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Rund um den Lake Michigan

Der Michigansee ist ein „Great Lake“, mit 58 016 Quadratkilometern größer als Belgien, Luxemburg und die Niederlande zusammen. Dabei ist er nur der drittgrößte der fünf Großen Seen. Eine Rundfahrt um den See führt durch vier Bundesstaaten: Illinois, Wisconsin, Michigan und Indiana. Im Sommer 2017 waren wir zur 100. Lions International Convention in Chicago und haben 14 Tage Lake Michigan vorgeschaltet, vom 15. Juni bis zum 29. Juni. Hier mein „Tagebuch“.

Harley-Davidson Museum in Milwaukee.

Harley-Davidson Museum in Milwaukee.

15. Juni. Nach unserer Ankunft in Chicago um 6pm, die Einreiseformalitäten liefen erstaunlich „easy“, haben wir uns mit einem Taxi zu der vorgebuchten Unterkunft am O`Hare Airport fahren lassen. Der Mietwagen war für den nächsten Tag bestellt. Eine richtige Entscheidung, denn die Mietwagenformalitäten sollten inklusive Wartezeit vor dem Avis-Schalter dreimal so lange dauern wie die Einreise in die USA. Im „Quality Inn O`Hare Airport“ verbringen wir die erste Nacht und werden dort in vierfacher Hinsicht „amerikanisiert“, auf Amerika vorbereitet. Sauberkeit, Atmosphäre, Frühstück und Preis – zu diesen vier Punkten sollten wir in den folgenden Wochen prägende Erfahrungen machen.

Born to be wild.

Born to be wild.

16. Juni. Mittags geht es auf dem Interstate Highway 94 nach Milwaukee. Wir entscheiden uns für die schnellste Verbindung, da uns die Zeit bei Avis davongelaufen war, und wir den Nachmittag noch für Milwaukee eingeplant hatten. Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Kurz vor 2pm sind wir am „Airport Inn“, müssen allerdings noch eine Stunde auf die Freigabe des Zimmers warten.

Zimmer 148 in Ludington.

Zimmer 148 in Ludington.

Als wir dann um 3.20pm in unser Zimmer können, sind wir entsetzt. Ameisen laufen über den Teppich, die Terrassentür ist mit einer Holzlatte gesichert, die Badewanne mit integrierter Dusche siffig. Hier sollen wir zwei Nächte bleiben? No way. Erfreulicherweise können wir ohne Kosten wieder auschecken, haben aber die Herausforderung, möglichst schnell eine neue Unterkunft zu finden. Damit ist auch der entspannte Nachmittag in Downtown geplatzt. Für beide Nächte hätten wir unter den geschilderten Rahmenbedingungen 218 Dollar bezahlt.

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Die S.S.Badger.

Die S.S.Badger.

m neuen Hotel, Hilton Garden Inn, müssen wir zwar fast 30 Prozent mehr bezahlen, dafür ist unser Zimmer sauber und groß und der Service von Seiten des Hotels exzellent. Aber auch hier: Das Frühstück, 12 Dollar pro Person, ist im Zimmerpreis nicht eingeschlossen. Was für ein Tag! Reisen und Organisieren. Sich freuen und enttäuscht werden. Wir sind erschöpft und gönnen uns an der Bar ein paar Getränke, die uns bereits um 9.30pm in eine wohlige Bettschwere fallen lassen.

Auf dem Lake Michigan.

Auf dem Lake Michigan.

17. Juni. Wir haben uns mit Margaret Casey, Communications Manager bei Visit Milwaukee, verabredet, ein Kontakt, der auf Vermittlung von Thomas Vogler, TravelMarketing Romberg, zustande kam. Vormittags fahre ich noch ins Harley-Davidson Museum, ein Muss bei einem Besuch in Milwaukee. Das Museum, im Sommer 2008 eröffnet, liegt idyllisch in einer alten Brauerei am Ufer des Menomonee River. Eintritt 20 Dollar. Es werden zwei spannende Stunden, obwohl ich kein Motorrad-Fahrer bin.

Auf dem Lake Michigan.

Auf dem Lake Michigan. Auf dem Lake Michigan.

Nach dem Lunch im Public Market treffen wir um 3pm Margaret. Sie hat viele Jahre in Deutschland gelebt, strahlt eine besondere Herzlichkeit aus. Margaret erzählt uns kurz die Geschichte der Stadt und lädt uns zu einer Rundfahrt in ihrem Privatwagen ein. Sie geht mit uns zunächst ca. 400 Meter über die drei Meilen lange Uferpromenade am Milwaukee River. Dieser Riverwalk ist ein wahres Schmuckstück. Wir fahren am spektakulären Art Museum vorbei, an den einladenden Parks am See, um dann Richtung Stadtzentrum abzubiegen, in die Brady Street mit ihrer lebhaften Kneipenszene. Über den Milwaukee River geht es in den Historic Third Ward, einem ehemaligen Lagerhallenviertel mit der North Old World 3rd Street und deutschen Reminiszenzen. Vorbei am sehr beliebten Mader´s Restaurant im bayrischen Stil, Usingers Wurstladen und der German Beer Hall – dreimal Deutschland auf 100 Meter. 

Obwohl sich mittlerweile Regentropfen unter die wenigen Sonnenstrahlen gemischt haben, sind wir von dem, was wir von Milwaukee sehen, begeistert. Margaret hat für uns bis 5pm Zeit. Deshalb können wir die Highlights nur aus dem vorbeifahrenden Auto bewundern. Ideal wäre es gewesen, am nächsten Tag nochmals zu Fuß in die Stadt einzutauchen. Doch die Fähre über den Lake Michigan war bereits gebucht. Kurz nach 5pm wird der Regen heftiger. Wir entscheiden, ins Hotel zurückzufahren. Schade, Milwaukee, knapp 600.000 Einwohner, hat uns sehr gut gefallen, ist deutlich mehr als zwei Tage Sightseeing wert. Die zweitgrößte Stadt am Lake Michigan liegt im Bundestaat Wisconsin, gilt als die Hauptstadt der Deutschen in der Neuen Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es 14 deutschsprachige Tageszeitungen, die deutsche Bier-Bautradition prägt Milwaukee bis heute.

Mighty Mac, die Mackinac Bridge.

Mighty Mac, die Mackinac Bridge.

18.Juni. Jonathan, der Rezeptionist des „Hilton Garden Inn“, ist wie an den Tagen zuvor bester Laune. Wir frühstücken heute Morgen auf „seine“ Einladung, er schenkt uns zum Check-Out den Adapter des Hotels für die Laptops, und auch die Getränke an der Bar vom Vorabend sind auf der Rechnung nicht aufgeführt (zur Erklärung: die junge Frau an der Bar fand den entsprechenden Beleg nicht mehr). Entspannt fahren wir gegen 10am auf die I-43 Richtung Manitowoc, von wo wir die S.S. Badger nach Ludington nehmen. Abfahrt ist um 1pm. Diese Autofähre ist das letzte mit kohlegefeuerten Dampfkesseln und Kolbendampfmaschinen angetriebene Schiff in den USA, das im regelmäßigen kommerziellen Einsatz steht. 

Unser Hotel in Mackinaw City.

Unser Hotel in Mackinaw City.

Wir passieren die Sicherheitskontrolle, Security mit Hund, der den Wagen beschnüffelt, und parken den Wagen in der vorgesehenen Spur mit offenem Fenster und Schlüssel in der Mittelkonsole. Die Angestellten der Betreibergesellschaft nehmen uns die Verantwortung ab. Sie fahren alle Autos in den Bauch des Schiffes und in Ludington auch wieder in die Freiheit. Wir gehen derweil an Bord. Bei der vierstündigen Überfahrt über 62 Meilen sitzen wir am Achterdeck, also hinten, und genießen das herrliche Wolkenspiel und die ruhige See. 

Unser Themenzimmer.

Unser Themenzimmer.

Als wir um 6pm in Michigan ankommen, ist es dort schon 7pm. Zwischen Wisconsin und Michigan ist der Zeitunterschied eine Stunde. Wir warten mit den anderen Passagieren auf dem Parkplatz an der Anlegestelle in Ludington auf unsere individuellen Pferdestärken. Ich fühle mich wie im Theater, auf der Bühne fahren die Autos vor. Oder wie beim Warten auf die Koffer im Flughafen. Da kommt er, unser Wagen, nach ca. 15 Minuten.

Ludington ist eine typische amerikanische Kleinstadt, mit Stränden, die über Michigan hinaus populär sind. Doch wir interessieren uns um 7:30pm nur für zwei Dinge: Unsere gebuchte Unterkunft “Viking Arms Inn“ und eine Möglichkeit, zu Abend zu essen. Unser Motel ist klassisch, wir fahren auf die Parkbucht Nr. 149 und stehen mit unserem Wagen direkt vor der Haustür. Die Nacht ohne Frühstück kostet 109 Dollar. Kein Schnapper, aber sauber. Auf Empfehlung des Rezeptionisten essen wir im Old Hamlin. Gute Wahl.

Fortbewegung auf Mackinac Island.

Fortbewegung auf Mackinac Island.

19.Juni. Nach dem Frühstück im Old Hamlin fahren wir fast fünf Stunden bis Mackinaw City. 330 Kilometer über Manistee, Frankfort, Empire, Traverse City und Petoskey. Um 3pm kommen wir im „American Boutique Inn – Lakeview“ an. Von außen macht das drei Sterne Haus einen gefälligen Eindruck. Es liegt nur knapp 100 Meter vom Lake Michigan entfernt, hat 23 Themenzimmer und einem kleinen Pool. Wir wohnen im Zimmer „Somewhere in Time“.

Der Arch Rock auf Mackinac Island.

Der Arch Rock auf Mackinac Island.

Als Lobby dient ein etwa fünf Quadratmeter großer Raum, und im sich anschließenden Frühstückszimmer stehen vier Tische für maximal zehn Personen. Müssen wir ein Ticket für einen Frühstücksslot ziehen? Zwischen 6 und 7pm bietet das Haus „Wine & Cheese“ an. Kostenlos. Wir sind insgesamt nur acht Gäste, die das Angebot in Anspruch nehmen. Geht also! Danach gehen wir in die Stadtmitte, ca. 400 Meter entfernt. Im „Dixie Saloon“ finden wir einen Tisch für das Abendessen. Um uns herum auf den Bildschirmen läuft Baseball.

It´s Touri-Time.

It´s Touri-Time.

Bemerkenswert an unserem Themenzimmer sind weder der fehlende Schreibtisch noch der Baldachin über unserem Bett, sondern die Hebel für warm und kalt im Mini-Bad. Diese beiden Hebel haben uns, zumindest zu Beginn, an unserer Intelligenz zweifeln lassen. Die richtige Temperatur des Wassers einstellen ist eine Herausforderung, die zum Fiasko werden kann, wenn man schon in der Badewanne steht. Deshalb immer warm und kalt von außen mischen, und erst bei einer angenehmen Temperatur in die Wanne steigen. Wie auch am Duschende: zuerst aus der Wanne steigen und die Hebel von außen bedienen.

Der Sugar Loaf Rock auf Mackinac Island.

Der Sugar Loaf Rock auf Mackinac Island.

Mackinaw City hat weniger als 1.000 Einwohner und liegt im Norden von Michigan zwischen Lake Michigan und Lake Huron. Morgen will ich Mackinac Island besuchen. Ein Idyll ohne Autos, dafür mit Pferdekutschen und Fahrrädern.

20.Juni. Unser kitschiges Themenhotel, die Amerikaner scheinen es zu lieben, bietet Zimmer und kontinentales Frühstück zum Preis von 140 Dollar pro Nacht an. Dieses Angebot Frühstück zu nennen, ist jedoch ein Marketing-Gag der besonderen Art. Der Toaster steht auf dem Tisch, allerdings ohne Toast. Stattdessen gibt es Bagels und süßes Gebäck. Käse und Wurst – Fehlanzeige. Im Mini-Kühlschrank finden wir Orangensaft und Joghurt. Garniert mit Plastikbesteck und Styroporbecher für den Kaffee. Die „Entsorgungstonne“ steht direkt neben dem Frühstückstisch. 

Das Grand Hotel auf Mackinac Island.

Das Grand Hotel auf Mackinac Island.

Ich gehe knapp zehn Minuten bis zur Shepler`s Ferry, die zwischen 15 und 20 Minuten bis Mackinac Island braucht und 22 Dollar retour kostet. Wir drehen eine Extraschleife und passieren die acht Kilometer lange Mackinac Bridge, auch Mighty Mac genannt. Beim Anleger auf Mackinac Island begrüßen mich Hunderte von Fahrrädern und auf der Hauptstraße Dutzende von Pferdekutschen, das Haupt-Transportmittel auf der Insel für Menschen und Güter. Ich entscheide mich gegen ein Fahrrad, damit gegen eine Inselumrundung, und für einen entspannten Spaziergang im südlichen Teil der Insel. Die engagierte Dame in der Tourismusinformation zeichnet mir den Weg exakt ein. 

Die gigantische Terrasse.

Die gigantische Terrasse.

Von der Main Street biege ich links am Marquette Park in die Fort Street ab, gehe am Fort Mackinac, eine Festung aus dem 18. Jahrhundert, vorbei und bin nach knapp 20 Minuten am Arch Rock, ein imposanter Kalkstein-Torbogen, zweifelsohne der touristische Magnet auf der Insel. Analog zu Bussen, die andernorts ihre Touristenladungen ausspucken, sind es hier die Pferdekutschen.

Sonnenuntergang in Traverse City.

Sonnenuntergang in Traverse City.

Weiter gehe ich über die Rifle Range Road zum Fort Holmes, das auf dem höchsten Punkt der Insel liegt. Ein grandioser Blick. Dann folge ich der Fort Holmes Road zum Sugar Loaf Rock, ein mächtiger Felsen mitten in der Natur. Hier genieße ich die paradiesische Ruhe am Aussichtspunkt, denn ich bin für 25 Minuten der einzige Besucher. Ein wohltuender Kontrast zum Arch Rock.

Aussichtspunkt in den "Sleeping Bear Dunes".

Aussichtspunkt in den „Sleeping Bear Dunes“.

Am Friedhof vorbei geht es über die zahlreichen Kutschen-und Pferdeställe zum legendären Grand Hotel. Der Eintritt in das Areal des Grand Hotels kostet 10 Dollar. Im späten 19. Jahrhundert gebaut, war das Grand Hotel Schauplatz für den Filmklassiker „Somewhere in Time“ und luxuriöse Übernachtungsstätte für Präsidenten, Schriftsteller und Schauspieler. Ich bin vom Interieur der Lobby, aber auch von den Tapeten in den Zimmern, deren Tür offenstand, wenig beeindruckt. Fantastisch jedoch die Veranda, die angeblich die weltweit größte aller Hotelterrassen ist. Ich setze mich in einen der zahlreichen weißen Schaukelstühle, bestelle ein Bier für acht Dollar und genieße den Blick auf die Gärten des Hotels und auf den Lake Michigan. Einfach herrlich! Vor mir wehen die amerikanischen Flaggen im Wind und ich denke an unser Themenzimmer „Somewhere in Time“. Um 5:30pm nehme ich die Fähre zurück. 

Weinprobe auf dem Weingut "Chateau Chantal".

Weinprobe auf dem Weingut „Chateau Chantal“.

21.Juni. Die erste Tankfüllung steht an. Bezahlen kann ich entweder mit Kreditkarte an der Zapfsäule oder mit Kreditkarte an der Kasse. An der Kasse zahle ich vorab, das heißt, ich lege den genauen Betrag fest. Dieser wird für die Zapfsäule programmiert und der Tankvorgang endet automatisch mit der vorgegebenen Summe. Tanken ist preiswert. Für die Gallone, 3,79 Liter, zahle ich zwei Dollar siebzig. In dieser Hinsicht macht Autofahren Spaß. Bei der Nutzung der Verkehrsinfrastruktur weniger. Die Straßen, Highways eingeschlossen, sind kein Ruhmesblatt. Der Investitionsstau bei Straßen und Brücken ist enorm. 

Auf dem Hiking Trail

Auf dem Hiking Trail

Wir fahren heute nach Traverse City, mit 15.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im Norden von Michigan. Sie liegt idyllisch an einer Bucht, die vom Lake abgeht. Die Bucht wird geteilt durch die Old Mission Peninsula, die wir morgen besuchen wollen.

Ein gewohntes Bild. Wir sind zu früh im Hotel, müssen noch bis 4pm warten. Das tun wir im „Apache Trout“ direkt am Lake, wo wir auch einige Stunden später zum Abendessen sein werden. Wir schlafen im „Parkshore Resort“ direkt am Wasser. Tolle Lage, fragwürdige Qualität. Ein Deja-Vu. Die Nacht für 149 Dollar ohne Frühstück, tote Krabbeltiere auf dem Balkon inklusive. Der Abend endet sehr versöhnlich. Zwischen 9 und 9:30pm geht die Sonne wunderschön über dem Lake unter. Ein Moment, den wir genießen.

Auf dem Hiking Trail

Auf dem Hiking Trail

22.Juni. Ein tiefer Blick in die zum Frühstücksraum umgebaute Bar lässt mich schnell umkehren. Auch meine Nase trägt diese Entscheidung mit. Zum Glück gibt es in der Lobby zwei Kaffeebehälter. Der Kaffee ist complimentary, also kostenlos. Das Wetter in Traverse City ist heute zum Abwinken, Wolken und Regen. Unser Tagesausflug geht zu den Sleeping Bear Dunes, kilometerweite Sanddünen, und auf die Old Mission Pensinsula, eine Halbinsel mit neun Weingütern. Auf dem Weg zu den Sleeping Bear Dunes halten wir am Philip A. Hart Visitor Center in Empire und besorgen uns Infomaterial über den Nationalpark. Zuerst fahren wir im Park über den Scenic Drive mit einem Stopp an einer Düne, die mehrere hundert Meter hoch ist. 

Wieder auf der Hauptstraße, biegen wir links ab und sind nach vier Kilometern am Dune Climb, der eigentlichen Attraktion im Sleeping Bear Dunes National Lakeshore. Bei einem Eintritt von 15 Dollar kommen wir sowohl auf den Scenic Drive als auch auf den Parkplatz des Dune Climb. Wir stehen vor einer imposanten Düne, mindestens 50 Menschen sind auf dem Weg nach oben. Ist das der vielgepriesene Dune Climb? Das kann doch nicht alles sein. 

 Der "People Mover" in Detroit.


Der „People Mover“ in Detroit.

Und in der Tat. Der Anstieg ist nur die Ouvertüre zu einer gewaltigen Dünenlandschaft, die sich meilenweit bis zum Lake Michigan erstreckt. Zwei Jogger laufen an mir vorbei. Chapeau. Endlich lässt sich auch die Sonne blicken. Nach dem zweiten Anstieg sehe ich den dritten. Nach dem dritten den vierten. Ich bin auf dem Dunes Hiking Trail. Meine Uhr mahnt zur Vernunft – Der Weg zum Lake ist noch weit und die Old Mission Peninsula wartet. Ich breche die Dünenwanderung ab und spaziere zurück. 

Detroit. Die amerikanische Kanone ist auf Kanada gerichtet.

Detroit. Die amerikanische Kanone ist auf Kanada gerichtet.

Trevor Tkach, Leiter des Convention & Visitors Bureau in Traverse City, legte uns am Vortag die Weingüter auf der Old Mission Peninsula ans Herz, insbesondere Chateau Chantal. Seiner Empfehlung folgen wir. Das Weingut im Norden der Halbinsel liegt auf einem Hügel und bietet einen tollen Blick auf den Lake. Wir entscheiden uns für einen „Flight of 3“, ein Tasting von drei Weinen für 10 Dollar pro Person. Zwei kleine Snacks dazu, und die Gesamtrechnung beläuft sich auf 32 Dollar. Der Tasting Raum hat wenig Atmosphäre, erst auf der Terrasse wird die Weinprobe zum Erlebnis. 

Detroit. Das GM Headquarter.

Detroit. Das GM Headquarter.

Verglichen mit südafrikanischen Weinproben fehlen hier Charme und Empathie. Ich bin geneigt zu sagen, typisch amerikanisch. Geschäftsmäßig, we make a deal. Das zweite Chateau, Grand Traverse, bestätigt diesen Eindruck. Und dann erleben wir eine Überraschung. Kurz vor Ende der Halbinsel auf der rechten Seite sehen wir, auch auf einem Hügel gelegen, das Weingut Mari Vineyards. Herrlicher Blick auf den Lake, große Terrasse, musikalische Untermalung, großartiger Wein. Bei einem 2015 Riesling vom Jamieson Vineyard aus dem Nappa Valley genießen wir die warmen Sonnenstrahlen. Ein würdiger Abschluss des Tages. Mari Vineyards – unser Tipp für die Old Mission Peninsula. 

Detroit. Das GM Headquarter.

Detroit. Das GM Headquarter.

Zum Abendessen in Traverse City fahren wir in die „The Filling Station“, die ich über Google finde. Eine Microbrewery in einem stillgelegten Bahnhof in der 642 Railroad Pl. Mit einer unglaublichen Bierauswahl und kreativen Flatbread Pizzas. Die Preise sind moderat, die Qualität ist hoch. Unser Tipp für Traverse City. Ein sehr atmosphärischer Ort inklusive Begleitmusik. Als Getränk wähle ich das Mango Kölsch von Gleis 13. 

23.Juni. Reisetag. Wir fahren von Traverse City nach Detroit. Thomas Vogler hat großen Anteil an der Planung dieser Reise, denn ursprünglich hatte ich Detroit nicht vorgesehen. „Da müssen Sie unbedingt hin, eine Stadt, die nach der Insolvenz zu neuem Glanz heranwächst“. Mein Interesse war geweckt, heute steht Detroit als Ziel auf der Reiseroute. 

Detroit. Im Henry Ford Museum: Kommerz, …

Wir fahren quer durch Michigan, dank unseres Navigationssystems keine Herausforderung. Die Herausforderungen sollten aber folgen. Es hatte in der Nacht zuvor in einigen Regionen, etwa um Midland und Bay City, so heftig geregnet, dass Straßen und Highways unpassierbar waren. Zweimal fahren wir in eine Vollsperrung, und zusammen mit allen anderen die ausgeschilderte Umleitung. Wir verlieren mindestens zwei Stunden. Unseren geplanten Besuch in Frankenmuth, Bayern in Michigan, verschieben wir. Nach über 500 Kilometern, zum Teil Stop-and-go, erreichen wir gegen 7pm Detroit.

… Geschichte (Kennedy-Wagen) …

In Detroit wohnen wir im Double Tree Suites by Hilton Detroit Downtown. Eine gute Wahl. Für Schlafzimmer, Wohnzimmer und Bad zahlen wir 136 Dollar die Nacht, allerdings ohne Frühstück. Starbucks ist im Haus. Wie im Hilton Garden Inn in Milwaukee stimmt hier das Preis-Leistungsverhältnis. In der Bar bedient Kevin, der uns auch mit zahlreichen Tipps zu Detroit versorgt.

... und Luxus (Bugatti).

… und Luxus (Bugatti).

24.Juni. Frühstück bei Starbucks. Für einen Caramel Macchiato und einen Bagel zahle ich acht Dollar. Ich gehe anschließend zu einer der Haltestellen des People Mover, eine ca. fünf Kilometer lange automatische Hochbahn mit 13 Stationen rund um die Innenstadt. So eine Fahrt ist angenehm, da die Wagen nicht überfüllt sind. Mini-Sightseeing für die erste Orientierung. Der Eintritt geht über spezielle Münzen, die am Automaten für 75 Cent pro Fahrt gekauft werden müssen. Bei der geringen Auslastung bin ich mir nicht sicher, ob der People Mover kostendeckend arbeitet. Ich fahre zunächst die gesamte Rundstrecke und steige dann in der zweiten Runde an der Joe Louis Arena aus. 

Detroit. Das GM Headquarter.

Detroit. Das GM Headquarter.

Von dort spaziere ich am Ufer des Detroit River, auf der anderen Seite liegt Kanada, Richtung HQ von General Motors. An diesem Wochenende sind die River Days, ein Fest für Jung und Alt mit gastronomischen Spezialitäten aus aller Welt. Kurzer Security Check, drei Dollar Eintritt, und ich bin drin. Zu meiner Linken das imposante Headquarter von General Motors, zu meiner Rechten der Detroit River. Ein beeindruckendes Szenario. Mir fällt auf, dass mindestens drei Viertel der Besucher schwarz sind. Wieder im Hotel lese ich, dass der schwarze Bevölkerungsanteil in Detroit bei ca. 80 Prozent liegt. Die Sonne scheint, die Menschen sind entspannt, eine tolle emotionale Atmosphäre am Detroit River. Und immer wieder der Blick nach Kanada. 

Frankenmuth. Frohe Weihnachten im Sommer.

Frankenmuth. Frohe Weihnachten im Sommer.

Wieder im People Mover steige ich an der Station Greektown aus und schlendere durch das Viertel. Kurz vor 4pm will ich noch einen schnellen Blick in die römisch-katholische Kirche „Old Saint Mary´s“ werfen. Ich setze mich in die vorletzte Reihe und komme zur Ruhe. Dagegen wird es um mich herum immer lebhafter. Nach der Kleidung der ankommenden Besucher zu urteilen, könnte es sich um eine Hochzeit handeln. Und ja, so ist es. Etwa 150 Gäste nehmen vor mir Platz, acht Trauzeugen-Paare ziehen ein und dann erscheinen Braut und Bräutigam, Christine und Dylan. Die Türen werden geschlossen, die Zeremonie beginnt. Ich bleibe sitzen und genieße erstmals eine choreographierte Hochzeitszeremonie über 75 Minuten. Nach dem Schlusssegen ertönt die Ode an die Freude, der strahlende Auszug der Paare und Besucher beginnt. Abends fahren wir wieder nach Greektown, um im „Santorini“ zu essen. Mittlerer Durchschnitt. Morgen ist Sonntag. Wir freuen uns, bis 9am im Bett zu bleiben.

Weltrentner auf dem Weihnachtsmarkt.

Weltrentner auf dem Weihnachtsmarkt.

25.Juni. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Um 4:28am werden wir mit einer beunruhigenden Lautsprecherdurchsage unsanft geweckt. „Dies ist ein Feueralarm. Verlassen Sie sofort ihr Zimmer, nehmen Sie die Treppe und sammeln sie sich vor dem Hotel“. Ok, London im Hinterkopf, versuchen wir ruhig zu bleiben. Wir wohnen im 8. Stock. Diszipliniert verlassen die Gäste, einige im Schlafanzug, über die Treppe ihre Etagen und sammeln sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Wir sehen kein Feuer. Gott sei Dank. Nach etwa zehn Minuten dürfen wir wieder zurück ins Hotel. Fehlalarm! Es ist mittlerweile kurz nach 5am. Kaum liegen wir im Bett geht es wieder los. „Dies ist ein Feueralarm“. Wir ignorieren die Stimme, die nach zwei Minuten verstummt. So wirklich entspannend sind die nächsten Stunden nicht. Wir frühstücken für 15 Dollar pro Person im Hotel. Das Preis-Leistungsverhältnis ist gut. 

Bayerische Esskultur in Michigan.

Bayerische Esskultur in Michigan.

So gegen 10am fahre ich zum Henry Ford Museum nach Dearborn, 13 Meilen vom Hotel entfernt. Es werden zwei wunderbare Stunden in einem tollen Museum. Als Senior zahle ich „nur“ 22 Dollar. Wobei auf dem Gelände noch weitere Attraktionen sind, die separat Eintritt kosten. Das Museum ist ein hochwertiges Sammelsurium aus 300 Jahren amerikanischer Geschichte vorwiegend aus Technik und Verkehr. Ein Höhepunkt sind die Fahrzeuge, in denen US-Präsidenten im 20. Jahrhundert unterwegs waren. 

Bayerische Esskultur in Michigan.

Bayerische Esskultur in Michigan.

Wir fahren nach meinem Ausflug in die Welt der Flugzeuge, Züge und Autos zum Detroit River, um mit der „Diamond“ eine Stunde grenzüberschreitend die Skyline von Detroit zu genießen. Sehr empfehlenswert für zehn Dollar pro Person. Die beiden Brücken, Ambassador Bridge und MacArthur Bridge, sind unsere Leitplanken. Aufgrund der morgendlichen Turbulenzen endet unser Abend um 9:45pm. 

26.Juni. Beim Check-Out beklage ich mich, dass sich das Hotelmanagement für den Fehlalarm nicht entschuldigt hat. Die junge Dame an der Rezeption erklärt mir, dass die Entschuldigung beim individuellen Check-Out erfolge. Für uns ist die Entschuldigung die Nicht-Berechnung der dreitägigen Valet-Parkgebühr in Höhe von 90 Dollar. Akzeptiert. 

Bayerische Esskultur in Michigan.

Bayerische Esskultur in Michigan.

Jetzt aber schnell nach Frankenmuth. Von Detroit sind es 95 Meilen Richtung Norden.  Also wieder zurück. Doch von da können wir quer durch nach Grand Rapids fahren. Als wir das Ortsschild von Frankenmuth passieren, werden wir mit „Merry Christmas“ begrüßt. 

Der größte Weihnachtsmarkt der Welt, Bronner´s CHRISTmas Wonderland, liegt vor uns. Dieser Markt für Weihnachtsdekorationsartikel ist gigantisch. Das Gelände mit der Silent Night Memorial Chapel und Hunderten von Figuren ist fast 110.000 Quadratmeter groß, die Verkaufsfläche mit 15 verschiedenen Artikel-Sektionen fast 30.000 Quadratmeter. Weihnachten im Sommer – Bronner macht es möglich. 

Zum Mittagessen wählen wir das „Bavarian Inn“. Außen wie innen auf bayrisch getrimmt. Die Kellnerinnen bedienen die Gäste im Dirndl, die Kellner sind stilgerecht mit Lederhose unterwegs. Wartezeit auf einen freien Tisch: 15 Minuten. Warum glauben so viele Amerikaner, dass Deutschland Bayern ist?

Holland in Holland.

Holland in Holland.

Von Frankenmuth geht es direkt nach Grand Rapids. Wir genießen den Abend in der fast familiären Atmosphäre des Hyatt Place Grand Rapids – South, 170 Dollar pro Nacht inklusive Frühstück.

27.Juni. Die Sonne lacht. Ich fahre heute nach Holland und Saugatuck. Holland erinnert, keine Überraschung, an Holland, gegründet von niederländischen Einwanderern um 1847. Ich besuche den Windmill Island Garden mit der 250 Jahre alten Windmühle und holländischen Häusern und anschließend den Holland State Park mit Strand und Leuchtturm. Die Kleinstadt mit ihren sechs Millionen Tulpen und 33.000 Einwohnern ist analog zu Frankenmuth eine Touristenattraktion für amerikanische Besucher. 

Fährglück.

Fährglück.

Saugatuck mit seinen etwa 1.000 Einwohnern liegt wunderschön am Kalamazoo Lake und River. Es hat den Charme einer Sommerfrische und gilt für Städter, zum Beispiel aus Chicago, als cool und trendy. Der Oval Beach, attraktive Kunstgalerien, eine liebenswerte Marina und zahlreiche B&B-Unterkünfte spülen Touristen in den Ort. Ich könnte in Saugatuck zwei bis drei Nächte verbringen. Im „The Butler“ erlebe ich ein Beispiel für die amerikanische Service-Mentalität. Die Kellnerin bringt mir Bier und Burger. Nach fünf Minuten, ich esse noch, fragt sie „Do you want something else?“. Ich verneine, und eine Minute später liegt die Rechnung auf dem Tisch. „Take your time“. Die nehme ich mir auch. Der letzte Bissen ist gerade im Mund verschwunden, da steht sie am Tisch und nimmt die Rechnung auf und merkt nach drei Metern, dass die Hülle nichts enthält. Sie: „Sorry“. Ich: „I take my time“.

Das Lions HQ in Oak Brook.

Das Lions HQ in Oak Brook.

Abends fahren wir ins Steak-Restaurant „LongHorn“ nach Grand Rapids. Inneneinrichtung, Speisekarte und die servierten Steaks sind so wie erwartet: gut. Es ist der letzte Tag in Michigan. 13 Tage sind wir nun schon unterwegs. Morgen werden wir wieder in Illinois sein. Wir haben uns für eine Nacht im Hilton Oak Brook eingebucht, da wir uns am nächsten Tag mit unseren spanischen Lions-Freunden im Lions HQ in Oak Brook treffen werden. 

Unser Hotel in Chicago.

Unser Hotel in Chicago.

28.Juni. Bis Oak Brook sind es 182 Meilen. Wir fahren bei Sonne los und kommen bei Regen an. Nervig sind die vielen Toll Stations um Chicago herum. Mal sind die Mautstellen personalisiert, mal nur mit Münzeinwurf zu passieren. Deshalb sollte man in der Region Chicago immer Münzen in der Mittelkonsole haben. In Michigan sind die Straßen toll-frei. Der Nachmittag gehört dem Shopping. Shopping für mich. Nolens volens. Denn in Milwaukee im „Airport Inn“, das Hotel mit den Ameisen, hatte ich einen Blackout. Meine Hemden für die Lions Convention haben den plötzlichen Auszug nicht überlebt – ich habe sie schlicht im Schrank vergessen. Deshalb müssen neue Hemden für die Plenarsitzungen her. Fündig werden wir bei Macy´s.

29.Juni. Wir sind bei Lions International in Oak Brook und werden durch das HQ geführt. Vor acht Jahren bei unserer ersten Convention in Minneapolis war die Führung noch kostenfrei. Heute zahlen wir zehn Dollar pro Person. Ist ja für einen guten Zweck! Am Nachmittag geben wir unseren BMW 330i am Midway Airport zurück. 90 Minuten später, dank der Züge von Chicago Transit Authority (CTA), sind wir in unserem super zentral gelegenen Hotel in Chicago: The Whitehall.

Fotos: Peter Schiffer

Raushier-Reisemagazin

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