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Scheidegg: Gesunde Luft und ganz viel Natur

Wer in das Allgäu kommt, um auszuspannen, ist dort goldrichtig aufgehoben und macht nichts verkehrt. Termindruck und den stressigen Alltag hinter sich lassen, in sich gehen, die Batterien aufladen – als Kraftquelle dient der südlichste Teil des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben perfekt. In den Listen der Orte mit den meisten Sonnenstunden in Deutschland taucht Scheidegg regelmäßig auf. Und mit den Scheidegger Wasserfällen und dem Baumwipfelpfad „skywalk allgäu“ hat die Marktgemeinde zwei Hotspots, die es in sich haben (ausführlicher Bericht über beide Erlebnisdestinationen folgt).

Kneipp- und Luftkurort

Scheidegg ist ein staatlich anerkannter Kneipp- und heilklimatischer Kurort im Landkreis Lindau. – Foto: Dieter Warnick

Scheidegg ist ein staatlich anerkannter Kneipp- und heilklimatischer Kurort im Landkreis Lindau. – Foto: Dieter Warnick

Im Westallgäu, das zu weiten Teilen zum Landkreis Lindau gehört, nimmt die Marktgemeinde Scheidegg eine dominierende Rolle ein. Als staatlich anerkannter Kneipp- und heilklimatischer Luftkurort kommen nicht nur Urlauber hierher, sondern auch viele Menschen, die ein gesundheitliches Problem mit sich herumschleppen. Sechs Kur- und Rehakliniken haben sich nach dem ersten Ersten Weltkrieg angesiedelt. Die Tradition als Kur- und Erholungsort reicht in die Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert zurück. Mit dem Bau der Eisenbahnlinie im Jahr 1901 kamen die ersten Sommerfrischler nach Scheidegg – der Tourismus hielt Einzug.

Ältere Häuser mit Schindelfassaden prägen die Ansicht vieler Scheidegger Häuser und Gemeinden im Westallgäu. – Foto: Dieter Warnick

Ältere Häuser mit Schindelfassaden prägen die Ansicht vieler Scheidegger Häuser und Gemeinden im Westallgäu. – Foto: Dieter Warnick

Damals standen vorwiegend mehr oder weniger private Einrichtungen für Kneipp-Anwendungen im Interesse (1964 entstand der erste „anerkannte Kneippkurbetrieb“, das Prädikat eines Kneippkurortes bekam Scheidegg im Jahr 1973), ehe die Auszeichnung zum Heilkurort acht Jahre später verliehen wurde. Als Höhenluftkurort war Scheidegg seit 1936 anerkannt. Die sechs Kliniken stellen den größten Arbeitgeber der Marktgemeinde dar.

In der Ortsmitte befindet sich die 1797/98 erbaute katholische Pfarrkirche St. Gallus. – Foto: Dieter Warnick

In der Ortsmitte befindet sich die 1797/98 erbaute katholische Pfarrkirche St. Gallus. – Foto: Dieter Warnick

Anno dazumal, also zur Jahrhundertwende, war Scheidegg seiner Zeit voraus, zumindest fast. Denn das kleine Dorf hatte den Sprung ins Elektrizitätszeitalter parallel mit dem großen München eingeläutet. „Am 25. August 1893“, so berichtet Christian Reichart, der Vorsitzende des Kur- und Verkehrsvereins und gleichzeitig Wanderführer, „hatten wir hier sieben Straßenlaternen mit zehn Lampen, während es in München zwei Straßen mit Laternen gab, in der Nähe des Bahnhofes.“

Behandlungen von A (ADHS) bis Z (Zöliakie)

Die Hubertuskapelle ist ganzjährig geöffnet. – Foto: Dieter Warnick

Die Hubertuskapelle ist ganzjährig geöffnet. – Foto: Dieter Warnick

Behandelt werden in erster Linie Depressionen, Angststörungen, sogenannte funktionelle Störungen, chronische Schmerzerkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, sekundäre psychische Störungen, Essstörungen, Therapien nach Krebs-Operationen, ADHS und Zöliakie. Auch  chronisch kranke Kinder und Jugendliche sind bei Mutter-Kind-Kuren in Scheidegg in besten Händen. Ebenso finden erschöpfte Mütter hier viel Aufmerksamkeit.

Aussichtsreiches Premiumwandern

Dieser Opferstock in der Annakapelle wurde um zirka 1500 gebaut. – Foto: Dieter Warnick

Dieser Opferstock in der Annakapelle wurde um zirka 1500 gebaut. – Foto: Dieter Warnick

Wanderfreunde haben die Qual der Wahl, vom aussichtsreichen Premiumwandern über die Wandertrilogie Allgäu bis hin zu mehr oder weniger leichten Spaziergängen, oder, den zahlreichen Kirchlein folgend, auf dem Kleinen und Großen Kapellenweg. Sogar der Jakobssweg führt hier vorbei.

Alle Premium-Wanderwege und Premium-Spazierwege im Westallgäu bieten landschaftlich alles – gesunde Wälder, grüne Weiden, blühende Wiesen, sanfte Hügel, wilde Schluchten, tosende Wasserfälle, unverfälschte Moorlandschaften – sowie jederzeit herrliche Aussichten bis hin zum Bodensee und der schroffen Bergwelt.

Wandertrilogie Allgäu

Wanderrouten gibt es rund um Scheidegg jede Menge. Wer „aussichtsreich premiumwandern“ will, folge dem Zeichen auf dem oberen Hinweisschild. – Foto: Dieter Warnick

Wanderrouten gibt es rund um Scheidegg jede Menge. Wer „aussichtsreich premiumwandern“ will, folge dem Zeichen auf dem oberen Hinweisschild. – Foto: Dieter Warnick

Wer die Wandertrilogie Allgäu, ein Fernwandernetz mit fast 900 Kilometern, in Angriff nimmt (die meisten wohl nur auf Teilstrecken), der wird mit den verschiedenen Landschaftsformen des Allgäus konfrontiert. Die Übergänge zwischen den Routen sind fließend.

Traditionelle Schindelbauweise

Das Wegenetz der Wandertrilogie ist mit dem Steinmännle-Signet ausgeschildert. – Foto: Dieter Warnick

Das Wegenetz der Wandertrilogie ist mit dem Steinmännle-Signet ausgeschildert. – Foto: Dieter Warnick

Das Gemeindegebiet von Scheidegg (4300 Einwohner) befindet sich in einem Höhenbereich von 600 bis 1000 Metern, mit einem herrlichen Blick über nahegelegene Bergwiesen und Viehweiden bis hin zur nicht allzu fernen Nagelfluhkette (Fluh = Felswand, Felsband) mit dem Hochgrat (1834 Meter) als höchstem Gipfel und den steilen Erhebungen der Bregenzer und Vorarlberger Felsformationen.

Das Alpenfreibad wird mit natürlichem Quellwasser gespeist. - Foto: Scheidegg-Tourismus / Wolfgang Kleiner

Das Alpenfreibad wird mit natürlichem Quellwasser gespeist. – Foto: Scheidegg-Tourismus / Wolfgang Kleiner

Der Ort selbst wird geprägt von stattlichen, bunten und fotogenen Häusern in traditioneller Schindelbauweise zur Fassadenverkleidung (Schindeln sind kleine, dünne Platten zum Verkleiden von Mauern oder Dächern). Diese Schindeln sind vorwiegend von der Weißtanne, deren Holz langlebiger und robuster ist als das anderer Nadelbäume. Bei genauem Hinschauen sieht man eine konkave Ausrundung der jeweiligen Schindelkante, die sogenannte Hohlkehle.

Großer und kleiner Kapellenweg

Bunt ist Trumpf, wie diese mächtige Fassade in Schalkenried anschaulich verdeutlicht. – Foto: Dieter Warnick

Bunt ist Trumpf, wie diese mächtige Fassade in Schalkenried anschaulich verdeutlicht. – Foto: Dieter Warnick

13 Kapellen findet der Wanderer, wenn er sich auf den „Großen Kapellenweg“ (21,7 Kilometer) begibt; der „Kleine Kapellenweg“ führt auf 2,7 Kilometern durch und um den Ort. Jedes dieser kleinen Gotteshäuser ist ein besonderes Kleinod.

Von St. Gallus und St. Magnus

In der Kapelle St. Martina in Schalkenried findet sich diese unbekannte Heiligenfigur mit jeweils sechs Fingern an jeder Hand. – Foto: Dieter Warnick

In der Kapelle St. Martina in Schalkenried findet sich diese unbekannte Heiligenfigur mit jeweils sechs Fingern an jeder Hand. – Foto: Dieter Warnick

Einige Beispiele: Die Annakapelle ist die größte und älteste Kapelle in Scheidegg. Anna, die „Begnadete“, ist die Patronin der Mütter, der glücklichen Heirat, des Kindersegens und der glücklichen Geburt. Die einzige ökumenische Kapelle ist die St.-Hubertus-Kapelle im Gemeindeteil Forst.

Diese Drohnenaufnahme zeigt den Baumwipfelpfad „skywalk allgäu“ in seiner gesamten Höhe und Länge. – Foto: skywalk allgäu gemeinnützige GmbH

Diese Drohnenaufnahme zeigt den Baumwipfelpfad „skywalk allgäu“ in seiner gesamten Höhe und Länge. – Foto: skywalk allgäu gemeinnützige GmbH

Die Galluskapelle (die katholische Pfarrkirche St. Gallus thront in der Ortsmitte) ist am Höhenweg zu finden. Der Heilige St. Gallus (* um 550, † 620) war Wandermönch und Missionar und der Heilige St. Magnus (* um 700, † um 760), ebenfalls Missionar und dem Volksmund nach „Apostel des Allgäus, sollen sich der Legende nach an diesem Ort getrennt haben. Das ist jedoch unmöglich, weil sich beide, wie es die Jahreszahlen zum Ausdruck bringen, nie getroffen haben können. Diese Trennung („Scheidung“) soll Scheidegg den Namen gegeben haben.

Ein Heiliger mit zwölf Fingern

In Kinberg (Gemeinde Niederstaufen) steht die Wendelinskapelle, die um 1670 erbaut wurde. – Foto: Scheidegg-Tourismus / Wolfgang Kleiner

In Kinberg (Gemeinde Niederstaufen) steht die Wendelinskapelle, die um 1670 erbaut wurde. – Foto: Scheidegg-Tourismus / Wolfgang Kleiner

Ganz besondere Schätze sind in der Kapelle St. Martina im Ortsteil Schalkenried zu finden. 14 Heiligenfiguren sind zu sehen, darunter eine mit sechs Fingern an jeder Hand. Sein Name ist unbekannt. Sicher ist nur, dass alle Figuren zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert entstanden sind. Auf jeden Fall einen kurzen Abstecher nach Österreich wert ist die Ulrichskapelle. Sie ist ein kleines, unter Denkmalschutz stehendes Kirchengebäude in der Leiblachtaler Gemeinde Möggers im Bezirk Bregenz und gilt als eines der ältesten Sakralbauwerke in Vorarlberg (erbaut um 1000). Die Kirche steht mitten im Wald auf einer Lichtung.

Fünfländerblick

Wanderer stoßen auf den beiden Kapellenwegen immer wieder auf Bildstöcke mit dem gekreuzigten Jesus. – Foto: Dieter Warnick

Wanderer stoßen auf den beiden Kapellenwegen immer wieder auf Bildstöcke mit dem gekreuzigten Jesus. – Foto: Dieter Warnick

Beim Restaurant „Fünfländerblick Am Blasenberg“ genießt der Ausflügler das Panorama in fünf Länder: Deutschland (Bayern, Baden-Württemberg), Liechtenstein, Österreich (Bregenzer Wald), Schweiz (linke Bodenseeseite) und Frankreich (Vogesen). Letzteres ist aber nur sehr, sehr selten der Fall, da muss „wettertechnisch“ alles stimmen.

Informationen: Scheidegg-Tourismus, Rathausplatz 8, D-88175 Scheidegg, Tel.: (08381) 8 94 22 33; Internet: www.scheidegg.de; E-Mail: info@scheidegg.de

Gastrotipps

Die Scheidegger Wasserfälle sind ein Naturschauspiel der Extra-Klasse. – Foto: Dieter Warnick

Die Scheidegger Wasserfälle sind ein Naturschauspiel der Extra-Klasse. – Foto: Dieter Warnick

* ZUM HIRSCHEN, hotel & gasthaus beim stöckeler, Kirchstraße 1, 88175 Scheidegg, Tel.:  (08381) 2119; Internet: :       www.zumhirschenscheidegg.de; E-Mail:    info@zumhirschenscheidegg.de

 * Hotel Edita, Am Hammerweiher 3, 88175 Scheidegg, Tel.: (08381) 91 23 20; Internet: www.hotel-edita.com; E-Mail: info@hotel-edita.com

Einkehrtipp 

* Forster Einkehr, Forst 39, 88175 Scheidegg, Tel.: (08381) 92 84 45

Raushier-Reisemagazin

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