Ben Hur in den Alpen? Die Hände fest an der Lenkstange, flott rollt die kleine Gruppe hintereinander durch die Straßen von Serfaus in Tirol. Der kalte Fahrtwind bläst ins Gesicht und macht rote Backen, leise surrt der Elektromotor. Erhaben steht jeder auf seinem Gefährt, fast wie auf einem antiken Streitwagen.
Charlton Heston war zwar rasanter unterwegs – und auch die vier Schimmel fehlen. Trotzdem blicken Passanten immer wieder überrascht auf. Segways, also elektrische Stehroller, ziehen auch in Urlaubsorten noch die Blicke auf sich, gerade in Kombination mit Schnee.
Andreas Tschuggmall, kurz Andi, bietet auf dem Hochplateau Serfaus-Fiss-Ladis Segwaytouren in allen Variationen an. Und das auch im Winter. „Durch die weiße Landschaft zu fahren ist besonders reizvoll“, sagt er. Zunächst gibt’s eine Einweisung auf dem Parkplatz des Feuerwehrhauses in Fiss; von dort starten die Touren.
Für alle Altersklassen
Helm auf, Rückenprotektoren an und ab zur Testfahrt durch den Hütchenparcours. Andi lotet so aus, wie er seine Touren gestalten muss. „Ich sehe eigentlich sofort, was ich den Gästen zumuten kann und was nicht.“ Segwaytouren für jeden Anspruch – und für jedes Alter. „Ein Ehepaar – sie war 79, er über 80 – waren meine ältesten Gäste bisher. Auch die hatten den Dreh schnell raus“, erzählt Andi locker. Er hat etwas von einem Surflehrer im Schnee, geschmeidig, federnd, balancierend – wie seine Segways.
Einzig das Auf- und Absteigen ist für den Anfänger etwas heikel, steuern lässt sich ein Segway aber sehr intuitiv. Der Roller hält selbst die Balance, verlagert der Pilot sein Gewicht auf die Fußballen, beschleunigt die beiden Elektromotoren das Gefährt mit 4,5 Pferdestärken auf maximal 20 Kilometer pro Stunde. Lehnt er sich zurück, bremst der Segway – Mikrochips in der Bodenplatte erkennen die Gewichtsverlagerung. Die dynamische Lenkstange macht sogar Pirouetten auf der Stelle möglich. Ruckartig daran reißen sollte man trotzdem nicht.
Auf die Straße nach Serfaus
Nach der Testrunde geht es auf die Straße, in Richtung Serfaus. Auf dem Asphalt ist Segwayfahren ein Kinderspiel. Das Fahrgefühl erinnert ans Carving: Knie leicht gebeugt, weite, sanfte Bögen in einem Fluss, keine abgehackten Bewegungen. „Das ist wie Skifahren auf Rädern“, sagt Andi.
Er betreibt seine Station in Fiss seit sieben Jahren, nennt 16 Segways sein Eigen und beschäftigt bis zu drei Guides. Zuvor war er Mechaniker und das kommt ihm heute noch zu Gute. „Ich bin ein Tüftler und bastle viel an den Segways“, erzählt er. „Wenn ich etwas Neues entwickelt habe, stelle ich immer zuerst meine Frau auf das Gefährt.“ Geht das gut, ist die Neuerung auch reif für seine Gäste. So war es auch mit den Schneeketten. „Ich habe sie eigens für den Segway entwickelt und selbst produziert. Die gab es vorher nicht“, sagt Andi bevor es ins Gelände geht.
Tour mit Schneeketten
Oberhalb von Serfaus wird der Asphalt erst zu Schotter und dann zu einem erdigem Wanderweg. Das Fahren wird anspruchsvoller, der Segway gerät teils in Schräglage, Schrittgeschwindigkeit. Es liegt bereits Schnee, immer wieder blitzt der Untergrund durch. Es eröffnet sich der Blick auf die umliegenden Hänge, eine marmorierte Winterlandschaft. Wir halten an einem Aussichtspunkt inne. „Wenn richtig Schnee liegt, biete ich eine Tour über 35 Kilometer an. Es geht dann erst mal mit der Seilbahn hoch hinauf“, erzählt Andi. „Dabei kommen die Schneeketten garantiert zum Einsatz.“ Und die hatte nicht einmal Ben Hur.