zurück



Ultental: Uralte Bauernhöfe und biologischer Kräuteranbau

Fernab von großen Menschenansammlungen, weit weg von Hektik, Lärm und Stress, sind wir auf dem Ultner Höfeweg unterwegs, einem 18 Kilometer langen, aber völlig unbeschwerlichen Rundwanderweg, deren Waldstrecke ungefähr 100 Meter über der Talsohle durch die sonnigen Hänge von Innerulten führt. Hier sind wir der Natur und der inneren Harmonie so nahe wie es in unserer kurzlebigen Zeit eben nur geht.

Weit weg von Lärm und Stress

Typisch für das Ultental: die spekakuläre Bergwelt und tiefblaue Seen, wie hier der Grünsee.

Typisch für das Ultental: die spekakuläre Bergwelt und tiefblaue Seen, wie hier der Grünsee.

Die folgende Beschreibung einer herrlichen Wanderung durch duftenden Nadelwald kann natürlich nur eine Anregung sein, denn im Ultental, das wir mit dem Auto von Bozen her Richtung Meran ansteuern und dann die Straße bei Lana in südwestlicher Richtung nehmen, gibt es 650 Kilometer Wanderwege aller denkbaren Schwierigkeitsgrade. Der Ultner Höfeweg stellt wandertechnisch keinerlei Problem dar, ist zudem landschaftlich und volkskundlich sehr interessant.

Am Zoggler Stausee geht`s los

Idyllische Fotomotive findet man im Ultental auf Schritt und Tritt.

Idyllische Fotomotive findet man im Ultental auf Schritt und Tritt.

Los geht es am Parkplatz von Kuppelwies am Zoggler Stausee (1153 Meter hoch gelegen), und wir sind schon nach wenigen Minuten am Oberhof (1196 Meter), einem im Jahr 1673 fertig gestellten, hoch-herrschaftlichen Ansitz, der früher der Gerichtsbarkeit diente. Heute gehört das Denkmal geschützte Gebäude der Familie Lösch. Das Begrüßungskomitee, bestehend aus einem zutraulichen Hirtenhund und einer gackernden Hühner-Riege, macht die Oberhof-Bäuerin auf uns aufmerksam. Sie ist gerade in ihrem Kräutergarten zu Gange und erklärt uns bereitwillig und ausführlich, welche Pflanze und welches Kraut für welches „Gebrechen” gut ist. 30 verschiedene Kräuter, Blumen und Gewürze hat sie angebaut, und sich auf die Produktion von Tee spezialisiert. „Oh”, berichtigt sie uns sofort, „Tee dürfen Sie nicht sagen, Tee ist ein geschützter Begriff, wir dürfen nur das Wort Kräutermischung verwenden.” Das stört die Bäuerin aber wenig, “Hauptsache es ist gesund und hilft.”

„Wasserfall” für den Mann

Seit Jahrhunderten hat sich der bäuerliche Lebensraum im Ultental kaum verändert. Der Blumenschmuck an den alten Bauernhäusern ist ein optischer Leckerbissen.

Seit Jahrhunderten hat sich der bäuerliche Lebensraum im Ultental kaum verändert. Der Blumenschmuck an den alten Bauernhäusern ist ein optischer Leckerbissen.

Düfte von Salbei, Melisse und Pfefferminze ziehen an uns vorüber, Kamille- und Malvearomen könnten auch darunter sein. „Meine Renner sind der Magenfreund, das Kaminfeuer und der Sportlertrunk, diese Mischungen verkaufen sich am besten,” sagt die Bäuerin, ohne näher auf deren Wirkung einzugehen, „im Prinzip kann ich aber alles herstellen“. Sogar schmerzhaften Männerleiden kann durch eine besondere Kräuter-Mischung vorgebeugt werden. Ihre Mixtur mit dem einfallsreichen Namen „Wasserfall” soll bei Prostata-Erkrankungen Linderung schaffen.

Dass ihr Hobby natürlich sehr zeitintensiv ist, ist klar. „Das Geld, das ich einnehme, kann den Aufwand, den ich betreibe, in keinster Weise auffangen. Aber ich will nicht jammern, mir gefällt’s ja”, sagt sie. Auch ihr biologisches Kräutersalz und ihre selbst hergestellte Seife aus Extrakten der Ringelblume erfreuen sich großer Beliebtheit.

Vorbei an stattlichen Bauernhöfen

Durch saftige Wiesen führen Teile des Ultner Höfewegs.

Durch saftige Wiesen führen Teile des Ultner Höfewegs.

Jetzt müssen wir aber rasch weiter, denn die Sonne meint es fast zu gut mit uns, und wir haben noch einen Weg von zirka 17 Kilometern vor uns. Aber nachdem die Strecke alles andere als beschwerlich ist, sind wir guter Hoffnung, flott voranzukommen. In der Tat. Bis zu unserem ersten Erfrischungs-Stopp in St. Nikolaus (1256 Meter) dauert es nur mehr eine Stunde. Der Weg hat uns vorbei an alten, stattlichen, teils modernisierten Bauerhöfen mit dem für das Ultental typischen Schindeldächern geführt. Bildstöcke und Wegkreuze gibt es zu betrachten, und am Wegrand kann man die charakteristischen Ultner Holzzäune sowie moos-bewachsene Natursteinmauern beobachten. Und wir sehen immer wieder kleine Mohnfelder. Mohn wir deshalb angebaut, weil die süßen Mohnkrapfen, die daraus zubereitet werden, eine typisch Ultner Spezialität sind.

Die ein oder andere Anekdote

Der Ultner Höfeweg führt vorbei an uralten Bauernhöfen.

Der Ultner Höfeweg führt vorbei an uralten Bauernhöfen.

Ein kurzes Verweilen hier, eine kurzer Plausch mit Einheimischen dort – die Zeit vergeht im Nu. Bis zum Ziel unserer zweiten Etappe – St. Gertraud (1519 Meter) – müssen wir ein paar leicht ansteigende Höhenmeter bewältigen, aber lange schattige Abschnitte lassen noch keine Ermüdung aufkommen. In St. Gertraud haben wir eine Wegstrecke von 8,5 Kilometer hinter uns gebracht. Gut drei Stunden haben wir dafür benötigt.

Jetzt gibt es mehrere Optionen, wie der Tag weiter geplant werden soll. Eine Möglichkeit wäre der Besuch der weit über das Ultental hinaus bekannten Pilzhöfe, uralte, von der Sonne verfärbte bäuerliche Anwesen vergangener Jahrhunderte, die den Talschluss bilden. Dieser Ausflug nimmt aber einige Zeit in Anspruch und sollte an einem anderen Tag gemacht werden. Etwa mit dem Auto direkt nach St. Gertraud fahren und dann zu Fuß zu den Höfen spazieren.

Besser wäre ein längerer Aufenthalt in St. Gertraud mit einem Besuch der Pfarrkirche. Von dort den Blick ins Tal der Falschauer genießen, heißt: eins sein mit der fantastischen Natur Südtirols. Kindern zuliebe könnte man jetzt mit dem öffentlichen Bus zurück nach Kuppelwies zum abgestellten eigenen Auto fahren. Das dauert keine zehn Minuten. Zuvor sollte aber noch ein Abstecher in das Nationalparkhaus Lahner Säge drin sein, einem von vier Naturparkhäusern im Nationalpark Stilfserjoch.

2000 Jahre alte Lärchen

Idyllische Fotomotive findet man im Ultental auf Schritt und Tritt.

Idyllische Fotomotive findet man im Ultental auf Schritt und Tritt.

Ganz Eifrige, wie wir es sind, haben sich entschieden, auf der Schattenseite des Tals zurück zu unserem Ausgangpunkt zu wandern. Anfangs am Bach entlang laufend, sehen wir bald die Ultner Urlärchen beim Oberlahner. Die stattlichen, mehr als 30 Meter hohen Bäume, stehen dort seit etwa 2000 Jahren. Es sind angeblich die ältesten Nadelbäume Europas. Später entdecken wir den wildromantischen Klapfberg-Wasserfall und kommen an der Villa Hartungen vorbei. Der Arzt Dr. Christoph Hartung von Hartungen (1882 bis 1967) lebte hier und war eine äußerst angesehene Persönlichkeit. Er war befreundet mit seinem Kollegen Siegmund Freud, mit den Schriftstellern Heinrich und Thomas Mann sowie Frank Kafka, und mit dem österreichischen Maler Max Oppenheimer. Kafka war bei von Hartungen in Behandlung, der ein „Geheimtipp unter europäischen Hypochondern, Hysterikern, Neurasthenikern und Workaholics” war (Zitat aus der großen Kafka-Biografie von Reiner Stach).

Jetzt ist es nicht mehr weit

Im Ultental stehen angeblich die ältesten Nadelbäume Europas.

Im Ultental stehen angeblich die ältesten Nadelbäume Europas.

Von hier aus ist es nach St. Nikolaus nicht mehr allzu weit. Wer nicht mehr kann, nimmt halt jetzt den Bus, wer sich noch fit genug fühlt, die letzten eineinhalb Stunden in Angriff. Der Weg ist etwas an- und absteigend, im Schatten gelegen, und führt teils auf Forststraßen nach Kuppelwies.

Dort angekommen, hat man fast 18 Kilometer hinter sich gebracht – und einen phänomenalen Tagesausflug absolviert, von dem man noch lange schwärmen wird.

Informationen: Tourismusverein Ultental-Proveis, St. Walburg 104, I-39016 Ulten, Tel.: (0039 0473) 79 53 87; E-Mail: info@ultertal.it Fax +39 0473 795 049

Alle Fotos Tourismusverein Ultental-Proveis 

Raushier-Reisemagazin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert