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Raushier-Glosse: Krank im Urlaub – Überleben trotz Ärzten

Neben der Deutschen Bahn bietet die Kritik am deutschen Gesundheitswesen immer wieder beliebten Stoff für Smalltalk auf Partys. Da läuft sicher eine Menge falsch, aber wenn man im Urlaub doch mal krank geworden ist, dann lernt man Mediziner hierzulande schätzen als Ausbund an Seriosität und Zuverlässigkeit.

Wer im Urlaub krank wird, sehnt sich vielleicht bald wieder nach dem deutschen Gesundheitssystem. Foto: Matthias Preisinger / pixelio.de

Wer im Urlaub krank wird, sehnt sich vielleicht bald wieder nach dem deutschen Gesundheitssystem. Foto: Matthias Preisinger / pixelio.de

Und die Rede sei nicht von irgendwelchen Entwicklungsländern, nein, sondern von Staaten, die in anderen Zusammenhängen gern als Vorbild für Deutschland genannt werden, hochindustrialisiert und Horte der globalen Zivilisation.

Da nehme man beispielsweise Skandinavien. Die tarifliche Arbeitszeit ist dort heilig und wer das Pech hat, seinen Bandscheibenvorfall oder seine akute Bronchitis (von lebensbedrohlichen Krankheiten wollen wir gar nicht reden) nicht montags bis freitags von 9.15 bis 16.30 Uhr zu erleiden, der hat eben Pech gehabt.

Oder Großbritannien: Gut, beim National Health Service kann man zu jeder Tages- und Nachtzeit kommen – aber im nicht eben seltenen Fall befindet sich das Krankenbett irgendwo zwischen Kantine und öffentlicher Toilette, von Resten einer Intimsphäre keine Spur. Auf dem Flur eine Urinprobe abgeben zu müssen an eine ungeduldig wartende, weil völlig überarbeitete Schwester, während eine komplette pakistanische Großfamilie zuschaut, deren Großvater wiederum gerade coa publica rektal untersucht wird – nun ja, vielleicht dient das wenigstens der Völkerverständigung.

Money, Money, Money

In den USA kann einen jedes Ungemacht erwarten – oder auch gar keines, das ist alles eine Frage der Belastbarkeit der Kreditkarte. Und die wird erst mal gründlich geprüft, auch wenn der Patient mit Angina pectoris bereits blau anläuft. Money makes the world go round!

Französische Ärzte sind charmant, kompetent und hilfsbereit – wenn es möglich war, ihnen das persönliche Leiden und die Symptome akzentfrei in ihrer Muttersprache zu erklären. Sollte man aber zu den 90 Prozent der Weltbevölkerung gehören, die kein Französisch sprechen, werden einen diese weißen Halbgötter frankophoner Überlegenheit nur mit einem Blick voll arroganter Erbarmungslosigkeit mustern, zur Not, bis der Blutfluss versiegt.

Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen: In manchen südeuropäischen Ländern ist der Doktor-Titel nicht zwingend Ergebnis bestandener Prüfungen, sondern oft Ausdruck der wirtschaftlichen Solvenz des Herrn Papa. Russische Mediziner halten Schmerztabletten für einen Ausdruck westeuropäischer Verweichlichung und die Frage nach desinfizierten Pinzetten für kleinkariertes Denken.

Da lobe man sich doch Deutschland, von der Nordsee bis zum Allgäu gilt nur eine Frage: „Kasse oder privat?“

Raushier-Reisemagazin