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Unterwegs auf dem Neun-Drachen-Fluss

Vietnam ist laut. Und Saigon, Metropole im Süden und heimliche Hauptstadt, ist sogar sehr laut. Doch Ruhe und Natur warten nur rund 100 Kilometer im Südwesten: im Delta des Mekongs. Und das kann man kaum authentischer erleben als an Bord der Mekong Eyes.

Immer viel Trubel: Saigon.

Immer viel Trubel: Saigon.

Vietnam ist laut. Und Saigon, Metropole im Süden und heimliche Hauptstadt, ist sogar sehr laut. Lärm in allen Gassen, es scheint, als schreie der Saigoner gerne und viel. Und auch die Dauerbeschallung aus Lautsprechern ist offenbar ein Muss. Überall im Zentrum blitzen und blinken übergroße Werbebanner, als hätte die Kommunistische Partei den Kapitalismus zur Staatsideologie erkoren. Der Verkehr gleicht einem metallenen Lindwurm, ohne Anfang und Ende. Wer die Straße überqueren möchte, muss sich auf Gedeih und Verderb ins Getümmel werfen und den Slalomkünsten der motorisierten Zweiradfahrer vertrauen. So faszinierend das pulsierende Saigon auch ist, so anstrengend wird es nach einigen Tagen.

Die Mekong Eyes ist ein umgebauter Reisfrachter. Foto: Mekong Eyes

Die Mekong Eyes ist ein umgebauter Reisfrachter. Foto: Mekong Eyes

Doch Ruhe und Natur warten nur rund 100 Kilometer im Südwesten: im Delta des Mekongs. Dort spreizt sich der Strom, der sich im Hochland Tibets auf eine rund 4500 Kilometer lange Reise gen Süden macht, in neun Hauptarme auf. „Die Vietnamesen nennen ihn deshalb den Neun-Drachen-Fluss“, erklärt Luan und schiebt seine Brille auf dem Nasenrücken nach oben. Luan ist die kommenden zwei Tage der Mann für alle Fälle: Reiseführer, Rezeptionist, er hilft sogar als Bedienung und Barkeeper aus. Seine Gäste betreten in der Bezirkshauptstadt Cai Be gerade die Planken der Mekong Eyes, ein zum luxuriösen Flusskreuzfahrer umgebauter Reisfrachter.

Viel zu entdecken

Denn den Mekong kann man kaum authentischer erleben als im Auf und Ab seiner Wellen. Den Blick an der Reling gerichtet auf das Ufer und die Menschen, die in und am Wasser leben und arbeiten. Und zu entdecken gibt es viel: breite Wasserstraßen, unzählige kleine Kanäle, grüne Ufer und Fischerdörfer, Städte, schwimmende Märkte und leuchtende Reisfelder, üppiger Dschungel und Mangrovensümpfe.

Ziegeleien säumen das Ufer des Mekongs.

Ziegeleien säumen das Ufer des Mekongs.

Der Mekong ist die Ader, die das Leben bringt. Die gelbbraunen Fluten machen das Schwemmland in Vietnams Süden fruchtbar und drei Reisernten im Jahr möglich. Das Delta gilt als die südliche Reiskammer Vietnams – weltweit der zweitgrößte Reisexporteur nach Thailand. Im Vietnamkrieg war es eine Hochburg des Vietcong.

Die Mekong Eyes schippert gemütlich dahin. Immer wieder vorbei an Ziegeleien, die aussehen wie überdimensionierte Bienenkörbe, durch das Grün des Ufers stoßen und in den Himmel rauchen. Die Kies- und Sandfrachter kreuzen den Weg, so voll beladen, dass nur noch die Aufbauten aus dem Wasser ragen.

Der Reisanbau spielt für die Bewohner des Mekong-Deltas eine wichtige Rolle.

Der Reisanbau spielt für die Bewohner des Mekong-Deltas eine wichtige Rolle.

Der Trubel Saigons ist längst vergessen. Bald ruft Luan zum Landgang. Der Besuch eines Dorfes steht an. Für gefühlte 30 Meter zum Ufer im Sampan, dem traditionellen Ruderboot, müssen alle Passagiere eine neonfarbene Schwimmweste anlegen. Nur nicht Luan. Er trägt ja ein ebenso organgenes Polohemd der Reederei. Das muss reichen.

An Land marschiert er stramm vorneweg. Bei 35 Grad steht ihm bald der Schweiß auf der Stirn. Der Weg durch das Dorf ist akkurat planiert, gesäumt von Bäumen und Schilf. Über kleine Bäche führen Brücken, die viel Balance erfordern. Gebaut sind sie aus nur zwei Baumstämmen, schmal und windschief.

Die Häuser, die durch die Vegetation blitzen, sind teils neu, alle wirken gepflegt und zeugen von bescheidenem Wohlstand. Ihre Bewohner lächeln freundlich, ihrem Gesichtsausdruck ist aber auch eine Frage abzulesen: „Hier gibt es doch nichts Besonderes. Warum kommen diese Leute in unser Dorf?“

Unterwegs im Mekong-Dorf

Ein riesiges Hausschwein erschreckt die Touristen.

Ein riesiges Hausschwein erschreckt die Touristen.

Dabei kann es sogar hier spektakulär werden – je nachdem wie man das definiert zumindest. Plötzlich hüpft ein riesiges Hausschwein mannshoch auf die Mauern seines Pferchs und blickt neugierig in die großen Augen der erschrockenen Gäste. Zwischen zwei Ästen wartet in ihrem Netz eine Spinne auf Beute, groß wie ein Handteller.

Eine Touristin mittleren Alters merkt dies erst in einer Armlänge Entfernung und stößt einen spitzen Schrei aus. Und eine ältere Dame landet unter dem Gelächter der gesamten Gruppe bei der Besichtigung der Reisfelder knöcheltief im Schlamm. Dann ziehen die Eindringlinge von dannen, in der Hand eine Viertel Mango, die Luan bei einem Bauern gekauft hat. Der freut sich über das Geschäft, seine Nachbarn, dass wieder Ruhe einkehrt.

Der schwimmende Markt von Cai Rang: Boote über Boote.

Der schwimmende Markt von Cai Rang: Boote über Boote.

Doch am nächsten Morgen ist es damit schnell vorbei. Zumindest für die Passagiere der Mekong Eyes. Früh aufstehen, es wartet der Höhepunkt einer jeden Kreuzfahrt durch das Mekong-Delta: ein schwimmender Markt.

In Cai Rang angekommen ist kaum mehr Mekong-Wasser zu sehen. So groß ist das Gewirr auf dem Fluss. Fliegende Händler werden hier zu schwimmenden Händlern. Ihre Wasserfahrzeuge haben alle Größen: vom Sampan für nur einen Ruderer bis zum 30 Meter langen Frachtschiff. Der Laie könnte meinen, alle seien ohne Ausweg ineinander verkantet. Doch die großen und kleinen Kapitäne navigieren gekonnt von Geschäftspartner zu Geschäftspartner. Und zwischendurch schlängeln sich auch noch Frauen in Sampans und verkaufen Getränke und kleine Mahlzeiten.

Früchte an langen Stangen zeigen das Angebot

Handel über die Reeling: Ananas wechseln den Besitzer.

Handel über die Reeling: Ananas wechseln den Besitzer.

Angeboten wird auf dem Markt alles, was im Mekong-Delta wächst. Auf den Booten gibt es Kohl und Ananas, Tomaten und Melonen, Süßkartoffeln, Maniok und Bananen. Damit jeder weiß, bei wem er was bekommt, baumeln einzelne Früchte an langen Stangen hoch über Deck. Manche Händler feilschen laut und lebhaft miteinander, dazu das sonore Tuckern der Bootsmotoren. Die Frauen tragen spitze Kegelhüte, gemacht aus Palmenblättern und ein Wahrzeichen Vietnams. Eine entsorgt eine faule Tomate in hohem Bogen im Mekong. Und Luan kauft wieder Früchte für alle, diesmal Ananas. Dem Treiben könnte man ewig zusehen. Aber ruhig ist es hier nicht mehr. Genau der richtige Vorgeschmack auf die Rückkehr nach Saigon.

Informationen: Mekong-Kreuzfahrten in verschiedenen Varianten können unter www.mekongeyes.com gebucht werden. Mehr Informationen auch per E-Mail unter germany@mekongeyes.com.

Fotos: Kathrin Schierl, Mekong Eyes (1)

Raushier-Reisemagazin

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