mehr sehen.

Zonke Dikana, Jahrgang 1979, ist ein Multitalent. Sie schreibt, singt, eine tolle Stimme, und produziert Songs. Im Jahr 2011 gelingt ihr mit ihrem dritten Album „Ina Ethe“ der Durchbruch. Heute ist sie unter anderem bei Sony Music Entertainment unter Vertrag. Ein absoluter Star für die schwarze Bevölkerung.

Als wir mit Uber zum Konzert fahren, und wir dem Fahrer sagen, wen wir auf der Bühne erleben werden, dreht der fast durch. Er sei im letzten Jahr in ihrem Konzert gewesen und wow, er beneide uns. Als wir nach dem Konzert mit dem Taxi in die Stadt fahren müssen, Uber ist in Kirstenbosch nicht zu bekommen, schwärmt der Fahrer in höchsten Tönen. Seine Frau habe das Konzert besucht, er wäre auch gerne dabei gewesen, aber heute habe er Geld verdienen müssen. Zonke Dikana emotionalisiert die Menschen mit ihren Songs auf Xhosa, Afrikaans und Englisch. Ein tolles Erlebnis. 

Wein aus dem „Morgen-Land“

Für heute steht eine Wein-Tour durch das „Morgen-Land“ auf dem Programm. Drei Weingüter will ich besuchen: DeMorgenzon, Morgenster und Morgenhof. Ich beginne in Stellenbosch mit einem Weingut, das nicht nur mit gutem Wein und toller Aussicht glänzt, sondern auch mit einer bezaubernden Flora und überraschender Barockmusik in den Weinbergen punktet: DeMorgenzon, die Sonne am Morgen. Wunderbar gelegen, mit Blick auf das Stellenboschkloof Tal, ist De Morgenzon ein Juwel an der kilometerlangen Zufahrt zum Weingut Jordan. „Wir sind bekannt für unseren ausgezeichneten Chenin Blanc“, sagt der Tasting Guide Stephen. Auszeichnungen haben die Weine aus der „Maestro Range“ und „Reserve Range“, für das Tasting werden eher die Weine aus der „DMZ Range“ genommen. Dennoch, der Chenin Blanc, im Platter`s Wine Guide mit exzellent bewertet, hat einen angenehmen Charme von tropischen Früchten. Sauvignon Blanc und Chardonnay sind gut, aber ich kenne bessere.  Als vierten Wein darf ich den Rose 2017 „Garden Vineyards“ kosten. Spritzig. Ein wunderbarer Start in den Tag. Nach entspannenden 30 Minuten auf der Terrasse mit Blick ins Tal und einem Spaziergang über das Weingut inklusive Barockmusik meldet sich um kurz nach Mittag der Hunger. DeMorgenzon, erste Ernte in 2005, hat weder Restaurant noch Cottages, ist somit ein lupenreines Weingut mit breiter Rebsortenpalette.

Lunch auf Morgenster.

Lunch auf Morgenster.

Zum Mittagessen fahre ich nach Somerset West zum Weingut Morgenster mit einem Manor House aus 1786. Im Jahr 1992 vom italienischen Industriellen Giulio Bertrand gekauft, ist Morgenster heute sowohl Wein- als auch Olivenfarm. Und der italienische Besitzer erkennbar ein Freund der italienischen Oper. Seine rote „Italian Collection“ hat es in sich: Nabucco von der Nebbiolo-Rebe, Caruso aus Sangiovese und Tosca, ein Blend aus Sangiovese, Cabernet und Merlot. Vom Platter´s Wine Guide besonders ausgezeichnet ist die „Estate Range“ im Bordeaux Blend Stil, sowohl rot als auch weiß. Das Mittagessen im 95 at Morgenster, italienische Küche, ist ausgezeichnet. Die „Grilled Karoo Lamb Chops“ und die Marsala und Zabaglione Merengue mit saisonalen Früchten sind überzeugend. Vor allem habe ich einen sehr gut Englisch sprechenden Kellner, geboren in der Ostkap-Provinz, der in Kapstadt Umweltwissenschaften studiert und im Township Khayelitsha wohnt. Ein bemerkenswerter junger Mann. Morgenster liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu Vergelegen, das größte und bekannteste Weingut in Somerset West und das Einzige mit zehn Rand Eintritt. Komplettiert wird das Duo durch Lourensford.

Von Somerset West geht es wieder zurück nach Stellenbosch. Über die R44 Richtung N1. Auf der rechten Seite liegt mein drittes Weingut für heute: Morgenhof. Das Weingut der französischen Besitzerin Anne Cointreau ist etwas in die Jahre gekommen, war bereits Wine Estate im Jahr 1692. Bekannt für seine hervorragenden Cabernet Sauvignon und Merlot, aber auch für frische Sauvignon Blanc und Chenin Blanc. Vom Winetasting bin ich enttäuscht, nur der Cabernet Sauvignon ist so richtig nach meinem Geschmack. Aber ich habe auch keine Flagship-Weine, wie den Bordeaux-style blend „The Morgenhof Estate“ bekommen. Dennoch war das Tasting auf Morgenhof ein Erlebnis, dass ich so schnell nicht vergessen werde. Denn auf dem Weingut fühlt sich der „Blaue Pfau“ anscheinend besonders wohl. Zwei dieser wunderschönen männlichen Exemplare liegen beim Tasting nur fünf Meter von mir weg auf der Terrasse. Und plötzlich ist Bewegung angesagt. Beide haben keine Scheu vor Menschen und sind zum Anfassen nah. Ich genieße gerade den Cabernet Sauvignon, als einer der Beiden mir eine Privatvorstellung gibt. Vier Meter vor mir schlägt er plötzlich sein Rad, strahlende Augen schauen mich an. Der Fächer mit einem Durchmesser von drei Metern ist wunderschön. Ich kann mein Glück kaum fassen. Ein wunderbarer Abschluss eines einmaligen Tages.

Raushier-Reisemagazin

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