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Buchtipp: „Lampedusa oder die Illusion von Glück“ von H.-H. Holzamer

Lampedusa – Dutzende afrikanische Flüchtlinge werden nach einem Schiffbruch vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa vermisst. Verheerendes Flüchtlingsdrama an der türkischen Mittelmeerküste: Mindestens 61 Menschen – darunter gut die Hälfte Kinder – sind am Donnerstag beim Untergang eines Flüchtlingsbootes in der Nähe von Izmir ertrunken.

Hans-Herbert Holzamer: „Lampedusa oder die Illusion von Glück“.

Hans-Herbert Holzamer: „Lampedusa oder die Illusion von Glück“.

Zwei Meldungen huschen durch die Weltpresse. Ihr Nachhall ist gering. Von den mehr als 100 Toten ist am Tag darauf keine Rede mehr. Fast so, als wäre es vielen in Europa und sonst wo egal. Mehr noch: Fast so, als käme es vielen zupass, wäre hilfreich für die eigenen Pläne. Dann muss man nur einen Schritt weiter denken, und man ist beim Thema des Romans „Lampedusa oder die Illusion von Glück“ von Hans-Herbert Holzamer, der in diesen Tagen in die Buchhandlungen und in den Online-Verkauf kommt.

Der Inhalt: Juve Javenal und seine Braut Jana Tanabahi aus Shyorongi in Ruanda wollen nach Europa und ihr vom Bürgerkrieg zerrissenes Land verlassen. Sie lassen sich auf Fluchthelfer ein, die mit chinesischen Rohstoffsuchern zusammenarbeiten, und kollidieren mit europäischem Widerstand gegen die Migration über das Mittelmeer. Der Traum vom privaten Glück zerschellt an der Gewalt politischer Mächte. Sie werden zum Spielball. Ihr wichtigster Gegenspieler ist der Israeli Ari Sneider, der vor dem Hintergrund seiner eigenen Geschichte sich in den Dienst derer stellt, die eine ethnische und kulturelle Veränderung durch Flüchtlinge mit allen Mitteln verhindern wollen. Doch ihn quält die Frage, ob er in diesem Krieg auf der richtigen Seite steht.

Der Autor, langjähriger Redakteur der WELT und der Süddeutschen Zeitung, thematisiert den Konflikt zwischen der Zukunfts- und Glückssuche eines jungen, einfachen Paares, Interessen der Macht und den geltenden, den Status bewahrenden Regeln des Rechts. Es hinterfragt landläufige Gewissheiten und stellt bislang übersehene Zusammenhänge zwischen Ereignissen und Entwicklungen dar. Es verbindet tatsächliches Geschehen mit einer fiktiven Geschichte, erreicht dadurch eine Intensität der Darstellung, die einem Sachbuch nicht gelingen könnte, und beschäftigt den Leser länger und intensiver als die Lektüre einer weiteren „Unglücksmeldung“ vor Lampedusa.

Hans-Herbert Holzamer: „Lampedusa oder die Illusion von Glück“. LechnerPublishing, München, 2012, ISBN 978-3-926858-69-6, 14,95 Euro.

Raushier-Reisemagazin

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