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Koh Yao Noi: Wo der Hibiskus blüht

Wie sie da in Reih‘ und Glied aus dem Meer ragen und märchenhaft im Mondschein funkeln, erinnern sie mich an verwunschene Burgen voller zauberhafter Wesen. Erst wenige Stunden zuvor hatte sie die untergehende Sonne in ein warmes ockerfarbenes Licht getaucht.

Spektakel in der Bucht . Foto: Winfried Gertz

Spektakel in der Bucht. Foto: Winfried Gertz

Doch nicht nur am Abend und in der Nacht nehmen sie das staunende Publikum für sich ein. Einen Sonnenaufgang vor dieser Kulisse zu erleben, birgt Suchtpotenzial. Ich kann mich nicht sattsehen an den Kalksteininselchen, die in der Phang-Nga-Bucht zu jeder Tages- und Nachtzeit ihr Schauspiel vorführen. Hier oben, etwa zweihundert Meter von der Straße entfernt, die sich an der Ostküste Koh Yao Nois entlang schlängelt, habe ich mir einen erstklassigen Logenplatz ergattert.

Von den acht Bungalows, die Pramot vor einigen Jahren in den Dschungel hineinpflanzte, genieße ich gemeinsam mit Gästen aus Lettland, Schweden und Frankreich den unverstellten Blick aufs Meer. Etwas versteckt hinter den Inseln ist die Küste von Krabi zu erkennen. Wie Glühwürmchen blinzeln die Häuser von Ao Nang zu uns herüber.

Pramot, Inhaber des „Tabeak Viewpoint“ und hauptberuflich Polizist. Foto: Winfried Gertz

Pramot, Inhaber des „Tabeak Viewpoint“ und hauptberuflich Polizist. Foto: Winfried Gertz

Einsame Strände und wild wuchernder Hibiskus

Pramot, Inhaber des „Tabeak Viewpoint“, ist von Beruf Polizist. Morgens um acht tritt er seinen Dienst an im Revier des „Dorfs“, wie die rund 6000 Einwohner von Koh Yao Noi liebevoll den Hauptort ihrer Insel nennen. Auf dem Weg dorthin passiert Pramot Kautschukplantagen, einsame Strände und wild wuchernde Hibiskusbüsche, deren rote und gelbe Blüten in der Morgensonne um die Wette glänzen.

Auch sein Geburtshaus liegt auf dem Weg. Fröhlich winkt er seiner Mutter zu, die dort mit seiner Schwester lebt. Überhaupt geht es auf Koh Yao Noi beschaulich zu. Wer von Krabi oder Phuket im Westen auf die Insel übersetzt, sieht sich in ein Thailand versetzt, wie es vor dreißig Jahren einmal war.

Strände vom Massenandrang verschont. Foto: Winfried Gertz

Strände vom Massenandrang verschont. Foto: Winfried Gertz

Nein, die Insel würde sie nie verlassen, sagt mir Farida. Erst vor wenigen Wochen hat sie an der Hochschule in Phuket ihr Touristikstudium abgeschlossen. Gemeinsam mit Geschwistern und Eltern reist sie nächste Woche nach Bangkok, um bei einer großen Gala ihren „Hut“ entgegenzunehmen. Farida stehen nun viele Türen offen im boomenden Urlaubsparadies Thailand. Reiseveranstalter und Hotels rollen dem qualifizierten Nachwuchs den roten Teppich aus.

Und die Sterne schauen zu

Farida und Ihre Familie. Foto: Winfried Gertz

Farida und ihre Familie. Foto: Winfried Gertz

Auf ihre beruflichen Ziele angesprochen, wiegelt Farida zu meiner Überraschung ab. Statt dort, wo jährlich zigtausend Urlauber aus der ganzen Welt die schönsten Wochen des Jahres verbringen wollen, die Karriereleiter hochzuklettern, möchte sie lieber auf der Insel bleiben und sich stärker in den Familienbetrieb einbringen. Von der Vermietung einiger Bambushütten, Motor- und Fahrräder sowie von einigen Bootstouren in die vorgelagerte Inselwelt kann Faridas Familie sehr gut leben. Warum sollte sie sich für mehr aufreiben?

Sonnenaufgang vor atemberaubender Kulisse. Foto: Winfried Gertz

Sonnenaufgang vor atemberaubender Kulisse. Foto: Winfried Gertz

Wie Farida sind die allermeisten Bewohner Koh Yao Nois Muslime und bleiben am liebsten unter sich. Davon spüre ich jedoch wenig. Im Gegenteil: Freundlich und zuvorkommend werde ich empfangen. Auf die Idee, lediglich geduldet zu werden, käme ich nie. Als ich eines Abends mit dem geliehenen Motorroller an ihrem Haus vorbeikomme, winkt Farida mir zu und bittet mich abzusteigen. Mit ihrer Schwester Dida hat sie einige Fische auf den Grill gelegt, dazu gibt es Reis aus dem Dampftopf und in Austernsoße gegartes Gemüse. Ich bin herzlich eingeladen, mich dazu zu setzen. Es wird ein langer Abend, hier an der Ostküste Koh Yao Nois. Und die Sterne schauen uns zu.

Raushier-Reisemagazin