Wer sich für einen Urlaub in der Verwöhnregion Churfranken, an der Schnittstelle von Odenwald und Spessart, entschieden hat, der tut dies, um in der lieblichen Weinlandschaft zu beiden Seiten des Untermains nicht nur abzuschalten und neue Kräfte zu sammeln, Rad zu fahren oder Wanderungen zu unternehmen, sondern auch (oder vor allem) um die lukullischen, teils deftigen Spezialitäten der Gegend zu genießen und den Gaumen mit süffigen Köstlichkeiten zu verwöhnen.
Klingenberg zum Beispiel (vom Freistaat Bayern als „Genussort“ ausgezeichnet) ist der Inbegriff für exzellente Rotweine, die in terrassenförmigen Steillagen wachsen. Mit etwa 30 Hektar bewirtschafteten Weinbergen ist Klingenberg die bekannteste Weinbaugemeinde am Bayerischen Untermain. Die 6400-Einwohner-Stadt ist mit zirka 23 Hektar an roten Rebsorten außerdem die größte Rotweinstadt des Weinbaugebietes Franken. Der exzellente Ruf der Weine schallt auch über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Spätburgunder und Portugieser gedeihen prächtig
Die terrassenförmigen Südwest-Steillagen, die teilweise schon im Mittelalter angelegt wurden, sind zusammen mit den alten Buntsandstein-Verwitterungsböden und den leicht erwärmbaren Sandböden prädestiniert für Spätburgunder, Portugieser und Regent.
Klingenberg hat eine Jahrhunderte lange Tradition. Bereits im Jahr 1261 wurden Weingärten „auf dem hohen Berge“ (gemeint sind wohl der Hohberg und der Schlossberg) urkundlich erwähnt. Weinberge und Trockenmauern stehen allesamt unter Denkmalschutz.
Anja Stritzinger – eine taffe Winzerin
In der Region Churfranken gibt es zirka 100 Weinbaubetriebe. Einen davon leitet Anja Stritzinger. Die taffe Winzerin aus Klingenberg bewirtschaftet zwei Hektar. Das ist nicht gerade üppig, aber sie ist rund ums Jahr beschäftigt. Ruhezeiten gibt es kaum.
Zwar kann sie jeden Tag ihre malerischen Weinberge und die atemberaubenden Ausblicke über das Tal genießen – ihr Betrieb ist nur wenige Schritte vom Weinberg entfernt – aber die Steilheit der Lagen (in Klingenberg hat der Terrassenweinbau Tradition) fordert ihre Frau.
Hilfsmittel bei der Weinlese, außer tragbaren Kleingeräten, die die Tätigkeiten erleichtern könnten, gibt es nicht. Alles 100 Prozent Handarbeit.
Umweltgerechter Weinbau
Ferner hat sie sich dem umweltgerechten ökologischen Weinbau verschrieben. „Als Wegbereiter des Bio-Weinbaus bewirtschaften wir seit Mitte der 1980er-Jahre unsere Flächen nach ökologisch-organischen Prinzipien“, sagt die 46-Jährige.
Der Familienbetrieb wurde 1971 gegründet, seit 20 Jahren betreibt Anja Stritzinger das Geschäft im Haupterwerb. Winzerin ist sie seit 1997, Winzermeisterin seit 2001.
„Museumsweinberg“
Eine Besonderheit, auf die Anja Stritzinger ausgesprochen stolz ist, ist der sehenswerte „Museumsweinberg“ mit der alten Klingenberger Pfahlerziehung und einem „Gemischten Satz“, den sie ihr eigen nennen kann. Der „Museumsweinberg“ ist älter als 50 Jahre und besteht aus zirka 20 Rebsorten, die sehr selten oder fast schon ausgestorben sind. Bei der Pfahlerziehung wird der Haupttrieb an einen zwei Meter hohen Pfahl gesetzt und senkrecht hochgezogen oder wie ein Herz gebogen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der „Alte Satz“ oder der „Gemischte Satz“ nichts Besonderes. Durch den Anbau von verschiedenen Rebsorten in einem einzigen Weinberg konnten Qualitäts- und Quantitätsschwankungen ausgeglichen werden. Erst als die Winzerbetriebe dazu übergingen, den Weinbau zu modernisieren und den Anbau nach sortenreinen Rebsorten zu strukturieren, geriet die bisherige Anbaumethode außer Mode.
„Gemischter Satz“
In einem Hang mit einem „Gemischten Satz“ gedeihen bis zu 20 weiße und rote Rebsorten nebeneinander. Bei Anja Stritzinger sind dies vorwiegend alte Sorten wie Schwarzurban oder Blauer Kölner.
Der Schwarzurban ist ein „Kind“ des Trollingers und kam im Mittelalter aus der Lombardei. Der Blaue Kölner ist eine Ursorte, die bereits vor 5900 Jahren am Fuße der Karpaten von Einwanderern aus Nordchina angebaut wurde. Das Endprodukt eines „Gemischten Satzes“ ist eine wahre Spezialität, weil die Rebsorten mit
unterschiedlichen Reifezeitpunkten und unterschiedlichem Säuregrad gemeinsam gelesen, gekeltert und vergoren werden.
Informationen
* Churfranken e.V., Mainstraße 83, 63897 Miltenberg, Tel.: (09371) 6 60 69 76; E-Mail: info@churfranken.de; Internet: www.churfranken.de
Gastro-Tipps
* Weinbau Anja Stritzinger: Bergwerkstr. 19, 63911 Klingenberg am Main, Tel.: (09372) 92 29 54; E-Mail: info@weinbau-stritzinger.de; Internet: www.weinbau-stritzinger.de
* Weingut Hench: Hauptstr. 32, 63927 Bürgstadt, Tel.: (09371) 5752; E-Mail: info@weingut-hench.de; Internet: www.weingut-hench.de
* Weingut Rudolf Fürst: Hohenlindenweg 46, 63927 Bürgstadt, Tel.: (09371) 8642; E-Mail: info@weingut-rudolf-fuerst.de; Internet: www.weingut-rudolf-fuerst.de
* Weingut Meisenzahl: Freudenbergerstraße 30, 63927 Bürgstadt, Tel.: (09371) 67 67 2; E-Mail: info@weinbau-meisenzahl.de; Internet: weinbau-meisenzahl.de
* Weingut Neuberger: Freudenbergerstraße 7, 63927 Bürgstadt, Tel.: (09371) 2562; E-Mail: info@weingut-neuberger.de; Internet: www.weingut-neuberger.de
* Weingut Fürst Löwenstein: Schlosspark 3, 63924 Kleinheubach, Tel.: (09371) 94 86 600; E-Mail: weingut@loewenstein.de; Internet: www.loewenstein.de/
* Churfrankenvinothek: Hauptstraße 2, 63927 Bürgstadt, Tel.: (09371) 94 88 679; E-Mail: info@churfrankenvinothek.de; Internet: www.churfrankenvinothek.de
* Weingut Kremer: Mühlgasse 12, 63920 Großheubach, Tel.: (09371) 3270; E-Mail: mail@weingut-kremer.de; Internet: www.weingut-kremer.de
* Weingut Bastian Hamdorf: Weingartenstraße 5, 63911 Klingenberg am Main, Tel.: (09372) 9 29 00 25; E-Mail: info@weingut-bastian-hamdorf.de; Internet: www.weingut-bastian-hamdorf.de