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Im Norden Hollands: Tulpen und Meer auf dem Noordoostpolder

Wie angemalt wirkt die Landschaft mit ihren farbenprächtigen Matten aus roten, gelben, violetten oder orangenen Tulpenblüten, die sich scheinbar bis zum Horizont auf den Feldern des Noordoostpolders ausgerollt haben. Es ist Frühling im Norden Hollands. Und besonders in dieser Region wachsen die beliebten Blumen, bevor sie geerntet in alle Welt versendet werden. Besonders am 27. April, dem Königstag, stehen die Tulpen hier in voller Blüte und erfreuen Augen und Sinne.

Rotes Tulpenmeer.

Rotes Tulpenmeer.

Auf 101 Kilometer kann man kreuz und quer durch die Blumenfelder dieses recht jungen Landstücks der Niederlande fahren. Vor gut 70 Jahren war hier noch Wasser. Erst 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, begann man dieses Gebiet zu entwässern, trocken zu legen und für die Besiedlung und die Landwirtschaft nutzbar zu machen.

Geprägt von ländlichem Leben ist hier das weniger bekannte, aber nichts desto weniger erlebnisreiche Tulpenpanorama zu finden. Die meisten Touristen besuchen den Bollenstreek bei Leiden und den Keukenhof. Hier im Norden, wo die ausgedehnten Tulpenfelder alljährlich von Mitte April bis Mitte Mai blühende Landschaften erzeugen, kommen nicht ganz so viele Reisende hin, am besten ist es unter der Woche zu ertragen. Dann hat man die Gegend fast für sich alleine. Mit dem Auto ab dem Ort Bant auf einer ausgeschilderten Route oder mit dem Fahrrad entlang der blühenden Felder zu radeln ist eine erlebnisreiche Erfahrung. Sogar mit der Kutsche kann man die Blütenpracht durchqueren. An den meisten Feldern ist ein Halt möglich, um direkt in die Felder zu laufen und in die blühenden Tulpenmeere einzutauchen.

Im Ort Creil ergibt sich eine gute Gelegenheit für einen Aufenthalt. Denn hier befindet sich quasi das Herz des Tulpenfestivals auf dem Noordoostpolder. Das Tulpeninformationszentrum liefert wertvolle Informationen zur Zucht, Pflege und zur Fahrtroute durch die Felder . Tatsächlich gibt es mehr als 2000 Tulpensorten in allen Farben und Varianten. Viele davon lassen sich im Showgarten vor dem Info-Zentrum bewundern und muten wie ein bunter Teppich an, durch den man sich staunend von Sorte zu Sorte vorarbeiten kann. Sogar mit dem Hubschrauber kann man am Wochenende einen kurzen Sechs-Minuten-Flug über die blühenden Felder unternehmen und sich das Panorama von oben betrachten. Pflücken darf man die Blumen hier allerdings nicht, ist die Versuchung auch noch so groß. Dafür gibt es aber im Ort Markenese einen eigens angelegten Pflückgarten, der Tulpenpluktuin, in dem man auf 5000 Quadratmetern mehr als 50 Sorten selbst hand anlegen darf.

Alles Tulpe – Merkmale und Herkunft

Violett erstrahlen die Tulpen.

Violett erstrahlen die Tulpen.

Die glockenförmigen, vier bis acht Zentimeter langen Blüten, die sich im April aus den zugehörigen, das giftige Tulpanin enthaltenden Zwiebeln schieben und den Betrachter erfreuen, stammen ursprünglich aus Zentralasien. Daher auch der aus dem persischen stammende Name „dulbend“, was soviel wie Turban bedeutet. Die wilde Tulpe ist allerdings selten geworden und unterscheidet sich in der Form auch deutlich von der bekannten, kelchförmigen Blüte. Heute findet man die inzwischen streng geschützte Pflanze vor allem noch im Alpenraum bis zu einer Höhe von 2000 Metern.

Die Tulpe war schon in grauer Vorzeit ein Zeichen der Liebeserklärungen. Sie wurde von vielen Dichter beschrieben und von Malern abgebildet. Schon in den Erzählungen von „Tausendundeinernacht „, etwa 1255 n. Chr., kommen Tulpen vor. Sie waren im Mittelalter in der Türkei sehr beliebt und sind in vielen alten türkischen Werken erwähnt. Sultan Selim II. soll 1574 allein 50000 Tulpenzwiebeln bestellt haben, und im 16. Jahrhundert gab es bereits über 1300 verschiedene Formen. In Europa wurde die Tulpe durch den belgischen Diplomaten Busbeck bekannt, der 1544 Samen der Pflanze nach Wien schickte. Sie verbreitet sich von dort aus nach England und Holland. In den Jahren 1637 bis 1643 gab es in Holland eine richtige Tulpenmanie. Alle, die Geld hatten, wollten auch Tulpen besitzen und es wurden horrende Summen bezahlt, allein für die Sorte „Semper Augustus“ 13000 Gulden, für „Admiral Enkhuizen“ 6000 Gulden und für „Vizekönig“ über 4000 Gulden. Wer tatsächliche einige Exemplare im Gartenbeet hatte, dem bereiteten Diebe schlaflose Nächte. Manch ein Gärtner soll sogar neben seinem Tulpenbeet geschlafen haben. Ende des 19. Jahrhunderts wurden in den Niederlanden gezielt neue Sorten gezüchtet. Die hochgewachsenen Tulpen kamen 1885 erstmals auf den Markt. Die heute den Hauptanteil aller Sortengruppen stellenden Triumph-Tulpen sind eine Kreuzung aus den ersten Züchtungen, den Darwin- und Breeder-Tulpen. In rot, gelb, weiß, orange, violett, pink und sogar braun oder schwarz gibt es sie sowie in zahlreichen Farbnuancen, nicht selten sogar zweifarbig.

Mehr und Meer

Der Leuchtturm von Urk.

Der Leuchtturm von Urk.

Tulpen im Norden Hollands sind ein spannendes und farbenprächtiges Erlebnis. Doch es gibt auf und um den Noordoostpolder noch mehr zu erleben. So zum Beispiel das Fischerdorf Urk, das früher eine Insel war, bevor das Gebiet um den Ort herum entwässert und zum bewohnbaren Land umgewandelt wurde. In dem kleinen, 20.000 Einwohner zählenden, an der Westseite des Noordoostpolders und am Ijsselmeer liegenden  Dorf bildet die Fischerei noch das wesentliche Gewerk. So kann man auch hier noch aktive Fischer im Hafen antreffen, die tagsüber ihre Boote reparieren oder Netze flicken. Markant ist auch der 1844 errichtete Leuchtturm, der weithin sichtbar ist. Durch die günstige Lage am südlichen Zipfel des Landstücks eröffnet sich ein ausgezeichneter Blick auf  das benachbarte Flevoland und gegenüberliegende Nordholland über das Ijsselmeer hinweg. Urkundlich erstmals 966 erwähnt gehörte die damalige Insel zur Hälfte dem in Köln ansässigen Pantaleon-Kloster, das dieses Landstück als Geschenk erhielt. Die fromme und sangesfreudige Bevölkerung des Ortes zeigt eine auffällige Offenherzigkeit.

Am Hafen von Urk.

Am Hafen von Urk.

Lohnend, wenn auch ein Stück zu fahren ist ein Abstecher nach Enkhuizen, der Ort am Zipfel von Nordholland, das dem Noordoostpolder gegenüber liegt. Hierher gelangt man über Lelystad in Flevoland in einer aussichtsreichen und spannenden Fahrt über den 27 Kilometer langen Houtribdijk, ein befahrbarer Damm, der das Markemeer vom Ijsselmeer trennt. Diese Fahrt über das Meer mit seinem einzigartigen Weitblick ermöglicht sogar einen Zwischenstopp auf einem mitten auf der Route gelegenen Rastplatz, der zu einer Pause mitten im Meer einlädt.

Der Ort Enkhuizen ist seine Anreise wert. Malerisch eröffnet sich dem Besucher der kleine Küstenort, der seit dem Jahr 1355 eine Stadt ist. Die Kirchen Zuiden- und Westkerk und das Stadttor Koepoort als markante Punkte, aber auch der kleine Hafen, der sich um den Ort herum schmiegt, Gässchen im Ortskern mit entzückenden Cafés und ein traumhafter Ausblick über zwei Meere lassen dieses Ziel zu einem Erlebnis-Aufenthalt für eine Stippvisite in Nordholland werden.

Kleine Insel vor Enkhuizen.

Kleine Insel vor Enkhuizen.

Tulpen, Meere und ein raues Klima – blühende Landschaften in einem sonst maritim geprägten Landstrich. Diese Gegensätze ziehen an, lassen die Region gerade im Frühling zu einem unverwechselbaren Bestimmungsort werden. Ein Erlebnis für die Sinne. See- und Blumenfreunde finden hier wie selten ein gemeinsames Reiseziel, ein Spektakel, das sich alljährlich wiederholt für einen kurzen Zeitraum, ein genussvoller Augenblick, ein blühender Moment in einer sonst kargen Landschaft. Die überwältigende Farbenpracht, gesunde Natur und Erholung pur sind es, die der Reisende hier auf einem Kurztrip vermittelt bekommt.

Kurz notiert

Wie kommt man hin? Am besten reist man von Deutschland aus über Flevoland und die Stadt Lelystad in Richtung Emmeloord auf den Noordostpolder und folgt der A5. Dort sollte man den Ort Bant aufsuchen, um die Tulpenroute zu starten.

Urk im Südwesten des Polders erreicht man über die N352.

Von Lelystad aus erreicht man auch über den Houtribdijk, der technisch als N302 bezeichnet wird, Enkhuizen.

Übernachten: Auf dem Noordostpolder findet man einige Übernachtungsmöglichkeiten. Einige Tipps finden sich hier: www.nach-holland.de/reisen/aufs-land/tulpenfelder/reisetipps-zur-tulpenbluete#hotel-noordoostpolder

Wer nicht auf dem Polder übernachten möchte, sondern 30 Minuten Fahrt in Kauf nimmt, um eine gute, aber preiswerte Unterkunft mit Charme und einer exzellenten Restauration zum kleinen Preis zu genießen, fährt ins nahe Friesland: hotelboschlust.nl

Tipps rund um die Tulpe

Alles rund um das Tulpenfestival inklusive einer detaillierten Fahrtroute findet man auf der offiziellen Seite des Noordoostpolders: www.vvvnoordoostpolder.nl/zien-en-doen/tulpenfestival%202016?sc_lang=de-DE

Gute Informationen liefert auch die Seite „nach Holland“: www.nach-holland.de/reisen/aufs-land/tulpenfelder

Urk & Enkhuizen

Informationen zum Ort Urk gibt es auf der touristischen Website der Stadt: www.touristinfourk.nl/beleef-en-ontdek/bezienswaardigheden

Über Enkhuizen informiert man sich am besten hier: www.vvvhartvannoordholland.nl/de/region/stadte-und-dorfer/enkhuizen

Allgemeine Informationen rund um die Region im Norden Hollands liefert auch das offizielle Tourismusportal der Niederlande: www.holland.com/de

Fotos: Philip Duckwitz

Raushier-Reisemagazin

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