Wer gerne und viel wandert, aber nicht zu hoch hinaus will, für den sind in deutschen Gefilden die Mittelgebirge, egal wie sie heißen, ein überaus begehrtes Ziel. Wandern entspannt und gibt neue Kraft für den Alltag. Und wer sich dabei zusätzlich auf spirituellen Spuren fortbewegen will, der ist im Schmallenberger Sauerland und in der Ferienregion Eslohe (Hochsauerlandkreis im Südwesten von Nordrhein-Westfalen) goldrichtig. Zahlreiche Wanderwege, Steige und Pfade führen zwar nicht immer nach Rom, aber meist ans Ziel, egal, ob man sich ein körperliches und/oder ein geistiges gesetzt hat.
Das Zauberwort heißt Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit heißt das Zauberwort. „Wir punkten hier mit Qualität, in erster Linie mit wandern, pilgern, radfahren, Ruhe, Entspannung, Wellness und Kulinarik,“ verrät Tourismusdirektor Hubertus Schmidt, „im Gegensatz zum benachbarten Winterberg“.
Dort steht mehr der wintersportliche Aspekt (Nomen est Omen) im Vordergrund. Schmidt: „Für eine zuverlässige Wintersportdestination liegen wir einfach zu wenig hoch.“
Dennoch: Es gibt Pisten und Loipen, die durchaus zufriedenstellen. Die Abfahrt des Schmallenberger Höhenlifts beispielsweise beträgt immerhin 1100 Meter, und es gibt Flutlicht. Das Nordic-Zentrum in Westfeld kann dank einer modernen Beschneiungsanlage Loipen auf Kunstschnee anbieten. Auch hier gibt es künstliche Beleuchtung. Insgesamt stehen 80 Kilometer gespurte Loipen zur Verfügung – wenn es kalt genug ist.
Radfahren wird immer beliebter
Neben den vielen Wandermöglichkeiten wird das Radfahren im Schmallenberger Sauerland immer beliebter, auch, weil es für den Gast zahlreiche Möglichkeiten gibt, sich E- und Mountainbikes auszuleihen. Eine interessante Tour ist der Sauerland-Radring, der durch das Herz des Sauerlandes führt. Der Rundkurs ist 84 Kilometer lang; man ist auf alten und stillgelegten Bahntrassen unterwegs – mal was ganz anderes!
Das A und O bleibt aber das Wandervergnügen. Im Übrigen sind Winterberg und das Schmallenberger Sauerland mit zusammen 2,4 Millionen Übernachtungen im Jahr die größte touristische Destination Nordrhein-Westfalens im ländlichen Raum. Das Sauerland ist zudem eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands.
Der Rothaarsteig „Weg der Sinne“ beispielsweise bietet faszinierende Aus- und Fernsichten. 154 Kilometer führt der Weg von Brilon aus bis an den Fuß des Westerwaldes. Er führt auch durch das Schmallenberger Sauerland und punktet dort mit seiner landschaftlichen Vielfalt. „Darauf sind wir ein Stück weit Stolz,“ so Tourismusmanager Schmidt. Noch weiter, nämlich über 250 Kilometer, zieht sich der „Sauerland-Höhenflug“, der fast ausschließlich auf Bergkämmen verläuft.
Der „Waldskulpturenweg“
Bei weitem nicht so weit, nur 23,5 Kilometer, dafür aber künstlerisch wertvoll, ist der „Waldskulpturenweg“ nahe Schmallenberg. Zehn namhafte Künstler aus dem In- und Ausland haben hier elf Skulpturen mit teils beachtlicher Größe erschaffen. Zum Beispiel den mächtigen Krummstab des bedeutenden deutschen Bildhauers Heinrich Brummack, der einen überdimensionalen Bischofsstab symbolisieren soll, oder „Blinker II“ von Ulrich Timm. Dies ist eine lichtkinetische Skulptur, bestehend aus einem Stahlgerüst und 196 beweglich eingehängten polierten Edelstahl-Spiegeln. Licht und Luft, Sonne und Wind sowie Himmel und Erde winken blinkend und bilden ein besonderes Naturschauspiel.
Orkan Kyrill und seine Folgen
In der Nacht vom 18. auf 19. Januar 2007 fegte der Orkan Kyrill über Deutschland und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Binnen einer Nacht knickte er Bäume wie Streichhölzer und richtete in den Wäldern – natürlich auch im Sauerland – ungeheueren Schaden an.
Nach zermürbenden Wochen und Monaten entschlossen sich die Ranger des Landesbetriebes Wald und Holz NRW, am Rothaarsteig (Ortsausgang Schmallenberg-Schanze) den Wald bewusst so zu belassen, wie er von Kyrill hinterlassen wurde, also mit sämtlichen umgestürzten Bäumen, aufgerichteten Wurzeltellern und zersplitterten Stämmen. Der „Kyrill-Pfad“ war aus der Taufe gehoben. Lediglich Holzstege, schmale Stiegen und Trittleitern wurden auf der einen Kilometer langen Runde angebracht, um dem Wanderer die imposante Naturgewalt aus nächster Nähe zugänglich zu machen.
Apropos Kyrill: Die Kreuzbergkapelle bei Wormbach war bis zu jener Nacht Mitte Januar 2007 von hohem Baumbestand umgeben; nicht alle Menschen in der Umgebung wussten von ihrer Existenz. Erst als Orkan Kyrill den gesamten Fichtenbestand auf dem Berg großflächig umwarf, wurde das Gotteshaus wieder „freigegeben“; es ist weithin sichtbar.
Deutscher Wandertag im Juli
Aufgrund der enormen Wandermöglichkeiten ist es keine Überraschung, dass der 119. Deutsche Wandertag vom 3. bis 8. Juli 2019 in Schmallenberg und Winterberg stattfindet. Unter dem Motto „Treffen der Generationen“ dreht sich alles um das Thema Wandern, Rad- und Outdoorsport. An den sechs Tagen werden 25 000 Gäste erwartet.
Wandern bedeutet für viele Urlauber, die nach Südwestfalen reisen, aber nicht nur laufen, sich bewegen oder optische Leckerbissen einsaugen, sondern loslassen, bei sich ankommen, sich besinnen, Tempo aus dem Alltag nehmen, stiller werden, entschleunigen – einfach nur die innere Ruhe und die seelische Entspannung finden. Dies zu erreichen ist das Ziel des „Spirituellen Sommers“, der im Jahr 2010 erstmals über die Bühne ging und sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Heuer Jahr haben die Verantwortlichen 300 Veranstaltungen (von Sonnenaufgangs- bis hin zu Vollmondwanderungen, Musik, Meditation/Gebet, Innehalten, Gespräche/Lesungen, Führungen/Vorträge oder kreatives Gestalten) an 90 Orten angeboten. „Jeder soll seinen Kraftort finden, an dem es ihm gut geht,“ sagt Katja Lutter vom Informationscenter Schmallenberg.
Wormbach ist ein ganz besonderer Pilgerort
Ein ganz besonderer Pilgerort ist Wormbach unweit von Schmallenberg. Die kleine und beschauliche Gemeinde wird häufig als älteste und wichtigste Siedlung (Urpfarrei) des oberen Sauerlandes bezeichnet; von dort aus soll die Verbreitung des christlichen Glaubens in der Region ausgegangen sein. In Wormbach entstand auch die Idee für den „Spirituellen Sommer“.
Die katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul könnte tatsächlich ein mystischer Ort gewesen sein, denn am Deckengewölbe sind seit bald 800 Jahren zwölf Tierkreiszeichen zu sehen, die in der Kirchenmalerei sehr ungewöhnlich, weil heidnisch, sind. Auf jeden Fall sind sie einmalig im christlichen Abendland.
Linderung von Augenleiden
Einmal im Jahr, meist in der ersten Maiwoche, bekommen die 400 Einwohner Besuch zahlreicher Pilger, die auf der Suche nach Kraftfeldern und Energielinien sind, um so die Lebendigkeit des Glaubens zu erleben. Und: In Wormbach wird der Augensegen gespendet, mit dem sogenanten „Walburgisöl“, das aus Eichstätt herangebracht wird, und durch das Auftragen an den Augenlidern zur Linderung von Augenleiden dienen soll.
In der Wormbacher Kirche befindet sich eine schwebende Statue der Heiligen Walburga, die in der rechten Hand eine Ampulle trägt. Zusammen mit ihren Brüdern Willibald, dem ersten Bischof von Eichstätt, und Wunibald, machte sie sich gegen 740 nach Christi Geburt nach Süddeutschland auf. Walburga starb 779. Ihr Leichnam, in Heidenheim (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) beigesetzt, wurde 870 nach Eichstätt übertragen.
Sternenhimmel bei Tageslicht
Und noch etwas hat Wormbach zu bieten: das Sternenhaus, das der Künstler Ulrich Möckel geschaffen hat, ragt, unmittelbar neben der Pfarrkirche stehend, zehn Meter in den Himmel. Betritt man den Innenraum, wird der Besucher vom Licht, das durch zahlreiche kleine Bohrungen und Öffnungen in der Hülle aus Aluminium hineinfällt, empfangen. Es ist, als ob man in den Sternenhimmel hineingenommen wird, auch bei Tageslicht.
Etwas ganz Besonderes ist der Wormbacher Friedhof. Wegen seiner einfachen Holzkreuze – es gibt keinen einzigen Grabstein – und weil er komplett umgeben ist von Jahrhunderte alten Linden, ist diese Ruhestätte zusammen mit der Kirche eines der schönsten Kirche-Friedhof-Ensembles Europas, wenn nicht der Welt. Alle Gräber sind nach Osten hin ausgerichtet, also dorthin, wo die Sonne aufgeht.
Erwiesen ist, dass schon vor 1000 Jahren Totenwege nach Wormbach führten, und das aus allen Himmelsrichtungen, zum Beispiel aus dem 80 Kilometer entfernten Soest oder aus Erndtebrück (30 Kilometer entfernt).
Schmallenberg hat 83 Ortsteile
Hauptort des Schmallenberger Sauerlands ist, wie sollte es anders sein, die Stadt Schmallenberg, die im Jahr 2019 ihre 750-Jahr-Feier begeht. Mit 303 km² und 83 Ortsteilen ist sie flächenmäßig die größte Stadt Nordrhein-Westfalens.
Mit den Eingemeindungen leben 25 000 Menschen hier, in der Kernstadt sind es 7000. Wegen seiner Satteldächer mit Schiefer, den stattlichen Fassaden mit Fachwerk und dem weißem Putz gilt Schmallenberg für viele als eine der schönsten Städte in NRW. Die Ferienregion Eslohe, mit der die Touristiker aus Schmallenberg kooperieren, hat 42 Ortsteile und beherbergt gut 9000 Einwohner.
Zirka acht Millionen Weihnachtsbäume
So manche der hier genannten Zahlen sind wohl einmalig in Deutschland, und noch eine Zahl erstaunt: die der Weihnachtsbäume, die hier stehen und jährlich gefällt werden. Mit 18 000 Hektar hat Nordrhein-Westfalen die größte Anbaufläche von vorwiegend Nordmanntannen in Deutschland; davon stammt jeder dritte Weihnachtsbaum aus dem Sauerland.
Das sind zwischen sieben und acht Millionen Exemplare. Vergleicht man die (eher geringe) Fläche mit den verkauften Exemplaren, dann ist das Sauerland prozentual der größte Weihnachtsbaumlieferant Europas.
Wisente in Bad Berleburg
Der Hochsauerlandkreis zählt zu den wichtigsten Milchregionen von Nordrhein-Westfalen. Fast 500 Betriebe halten etwa 22 500 Milchkühe, das sind etwa 45 Stück im Schnitt. Eine andere Art
von Rindern trifft man im benachbarten Bad Berleburg an: Wisente. Im „Wisent-Wildnis“ am Rothaarsteig lebt eine Herde auf 20 Hektar in natürlicher und naturbelassener Umgebung. Eine zweite Herde streift seit April 2013 frei durch die Wittgensteiner Wälder – einmalig in Westeuropa.
Informationen: Tourismus Schmallenberger Sauerland, Poststr. 7, 57392 Schmallenberg, Tel.: (02972) 9 74 00; Internet: www.schmallenberger-sauerland.de; E-Mail: info@schmallenberger-sauerland.de. – Schmallenberg und Eslohe liegen zwischen21 bis 831 Meter hoch, in einem Dreieck zwischen Dortmund, Kassel und Gießen.
Gastro-Tipps
- Hotel Störmann,Weststr. 58, 57392 Schmallenberg, Tel.: (02972) 99 90; Internet: www.hotel-stoermann.de; E-Mail: info@hotel-stoermann.de
- Esloher Brauhaus, St.-Rochus-Weg 1, 59889 Eslohe, Tel.: (02973) 9 76 50, Internet: www.essel-braeu.de; E-Mail: info@essel-braeu.de
Meine Schwester besucht nächste Woche eine Freundin im Sauerland. Da ist es gut zu wissen, dass es dort auch viele Schieferdächer gibt. Danke für diesen Beitrag.