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Der Ammersee – Bayerns drittgrößtes Binnengewässer: Lässiger geht’s nicht

Der Ammersee, rund 40 Kilometer südwestlich von München gelegen, ist mit einer Uferlänge von 43 Kilometern und einer Fläche von 47 km² ein gutes Stück kleiner als der in der Nachbarschaft liegende, mondäne Starnberger See (Uferlänge 50 Kilometer, Fläche 57 km²), und auch ein bisschen unbekannter als sein großer Bruder, aber keineswegs weniger reizvoll. Anwohner und Urlauber genießen zu jeder Jahreszeit das entspannte Lebensgefühl am, im und rund um den See. Zwischen den Ortschaften Utting (4550 Einwohner) und Dießen (11 100 Einwohner) am Westufer sowie Herrsching (11 000 Einwohner) im Südosten herrscht Einigkeit: Lässiger lässt es sich kaum leben. Besonders im Sommer, wenn der Tag mit einem Kopfsprung vom Sprungturm beginnt und mit einem „Sundowner“ am Strand endet.

Der Ammersee ist nach dem Chiemsee und dem Starnberger See der drittgrößte See in Bayern und der am weitesten nach Norden reichende Voralpensee. Häufig wird er auch, weil ländlich geprägter, als „Bauernsee“ bezeichnet, im Gegensatz zum vornehmeren Starnberger See, der im Volksmund hin und wieder der „Fürstensee“ genannt wird.

Schwimmen am Morgen

Sonnenuntergang am Ammersee. – Foto: Kunz-PR

Sonnenuntergang am Ammersee. – Foto: Kunz-PR

Durch das geöffnete Schlafzimmerfenster tönt heiser und langgezogen das Tuten des Schaufelraddampfers, der am Landungssteg in Herrsching ablegt. Wen hält es nach diesem Weckruf aus der Ferne noch in den Federn? Die wenigsten, wenn man dem lebendigen Treiben nach urteilt, das schon früh am Morgen an der langen Seepromenade herrscht. Die Menschen zieht’s ans Wasser, egal, ob zum „Sonnengruß“ auf dem Steg, zum Schwimmen unter der kräftiger werdenden Sonne oder zum Frühstückspicknick auf den Uferwiesen.

Wer fit durch den Tag kommen will, für den kann Frühsport nicht schaden. – Foto: Kunz-PR

Wer fit durch den Tag kommen will, für den kann Frühsport nicht schaden. – Foto: Kunz-PR

Die Kellner in den Eisdielen und Restaurants rücken noch die Tische zurecht. Und Jochen Nibbe brüht im Bootshaus-Kiosk seines mit Rosenbüschen bepflanzten Minigolfplatzes den ersten Kaffee auf. Der im Sommer ausschließlich mit Shorts und Schlappen bekleidete Elektrobootverleiher Goro bezieht auf seinem Barhocker Position. Die ersten Urlauber haben da schon längst ihre Handtücher und Sonnenschirme für einen relaxten Tag am See platziert.

Eine Idylle wie gemalt. – Foto: Kunz-PR

Eine Idylle wie gemalt. – Foto: Kunz-PR

Wer hier wohnt und arbeitet, wird nach der frühen Stippvisite am Wasser indes wieder in seine Flip-Flops schlüpfen, sich aufs Radl schwingen oder die nächsten Stunden an Schreibtisch, Verkaufstresen oder an der Werkbank verbringen. Auch im Herrschinger „Institut für Form und Farbe“ wird jetzt fleißig gearbeitet. (Innen-)Architekten, Illustratoren, Grafiker, Fotografen und Künstler sind hier kreativ. „Ganz sicher färbt die Schönheit der Natur auf die Arbeit ab, die Umgebung inspiriert“, sagt Gesine Dorschner, Mitbegründerin des Co-Working-Spaces. „Ich habe lange Wanderjahre verbracht, war in Kanada, Holland, Frankreich. Und es gibt auf der Welt durchaus noch andere schöne Plätze“, sagt Diplomdesignerin. „Aber diese Region hier mit ihren Seen, das ist meine Heimat, hier hat es mich wieder hingezogen zum Leben und Arbeiten.“

Schlemmen am Mittag

Auf der Terrasse der „Alten Villa“ in Utting kann man es sich gut gehen lassen. – Foto: Kunz-PR

Auf der Terrasse der „Alten Villa“ in Utting kann man es sich gut gehen lassen. – Foto: Kunz-PR

Spätestens der Hunger bringt Urlauber und Einheimische gegen Mittag wieder zusammen. Dicht an dicht stehen sie in „Matos Fischladen“ neben Goros Bootsverleih, um sich mit einer mit Seelachs, Krabben oder Wels, Sprossen und Honig-Senf-Sauce garnierten Fischsemmel auf die sonnige Terrasse zu setzen. Ein Gläschen Wein dazu, das leise Geplätscher des Sees im Ohr, die Sicht auf das Wasser und die Berge. „Mehr Entspannung geht eigentlich nicht“, findet Mato. „Na klar, wird’s auch schon mal stressig zu Stoßzeiten, aber ein netter Spruch für die Kundschaft ist immer drin“, sagt der gebürtige Westfale, der vor der Eröffnung seines vom Feinschmecker ausgezeichneten Fischladens als Kameramann und Weltenbummler unterwegs war. Als beinahe noch größere Auszeichnung empfindet es der zugereiste Fisch-Gourmet aber, dass auch das Personal der Seenschifffahrt den kurzen Anlegestopp nutzt und sich eine „Semmel to go“ holt.

Acht Stunden auf dem Wasser

Helmut Diller ist seit 30 Jahren Ammersee-Kapitän. – Foto: Kunz-PR

Helmut Diller ist seit 30 Jahren Ammersee-Kapitän. – Foto: Kunz-PR

Auch Helmut Diller, seit bald 30 Jahren Ammersee-Kapitän, zählt zu Matos Kundschaft. Bis zu acht Stunden verbringt der fast 60-Jährige täglich auf dem Wasser und liebt den See in (fast) jeder Sekunde. „Nur wenn zu viele Segler, Surfer, Schwimmer oder Stand-Up-Paddler draußen sind, kommt Stress auf“, sagt Diller. An diesem strahlenden Vormittag durchmisst der freundliche Kapitän indes herrlich entspannt auf der „Augsburg“ den glänzenden See, von Stegen, einem Ortsteil der Gemeinde Inning (4850 Einwohner) im Norden bis Herrsching im Südosten. Die schönsten Momente erlebt der gelernte Schlosser, der sich nach drei Jahrzehnten bei der Bayerischen Seenschifffahrt keinen anderen Arbeitsplatz als die Führerhäuschen der Ammersee-Flotte vorstellen kann, meist in der Frühe: „Wenn es nur so kleine Löcher im Nebel gibt, wie neulich, als nichts außer dem Kirchturm von Dießen zu sehen war. Oder wenn die Sonne ganz herauskommt und die Bergspitzen von oben nach unten immer heller werden…“

Wenn sich der Blick weitet…

Die „Augsburg“ am Landungssteg. – Foto: Kunz-PR

Die „Augsburg“ am Landungssteg. – Foto: Kunz-PR

Ins Schwärmen geraten auch Dillers Passagiere während der Überfahrt. Sobald die „Augsburg“ die Herrschinger Bucht verlässt, weitet sich der Blick, wandert übers Wasser und geht bis zur Zugspitze am Horizont. Über 15 Kilometer lang ist der See, der wie alle großen Gewässer der Region Starnberg-Ammersee durch das Abschmelzen des Loisachgletschers entstanden ist.

Bundespräsident Roman Herzog sprach 1998 von einer geglückten „Symbiose aus Laptop und Lederhose“, als er den Wandel Bayerns vom Agrar- zum Hightech-Standort charakterisierte. Für diesen Herrn gilt eher das Motto "Laptop und Surfbrett“. – Foto: Kunz-PR

Bundespräsident Roman Herzog sprach 1998 von einer geglückten „Symbiose aus Laptop und Lederhose“, als er den Wandel Bayerns vom Agrar- zum Hightech-Standort charakterisierte. Für diesen Herrn gilt eher das Motto „Laptop und Surfbrett“. – Foto: Kunz-PR

Auch in Utting, der Seegemeinde mit dem höchsten Sprungturm, lässt der Kapitän Gäste an Land gehen. Wer den Mut zum Zehn-Meter-Jump aufgebracht hat – und natürlich auch alle anderen Schiffsreisenden – sollten sich hier am Westufer belohnen, zum Beispiel mit einem Besuch des prächtigen Biergartens der „Alten Villa“. Das im Andrea-Palladio-Landhausstil erbaute Gebäude diente in den 1930er Jahren einem Textilgroßhändler als Landsitz, später den amerikanischen Besatzern als Hauptquartier. Heute ist sie Treffpunkt für Einheimische und Gäste, die eine knusprige Ammerseerenke ebenso zu schätzen wissen wie ein kühles Bier. Kleiner Tipp: An Sonn- und Feiertagen gibt’s zum Frühschoppen unter den uralten Kastanien Dixie- und Blasmusik.

Chillen am Abend

Still ruht der See – und so manches Ruder- und Paddelboot. – Foto: Kunz-PR

Still ruht der See – und so manches Ruder- und Paddelboot. – Foto: Kunz-PR

Vor der „Bayrischen Brandung“ in Herrsching, wo Diller um 19.10 Uhr zum letzten Mal an diesem Tag anlegt, ist es stattdessen das Gitarrenspiel eines Hobbymusikers, das die friedliche Abendstimmung auf der Promenade untermalt. Die Menschen, die hier die Beine vom Ufermäuerchen baumeln lassen, auf dem Steg lümmeln oder im Kies hocken, sind ein bunt gemischter Haufen: Einheimische, die den Feierabend zelebrieren, Besucher vom anderen Seeufer, die mit kleinen Segelboten zum Sonnenuntergang extra ans Ostufer schippern, sowie verwunderte Urlauber, die einen dermaßen unprätentiösen Kiosk wie die „Brandung“ eher auf Bali als in Bayern verorten würden.

Sich eine kühle Maß und eine deftige Brotzeit in einem schattigen Biergarten schmecken lassen, das ist bayerisches Laissez-faire. – Foto: Kunz-PR

Sich eine kühle Maß und eine deftige Brotzeit in einem schattigen Biergarten schmecken lassen, das ist bayerisches Laissez-faire. – Foto: Kunz-PR

Ob Aperol Spritz, die regionale Biovariante Mondino, ein Bierchen oder die berüchtigte Strawberry Colada – all dies wird auf den zwölf Quadratmetern des winzigen Kiosks mit viel Liebe zubereitet. Gebaut hat das Holzhäuschen mit dem Schindeldach vor 35 Jahren übrigens Goro, der ein paar Meter weiter nach einem langen, lässigen Tag noch immer (in Shorts und Schlappen) auf dem Barhocker sitzt und seine weiß-roten Retro-Bötchen an die Romantischsten unter den Flaneuren verleiht.

Infos: Starnberg GmbH, Tourist Information Starnberg, Hauptstraße 1, 82319 Starnberg, Tel.: (08151) 9 06 00; Internet: www.starnbergammersee.de, E-Mail: touristinfo@starnbergammersee.de

Raushier-Reisemagazin

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