zurück



Bad Kissingen, 5. Teil: Salz und Bismarck

Der Kissinger Raum war und ist reich an natürlichen Mineralquellen, die auf natürlichem Wege zutage treten. Diese wurden schon vor 1000 Jahren genutzt. Von den Solequellen diente auch ein Teil der Salzerzeugung.

Zur Salzgewinnung wurden Gradierwerke eingesetzt. Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert. Damals wie heute ist der Vorgang gleich: Das salzhaltige Wasser (Sole) aus der Quelle wird auf aufwendigen Holzkonstruktionen ganz nach oben gepumpt und rieselt mittels Reisigbündeln herab. Durch die feine Zerstäubung von Salz und die Verdunstung des Wassers in der Luft entsteht ein gesundes Mikroklima.

Gradierwerk spielt eine wichtige Rolle

Das Museum Obere Saline ist eine museale Einrichtung im Bad Kissinger Stadtteil Hausen. Das Museum befindet sich im Gebäude der Oberen Saline und besteht aus den Abteilungen „Bismarck-Museum“, „Salz und Salzgewinnung“, „Heilbad Kissingen“, „Weltbad Kissingen“ und „Spielzeugwelt“. – Foto: Dieter Warnick

Das Museum Obere Saline ist eine museale Einrichtung im Bad Kissinger Stadtteil Hausen. Das Museum befindet sich im Gebäude der Oberen Saline und besteht aus den Abteilungen „Bismarck-Museum“, „Salz und Salzgewinnung“, „Heilbad Kissingen“, „Weltbad Kissingen“ und „Spielzeugwelt“. – Foto: Dieter Warnick

Erstmalige Erwähnung fanden zwei Salinen schon im Jahr 823. Das weltweit erste bekannte Gradierwerk entstand 1563 im Bereich der heutigen Unteren Saline. Von hier aus verbreitete sich die neue Technik in ganz Europa. Die kommerzielle Salzherstellung endete 1869, weil die Produktion nicht mehr rentabel war. Bis 1968 wurde die Salzgewinnung für Kurzwecke zwar fortgesetzt, dann aber eingestellt. Seitdem spielt das Gradierwerk jedoch eine wichtige Rolle bei der Sole-Inhalation. Das Sudhaus an der Unteren Saline ist gut erhalten und kann besichtigt werden.

Die Obere Saline – Bauherr war der Würzburger und Bamberger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1708 – 1779) – wurde 1764 als zweite Salz-Produktionsstätte erbaut; 1772 ließ er zudem einen Wohntrakt und ein Kurquartier einrichten.

15 Kuraufenthalte des Reichskanzlers

Bad Kissingen war die erste Stadt, die Reichskanzler Bismarck ein Denkmal gesetzt hat. – Foto: Stadtarchiv Bad Kissingen / Roland Halbritter

Bad Kissingen war die erste Stadt, die Reichskanzler Bismarck ein Denkmal gesetzt hat. – Foto: Stadtarchiv Bad Kissingen / Roland Halbritter

Apropos Kurquartier: 100 Jahre später verbrachte dort, in der Oberen Saline, Otto Fürst von Bismarck (1815 – 1898), Reichsgründer und Reichskanzler (von 1871 bis 1890), insgesamt 15 Mal (zusammen 66 Wochen) einen Kuraufenthalt; den ersten 1874 (Quartier noch in der Stadt), den letzten 1893.

Ab 1876 logierte Bismarck mit seinem „Hofstaat“ in der Oberen Saline. Natürlich konnten die politischen Geschäfte nicht ruhen, während Bismarck in Bad Kissingen weilte. Und damit verlagerte sich der politische Schwerpunkt des Deutschen Reiches für einige Wochen im Jahr in die kleine unterfränkische Stadt.

Überarbeitet und notorisch krank

Der Festsaal bildet das Herzstück der von Bismarck genutzten Wohnung. – Foto: Rudi Merkl

Der Festsaal bildet das Herzstück der von Bismarck genutzten Wohnung. – Foto: Rudi Merkl

Bismarck weilte deshalb so oft zur Kur, weil er durch sein hohes politisches Amt so sehr beansprucht war, dass er überarbeitet und dadurch notorisch krank war. Er litt an nervösen Reizzuständen, an neuralgischen Gesichtsschmerzen, an Magen- und Darmbeschwerden. Erholung fand er in Bad Kissingen.

Vor allem Solebäder taten ihm gut, aber auch, oder besser gesagt, weil er seine Lebensgewohnheiten auf ärztlichen Rat umfassend änderte. Essen, Trinken, Ruhe, Arbeit, Schlaf – alles war genauestens geregelt. Die Bäder nahm Bismarck in einer besonders großen Wanne, die gemauert und in den Boden eingelassen war.

Es begann mit einem Attentat

Im Arbeitszimmer empfing Bismarck Gäste zu informellen politischen Gesprächen. Hier diktierte er auch seinem Sohn das „Kissinger Diktat“. – Foto: Rudi Merkl

Im Arbeitszimmer empfing Bismarck Gäste zu informellen politischen Gesprächen. Hier diktierte er auch seinem Sohn das „Kissinger Diktat“. – Foto: Rudi Merkl

Was muss der Reichskanzler wohl gedacht haben, als er bei seinem ersten Aufenthalt in Kissingen durch einen Pistolenschuss – es war der 13. Juli 1874 – verletzt wurde. Das Projektiv verfehlte das Ziel; bis auf eine kleine Verletzung am rechten Handgelenk blieb Bismarck unverletzt.

Der Täter, Eduard Kullmann, ein junger Böttchergeselle aus Magdeburg, erhielt eine lange Zuchthausstrafe.

„Kissinger Diktat“

In der Ausstellung „Heilbad Kissingen“ werden Originalgläser gezeigt, aus denen früher von den  Heilbrunnen getrunken wurde. – Foto: Rudi Merkl

In der Ausstellung „Heilbad Kissingen“ werden Originalgläser gezeigt, aus denen früher von den Heilbrunnen getrunken wurde. – Foto: Rudi Merkl

Die Obere Saline war während seiner Aufenthalte in Bad Kissingen mit allen technischen Notwendigkeiten ausgestattet – die Politik durfte ja nicht ruhen. Ein eigenes Büro war selbstverständlich, eine Telegrafenleitung war gelegt worden, ein Postkurier stand ständig zu seiner Verfügung.

Mit dem „Kissinger Diktat“ vom 15. Juni 1877 kam Bad Kissingen auch politisch in die Schlagzeilen. Bismarck diktierte seinem Sohn Herbert (1849 – 1904), der als Sekretär und persönlicher Referent tätig war, einen Schriftsatz, der wichtige Grundzüge seiner außenpolitischen Konzeption enthielt.

Ein wahrer Hype

Bismarck war in Bad Kissingen unzweifelhaft ein gern gesehener Gast und löste mitunter einen regelrechten Hype nach ihm aus. Ohne Beispiel war eine Massenkundgebung am 24. Juli 1892, als in sechs Sonderzügen mit 111 Waggons 4293 Bismarck-Verehrer aus Baden, Hessen, Thüringen und der Pfalz anreisten, um dem Reichskanzler zu huldigen.

Museum Obere Saline

Die Räume der Spielzeugwelt befinden sich im Dachgeschoss und präsentieren handgefertigtes Spielzeug aus der Rhön und aller Welt. – Foto: Rudi Merkl

Die Räume der Spielzeugwelt befinden sich im Dachgeschoss und präsentieren handgefertigtes Spielzeug aus der Rhön und aller Welt. – Foto: Rudi Merkl

Ein beliebtes Ausflugsziel ist die Obere Saline. Neben anderen Attraktionen und musealen Sehenswürdigkeiten zu den Themen „Salz und Salzgewinnung“, „Heilbad Kissingen“, „Weltbad Kissingen“ und „Spielzeugwelt“ ist vor allem ein ausgedehnter Besuch des Bismarck-Museums ein Muss. In diesem sind unter anderem die historischen Wohnräume des Reichsgründers mit der originalen Einrichtung zu sehen. Seine Wohnsituation ist als geschichtlicher Originalschauplatz von nationaler Bedeutung.

Informationen: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH, Im Luitpoldpark 1, 97688 Bad Kissingen; Tel.: (0971) 804 8444; Internet: www.badkissingen.de; E-Mail: tourismus@badkissingen.de. – Museum Obere Saline (mit Bismarck-Museum), Obere Saline 20, 97688 Bad Kissingen; Tel.: (0971) 807 1230; Internet: www.museum-obere-saline.de und www.bismarck-museum.de; E-Mail: mos@stadt-badkissingen.de

 

 

Raushier-Reisemagazin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert