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Åland-Inseln: Mit dem Paddelboot durch Sund und Meerengen

Was für ein Gefühl. Mal wieder im Boot sitzen! Das Paddel liegt gut in der Hand, der Sitz der Necky-Zweier-Seekajaks ist bequemer als gedacht. Die Boote laufen trotz Vollbeladung schön geradeaus, im Zweifelsfall schlägt die Steueranlage gut an.

Immer wieder liegen in den Buchten der Åland-Inseln kleine Weiler, manchmal nur ein einziges Ferienhaus. Meist farbenfroh getüncht und stets in bester Lage.

Immer wieder liegen in den Buchten der Åland-Inseln kleine Weiler, manchmal nur ein einziges Ferienhaus. Meist farbenfroh getüncht und stets in bester Lage.

Der Sund, die Meeresstraße zwischen zwei Schären, auf der wir vom kleinen Ort Kastelholm aufgebrochen sind, gehört uns alleine. Westwärts gibt Guide Vera die Richtung vor. Wie am Schnürchen aufgezogen ziehen unsere vier Zweier dahin.

Einpaddeln vor prächtiger Kulisse

Am Vortag sind wir mit der Fähre von Grissleham auf dem schwedischen Festland herübergekommen nach Eckerö auf Åland und dann weiter ins Kvarnbo-Gästehaus von Ella Grüssner Cromwell-Morgan und ihrem Mann Martin. Nach der Besichtigung des imposanten Schlosses von Kastelholm geht’s zur Eingewöhnung schon mal auf’s Wasser: Einpaddeln vor der Kulisse mächtiger Mauern – einfach königlich.

Am nächsten Tag hat uns also der »Slottssundet«, dem wir für gut drei Stunden nach Westen folgen. Die Boote liegen satt im Wasser, schließlich sind darin Ausrüstung und Verpflegung für drei Tage verstaut; die persönlichen Habseligkeiten werden in blauen, wasserdichten Säcken jeweils vor und hinter den Gepäckluken auf dem Oberdeck festgezurrt. „Bei so viel Tiefgang sind wir noch kippstabiler“, meint Günter. Er hat recht. Doch von wegen kentern: Wir harmonieren von Anfang an, unser „Necky“-Zweier schneidet scharf durch die Wellen, die nun, auf Kurs Richtung offeneres Wasser, ein wenig höher werden. 21 Kilometer werden wir am Abend des ersten Paddeltags in Armen und Rückenmuskulatur haben, als wir am Ende einer lang gezogenen Bucht den Campingplatz von Bomarsund erreichen.

Schmausen aus dem Napf – mit der wärmenden Abendsonne im Gesicht.

Schmausen aus dem Napf – mit der wärmenden Abendsonne im Gesicht.

Gewitter-Rast

Zuvor zwingt uns ein Gewitter zu einer längeren, durchaus willkommenen Rast: Direkt vor uns öffnen sich die Schleusen des Himmels, während wir auf warmen Granitsteinen in der Sonne liegen und die sich abregnenden Schauerwolken in gehöriger Entfernung an uns vorbeiziehen lassen.

Wieder in den Booten frischt der Westwind auf, für uns wird er zum Schiebewind. 30 bis 40 Zentimeter hoch türmt der Wind die Wellen, kleine weiße Gischthauben zeigen sich. Manchmal hebt eine Welle das Bootsheck richtig hoch; wenn wir dann zusammen kräftig die Paddel ins Wasser treiben, surfen wir eine kleine Weile auf der Welle mit – heißa, wir jauchzen vor Vergnügen.

An Land sind die Kuppelzelte schnell aufgebaut. Dann Feldküche: Spaghetti mit Tomatensoße, Gouda- und Parmesankäse, dazu ein ålandisches „Lapin-Kulta“-Bier, das es auf imposante 2,7-Volumprozent Alkohol bringt.

Die Nase voll im Wind

Das letzte Abendlicht streichelt den Lagerplatz in einer Bucht irgendwo draußen auf den Granitfelsen der Åland-Inseln.

Das letzte Abendlicht streichelt den Lagerplatz in einer Bucht irgendwo draußen auf den Granitfelsen der Åland-Inseln.

Am nächsten Morgen ist das Lager schnell abgebaut, das Beladen der Boote dauert ein wenig länger und wird von ersten Regentropfen begleitet. Kein Problem. Die eigene Paddeljacke ist schließlich mit an Bord. Es geht nordwärts und sofort haben wir die Nasen voll im Wind. Da heißt es Druck auf die Paddel zu geben, was ganz gehörig an die Kraft geht. Wir versuchen, so gut wie möglich unter Land zu paddeln. Ab und an muss da ein Päuschen mehr einfach sein. Dank Salami-Broten und Süßem laufen die Energiespeicher wieder voll.

Je harmonischer der Paddelschlag, umso besser läuft der Necky-Zweier voran.

Je harmonischer der Paddelschlag, umso besser läuft der Necky-Zweier voran.

Irgendwann gibt Vera das Zeichen zur Lagerplatzsuche. Gar nicht so einfach. Wir steuern Bucht um Bucht an – doch die Einheimischen wissen auch, wo’s schön und idyllisch ist – steht doch da immer wieder ein nett bemaltes Häuschen. Schließlich finden wir unser Nachtlager auf einem flachen Felsriegel; Couscous steht diesmal auf dem Speisezettel; jetzt fehlt nur noch ein gemütliches Feuer, doch das Lagerfeuer-Machen ist auf den Granitfelsen der Ålandinseln verboten – wir wissen bis heute nicht warum.

Gewöhnungsbedürftig: Lakritzeis

Weiter Kurs Nord heißt es erst mal am nächsten Morgen. Richtung offenes Meer – also wieder Paddelarbeit in verschärfter Version. Schließlich westwärts. Endlich. Am Ende eines Sunds liegt in einer Bucht Hamnsundet. Zeit für ein Päuschen, noch dazu, wo’s bei diesen paar Häusern an einem Kiosk ein Waffeleis gibt – eines mit Lakritzgeschmack. Gewöhnungsbedürftig, aber fein.

Zu zweit geht`s besser: die Gepäckluken müssen wasserdicht verschlossen sein.

Zu zweit geht`s besser: die Gepäckluken müssen wasserdicht verschlossen sein.

Zurück in den Booten. Wieder nordwärts. Voll im Wind, mit ganz schön hohen Wellen. Schließlich eine letzte Felsnase, um die wir uns Schlag für Schlag herum kämpfen. Plötzlich ruhiges Wasser, eine kleine Bucht öffnet sich zu einem Segelhafen – Havsvidden, unser Tourziel. Auf seinen Felsen wunderbar liegende »Klipphuset«, gediegene Strandhäuser. Wenn das kein Platz zum länger Verweilen ist?

Informationen: Veranstalter dieser Reise war, in Zusammenarbeit mit dem Fremdenverkehrsbüro der Åland-Inseln, „Club aktiv“ mit Sitz in Oldenburg. Die komplette Umrundung der Åland-Inselgruppe in 15 Tagen kostet ab 965 Euro; ab Stockholm und inklusive Boote, Ausrüstung, Übernachtung auf Campingplätzen und draußen in freier Natur. Für Verpflegung kommen nochmals etwa zehn Euro pro Tag dazu. – www.club-aktiv.de; Tel.: (04 41) 9 84 98 12; www.visitaland.com

Fotos: Heiner Keller

LANDESINFOS ÅLAND-INSELN:

Abendliches Farbenspiel über dem Seglerhafen in Havsvidden.

Abendliches Farbenspiel über dem Seglerhafen in Havsvidden.

Die Åland-Inseln, (gesprochen „O-Land), sind eine Inselgruppe, die aus mehr als 6500 Schären – mal größeren, mal kleineren und manchmal auch klitzekleinen Eilanden – besteht und am Eingang des Bottnischen Meerbusens in die Ostsee liegt. Die Åland-Inseln sind eine autonome finnische Provinz. Auf 60 bewohnten Inseln leben etwas mehr als 25 000 Einwohner; allein auf Åland, der größten Insel, haben ungefähr 10 000 Menschen ihre Heimat. Schwedisch ist die offizielle Landes- und Amtssprache.

Martins Lieblingsplatz ist der Sattel seiner schweren „Indian Chief“.

Martins Lieblingsplatz ist der Sattel seiner schweren „Indian Chief“.

Die Autonomie gibt den Åländern das Recht, ihre eigenen inneren Angelegenheiten zu regeln und über ihren eigenen Etat zu bestimmen. Das gesetzgebende Organ der Åland-Inseln, sozusagen das »Parlament«, wird Landtag genannt; dieser Landtag ernennt die »Landschaftsregierung«, die Regierung von Åland.

Militäranlagen nicht erlaubt

Ganz Åland ist demilitarisierte Zone. Dies bedeutet, dass auf den Inseln weder militärische Befestigungsanlagen gebaut werden dürfen, noch die Anwesenheit von Soldaten erlaubt ist.

Als Finnland 1995 der Europäischen Union beitrat, erforderte dies die Zustimmung des Landtags von Åland. Das Verhältnis der Åland-Inseln zur EU-Gesetzgebung wurde in einem gesonderten Protokoll niedergeschrieben. Dadurch wird der völkerrechtliche Sonderstatus der Inselgruppe bestätigt.

KVARNBO GÄSTHEM:

Ein Muss vor jeder Paddeletappe: das ausführliche Kartenstudium.

Ein Muss vor jeder Paddeletappe: das ausführliche Kartenstudium.

Fünf Kilometer von Kastelholm und nur eine halbe Autostunde von der Hauptstadt der Åland-Inseln, Mariehamn, entfernt, liegt das kleine Örtchen Kvarnbo, das dem dortigen kleinen Hotel von Ella Grüssner Cromwell-Morgan und ihrem Mann Martin seinen Namen gab: „Kvarnbo Gästhem“. Als die beiden das um das Jahr 1880 gebaute Haus kauften, war es in einem denkbar schlechten Zustand, wie der 47-Jährige erzählt. Heute ist es ein liebevoll restauriertes Feriendomizil mit acht Gästezimmern, die bis ins kleinste Detail den Charme vergangener Zeiten ausstrahlen. „Unsere Zimmer haben alle keinen Fernseher“, gesteht Ella, „gute Gespräche mit den Gästen, so wie früher eben, sind uns wichtiger“.

Die große Lust auf „alte Böcke“

Wer Lust und Laune hat, den nimmt Martin hinüber in sein „Reich“ – eine komplett eingerichtete Werkstätte aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts, vom Werkstattmeister mit einer Bar und einem Flipper-Apparat zum Zeitvertreib ergänzt. Es gibt kaum einen Tag, an dem Martin nicht dort zu finden ist, um seiner ganz großen Leidenschaft zu frönen: der Restaurierung alter Motorräder der legendären Marke „Indian“. Er hat noch all diese „alten Böcke“, in allen Winkeln der Welt aufgespürt und aufgekauft, wieder zum Laufen gebracht. Und er lässt keine Gelegenheit aus, um seine „Indian Chief“ anzuwerfen und über die Insel zu schnurren. – Informationen unter www.kvarnbogasthem.com

Raushier-Reisemagazin

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