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Heast, Wien! Ganz ohne Sisi, aber trotzdem mit Charme

Welche Attraktionen kommen einem Wien-Besucher wohl in den Sinn, wenn er an Österreichs Hauptstadt denkt? Vielleicht Schloss Schönbrunn und die Kaiserin Sisi, der Stephansdom, Wiener Walzer oder Mozart? Die Kaffeehäuser, die Fiaker, eventuell noch die Hofburg oder die legendäre Sachertorte?

Auch das kann IKEA sein – ein „Fenster“ auf Wien. – Foto: Marie-Theres Heindl

Auch das kann IKEA sein – ein „Fenster“ auf Wien. – Foto: Marie-Theres Heindl

Tatsächlich bilden diese „Berühmtheiten“ nur einen kleinen Teil der Stadt ab, der den Millionen von Touristen geboten wird (im vergangenen Jahr beispielsweise übernachteten Gäste rund 18,9 Millionen Mal in Hotels oder anderen Beherbergungsbetrieben).

Befindet man sich etwa zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten am Stephansplatz, hat man den Eindruck, die einzigen echten Österreicher hier in der Menge sind als Mozart verkleidet. Nur ein paar Straßen weiter herrscht schon wieder normaler Alltag. Es gibt auch ein sehr reizvolles, liebenswertes Wien abseits der Mozartkugeln und Habsburger, das es in sich hat!

Versteckte Panoramen und ein etwas anderes Sightseeing

Eine Sightseeing-Tour mit der „Bim“ bietet einen authentischen Blick auf die Stadt. – Foto: Marie-Theres Heindl

Eine Sightseeing-Tour mit der „Bim“ bietet einen authentischen Blick auf die Stadt. – Foto: Marie-Theres Heindl

Von wo aus hat man einen großartigen Blick über die Stadt? Ist es ein Schloss? Oder ein Berg? Es gibt einen sehr einladenden Aussichtspunkt, den nur wenige Touristen kennen: das Dach des Einrichtungshauses IKEA beim Westbahnhof. Man kann mit dem Aufzug kostenlos in die oberste Etage (die siebte) fahren und hat von dort einen weiten Blick über fast ganz Wien.

Zudem ist auf dieser Dachterrasse an Toiletten (gratis), Getränkeautomaten, eine Kaffeebar und Sitzbänke gedacht, weshalb es sich perfekt entspannen lässt. Außerdem befindet sich in dem Gebäude ein gepflegtes Hostel namens „Jo&Joe“.

Maritim in Wien. – Foto: Christian Silvester

Maritim in Wien. – Foto: Christian Silvester

Wieder unten auf dem Boden angelangt, ist es Zeit für Sightseeing der etwas anderen Art: einfach in eine beliebige Straßenbahn („Bim“, wie es in Wien heißt) steigen und die Häuser von Bezirk zu Bezirk ohne konkreten Plan betrachten – viel authentischer als in jedem Sightseeing-Bus. Eine 72-Stunden-Karte für die Wiener Linien kostet 17,10 Euro. Am besten mit der Linie 5 vom Praterstern bis zum Westbahnhof fahren, dann sieht man das ganz alltägliche Wien.

Mit dem Boot zur UNO

80 Meter über der Erde schwebt es sich ziemlich schwerelos über den Prater. – Foto: Marie-Theres Heindl

80 Meter über der Erde schwebt es sich ziemlich schwerelos über den Prater. – Foto: Marie-Theres Heindl

Wenn man ein Freund der Flussfahrt ist, aber wenig Lust auf die geschwätzige Moderation und schlüpfrigen Witze eines „Schippers Hamburger Art“ verspürt, hat Wien „an der schönen blauen Donau“ etwas zu bieten, wo man selbst die Ruhe auf dem Wasser für sich hat.

Man fährt mit der U1 zur Station „Alte Donau“ (in der Nähe des UNO-Zentrums) und verlässt den U-Bahnhof: in unmittelbarer Nähe gibt es zwei Schiffsvermietungen. Hier kann man mit kleinen Elektrobooten herrlich fahren (bei „Marina Hofbauer“ kostet eine Stunde 32 Euro).

Die Alte Donau ist, wie der Name sagt, ein ruhiges Altwasser. Hier tuckert man entspannt dahin, vorbei an kleinen Häusern mit Anlegestellen und schicken Neubauten – das Ganze vor einer beeindruckenden Hochhaus-Skyline.

Prater ist nicht gleich Prater

„Fernsicht“ auf das berühmte Prater Riesenrad. – Foto: Marie-Theres Heindl

„Fernsicht“ auf das berühmte Prater Riesenrad. – Foto: Marie-Theres Heindl

Wer Prater hört, denkt mit Sicherheit sofort an das berühmte Riesenrad und den Vergnügungspark, was aber nicht die ganze Geschichte ist. Ursprünglich war der Prater eine Waldfläche (von lateinisch „pratrum“ für Wiese), die für Adelige und andere hochgestellte Persönlichkeiten zum Jagen und nicht fürs Volk bestimmt war. Heutzutage ist der Prater ein etwa sechs Quadratkilometer großer Park im 2. Bezirk mit der etwa 4,4 Kilometer langen Hauptallee, die vom Praterstern zum Lusthaus führt und im Jahr 1538 entstand. Der Freizeitpark ist also nur ein Teil der ehemaligen Waldfläche. Fragt man die Einheimischen, nennen sie das Areal mit den Fahrgeschäften „Wurschtlprater“ wegen der Wurst-Buden und dem Unterhaltungsprogramm. Im großen grünen Rest des Praters gibt es nur Kastanien.

Für spannende Abwechslung ist gesorgt

Das „rote Wien“. – Foto: Marie-Theres Heindl

Das „rote Wien“. – Foto: Marie-Theres Heindl

Besonders auf dem „Wurschtlprater“ kann man eine Menge erleben. Beispielsweise eine Fahrt mit der „Wildalpenbahn, einem 80 Meter hohen Kettenkarussell oder einem 90 Meter hohen Fallturm – mit Wahnsinnspanorama vor dem großen Sturz.

 In der österreichischen Hauptstadt gibt es (im Bild der Augartenspitz im 2. Bezirk) rund 220 000 Wohnungen, die staatlich gefördert sind. – Foto: Marie-Theres Heindl

In der österreichischen Hauptstadt gibt es (im Bild der Augartenspitz im 2. Bezirk) rund 220 000 staatlich geförderte Wohnungen. – Foto: Marie-Theres Heindl

Restaurants für ein entspanntes Abendessen sind auch vorhanden, zum Beispiel das „Schweizer Haus“, das „Gösser Eck“ (benannt nach dem österreichischen Kult-Bier) oder der „Englische Reiter“, alle drei richtige Wiener „Beisln“, einfache Wirtshäuser mit typischer Wiener Küche. Hier sieht man sehr viele Einheimische, nicht nur Touristen. Der Prater ist Wien pur.

Aber am besten schlendert man einfach nur hindurch und lässt sich überraschen. Auch die Wiener Jugend trifft sich hier. Zwischen den Kastanienbäumen auf der Hauptallee sieht man von Joggern, Gassi-Gehern, Radfahrern, Reitern und anderen Einheimischen alles und jeden.

Die ganz normalen Leute: Gemeindebau und Alltag

Der Stephansdom ist das spirituelle wie auch geografische Zentrum Wiens. – Foto: Dieter Warnick

Der Stephansdom ist das spirituelle wie auch geografische Zentrum Wiens. – Foto: Dieter Warnick

Geht man auf die gesellschaftliche Ebene, spricht man hin und wieder vom „roten Wien“, da hier seit 1919 fast durchgehend die SPÖ regiert, das österreichische Pendant zur SPD (sie nennt sich gerne die „Wien-Partei“).

Und da das „S“ in SPÖ für sozial(demokratisch) steht, gibt es in Wien mehr als 2300 sogenannte Gemeindebauten mit rund 220 000 staatlich geförderten Wohnungen mit günstigen Mieten. Diese erkennt man etwa an der Aufschrift „Wohnhaus der Gemeinde Wien, errichtet in den Jahren (…)“.

Der größte Wohnblock der Welt

 Gehören zum Stadtbild einfach dazu: die Fiaker. – Foto: Dieter Warnick

Gehören zum Stadtbild einfach dazu: die Fiaker. – Foto: Dieter Warnick

Ein besonders imposanter Wohnkomplex ist der „Karl-Marx-Hof“ im 19. Bezirk (direkt am Bahnhof Döbling). Er wurde 1930 eröffnet und ist mit 1325 Wohnungen, rund 5500 Bewohnern und einer Länge von 1,2 Kilometern der größte zusammenhängende Wohnblock der Welt.

Der Besuch eines der zahlreichen Cafehäuser ist bei einem Wien-Besuch Pflicht. – Foto: Dieter Warnick

Der Besuch eines der zahlreichen Cafehäuser ist bei einem Wien-Besuch Pflicht. – Foto: Dieter Warnick

Dieser grenzt sich mit seiner roten und gelben Farbgebung, Fahnentürmen, Toren, Bögen und Einrichtungen wie Kindergärten und Beratungsstellen sowie einer ein Hektar großen Grünfläche inmitten des Ensembles gewaltig von einem üblichen Wohnhaus ab. Vor allem wegen seiner Entstehungszeit und seiner eindrucksvollen Architektur kann man ihn als „Arbeiterpalast“ verstehen.

Um mit Original-Wienern ins Gespräch zu kommen, setzt man sich einfach an einen belebten Platz, etwa den Schwedenplatz (Linie U1 und U4) im Stadtzentrum oder besucht einen der kleinen verlockenden Viktualienmärkte wie den Rochusmarkt im 3. Bezirk (U3).

Funfacts: Wichtiges in Kürze und weitere Tipps

Es grüßen Kaiserin Sisi und Kaiser Franz Joseph. – Foto: Dieter Warnick

Es grüßen Kaiserin Sisi und Kaiser Franz Joseph. – Foto: Dieter Warnick

Hans Hölzel, besser bekannt als Falco (1957-1998), fand, wie viele berühmte Persönlichkeiten, auf dem Zentralfriedhof seine letzte Ruhestätte. – Foto: Christine Schiegl

Hans Hölzel, besser bekannt als Falco (1957-1998), fand, wie viele berühmte Persönlichkeiten, auf dem Zentralfriedhof die letzte Ruhestätte. – Foto: Chr. Schiegl

Zunächst sollte man sich bei einem Wien-Besuch mit den „Bezirken“ vertraut machen. Die Stadt ist in insgesamt 23 sogenannte Gemeindebezirke (Stadtviertel) eingeteilt. Der erste bildet das Zentrum, und um diesen herum kreisen der zweite, dritte, vierte und so weiter.

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass Wien wie Berlin oder Hamburg ein Stadtstaat und somit eines der neun österreichischen Bundesländer ist.

Die Bezirke sind in einem Kreismuster angelegt und haben auch entsprechende Namen. Zum Beispiel heißt der 7. Bezirk „Neubau“ und ist für seine künstlerische und alternative Szene bekannt. Dort kann man in der Mariahilfer Straße kilometerweit zum Shoppen gehen.

Der Zentralfriedhof (250 Hektar und 330 000 Gräber) ist einer der größten Friedhöfe der Welt, wo die Totenruhe aber ständig von Flugzeugen des nahen Wiener Flughafens Schwechat gestört wird. Einen tollen Blick hat man auch vom Kahlenberg; von dort aus wurde Wien 1683 von den Osmanen befreit, die die Stadt belagerten.

Die Wiener lieben Bargeld

Auch das sollte erwähnt werden: die Wiener lieben Bargeld. An den meisten Würstelbuden und in weiteren Geschäften heißt es „Cash only“. Amüsant ist, dass ausgerechnet hier „Wiener“ Würste tatsächlich „Frankfurter“ heißen. Und: seit Kurzem lernen die Österreicher etwas kennen, das für Deutsche schon lange zum Alltag dazugehört: Flaschen- und Dosenpfand.

Raushier-Reisemagazin

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