Wer kennt es nicht, das weltbekannte Glockenspiel im Rathaus am Marienplatz in München. Täglich um 11 und um 12 Uhr ertönen jeweils vier unterschiedliche Stücke und Lieder. Im mittelfränkischen Fürth erklingt seit 2007 im Rathaus, immer um 12:04 Uhr, der Rockklassiker Stairway to Heaven von Led Zeppelin. Gar fünf Mal täglich läuten die Glocken auf dem Dach des neuen Rathauses im baden-württembergischen Pforzheim. Dabei werden acht Liederbänder eingesetzt, die thematisch den jeweiligen Jahreszeiten angepasst sind.
Um 12:05 Uhr ist es soweit
Auch die Stadt Cham im Bayerischen Wald lässt sich diesbezüglich nicht lumpen, um ein Musikstück als Glockenspiel intonieren zu lassen. Wer sich um genau 12:05 Uhr am Marktplatz einfindet, der kann sich an der französischen Nationalhymne, der Marseillaise, erfreuen. Das revolutionäre Kriegslied, im Jahr 1792 von Rouget de Lisle, einem in Straßburg stationierten französischen Offizier, komponiert, hieß ursprünglich „Chant de guerre pour l’armée du Rhin“ („Kriegslied für die Rheinarmee) und war angeblich Nikolaus Graf von Luckner (geb. am 12.1.1722 in Cham, hingerichtet am 4.1.1794 in Paris) gewidmet.
Graf Luckner war ein deutscher Offizier in bayerischen, niederländischen, hannoverschen und französischen Diensten. Seine Kinder- und Teile seiner Jugendzeit verbrachte er in Cham, ehe er mit 15 Jahren eine militärische Laufbahn startete, die ihn 1763 an den Hof des französischen Königs Ludwig XV. brachte und er 1791 sogar zum Marschall erkoren wurde.
Graf Luckner begegnet man auf Schritt und Tritt
Dem Grafen, dessen neu errichtetes Geburtshaus (seine ursprüngliche Geburtsstätte war im Jahr 1873 abgebrannt) sich am Ende der Straubinger Straße (Nummer 2) befindet, begegnet man im Zentrum auf Schritt und Tritt – die bunten und lebensgroßen Luckner-Figuren mit prächtigen Uniformen gehören seit vielen Jahren schon zum Stadtbild.
Wer genau hinsieht, entdeckt den berühmtesten Sohn der Stadt auch am extravaganten Marktplatzbrunnen wasserspeiender Figuren. Dort schaut er zum Glockenspiel am Rathausfirst empor und wartet quasi jeden Tag auf die Marseillaise.
Weitere Brunnen-Figuren sind die Waldhexe mit ihren Kindern und der Bilmesschneider, eine bayerische Sagengestalt.
Acht Kirchen
Natürlich hat Cham noch weitaus mehr zu bieten als einen toten Marschall und einen außergewöhnlichen Brunnen. Nämlich acht Kirchen, die sich auf das Stadtgebiet „verteilen“ – eine stattliche Anzahl für einen Ort, der gerade einmal 17 500 Einwohner zählt.
Auch ein Kloster gibt es, das mächtige Redemptoristenkloster in der nördlichen Altstadt; die daran angeschlossene Kirche Maria Hilf ist weithin sichtbar und prägt das Stadtbild. Die älteste Kirche ist die Pfarrkirche St. Jakob, die bereits 1210 urkundlich Erwähnung fand. Die im neugotischen Stil erbaute evangelische Erlöserkirche wurde im Jahre 1892 eingeweiht und ist die älteste evangelische Kirche im Bayerischen Wald.
Ganz besondere Fenster
Etwas ganz Besonderes stellen die 14 Fenster in der Pfarrkirche St. Josef dar. Dank einer Großspende wurden im April 2024 Glasfenster der deutsch-iranischen Künstlerin Mahbuba Maqsoodi (Jahrgang 1957) eingebaut. Sieben Fensterpaare korrespondieren miteinander. Auf der rechten Seite werden einige Verheißungsträger aus dem Alten Testament gezeigt, links erscheinen neutestamentliche Motive, in denen sich die Göttlichkeit Jesu offenbart.
Große Zerstörungen
Vor über 1000 Jahren wurde Cham erstmals erwähnt; schon damals brachte die günstige Lage an einer wichtigen Handelsstraße nach Böhmen viele Vorteile. Erstmals mussten Handel und Gewerbe Einbußen hinnehmen, als die Kriege gegen die Hussiten (1419-1436) zu großen Zerstörungen führten (unter dem Begriff Hussiten werden verschiedene reformatorische beziehungsweise revolutionäre Bewegungen im Böhmen des 15. Jahrhunderts zusammengefasst).
Desaströs wirkte sich natürlich auch der Dreißigjährige Krieg 100 Jahre später aus – Cham wurde 1742 zu großen Teilen zerstört.
Pandurenführer Franz Freiherr von der Trenck (1711-1749), ein kaiserlicher Offizier und Freischärler, ließ die Stadt plündern und setzte sie in Brand (als Panduren werden bewaffnete Leibwächter in Ungarn genannt).
Die Bürger lassen sich nicht unterkriegen
Doch die Einwohner Chams ließen sich von all den kriegerischen Auseinandersetzungen nicht einschüchtern und bauten ihre Stadt mehrmals auf; Handwerk und Handel fassten in schlechten Zeiten immer wieder Fuß.
Erst recht, als Cham 1861 an das Eisenbahnnetz angebunden wurde. Ein großes Spektakel war zum Beispiel der Rindermarkt, der einmal im Monat stattfand, und bei dem zirka 1000 Kühe, Ochsen und Stiere ins Zentrum getrieben und dort feilgeboten wurden.
Die „Stadt am Regen-Bogen“
Heute verbindet sich Altes mit Neuem auf wenig Raum, mitunter geht es ziemlich eng zu. Der Handel blüht – in der Innenstadt gibt es so gut wie keine Leerstände – und Cham hat sich einen Namen als Schulstadt gemacht. Ferner haben sich in den vergangenen Jahrzehnten viele Metall verarbeitende Betriebe in der „Stadt am Regen-Bogen“ – der Fluss Regen macht eine gewaltige Schleife – angesiedelt. Die Arbeitslosenquote liegt unter drei Prozent.
In und um Cham breitet sich eine abwechslungsreiche Waldlandschaft aus. Den besten Blick auf Natur und Stadt hat der Besucher vom Aussichtsturm Luitpoldhöhe aus, der zu Fuß vom Zentrum in einer guten Dreiviertelstunde erreicht ist. Bei klarem Blick sind die Berge des oberen Bayerischen Waldes gut auszumachen, und dem Betrachter liegt Cham zu Füßen. Gebaut wurde der Turm in den Jahren 1901/02 zu Ehren des Prinzregenten Luitpold von Bayern (1821-1912), der natürlich auch nach ihm benannt ist. 140 Stufen führen hinauf zur Aussichtsplattform.
Informationen: Tourist-Info Cham, Kirchplatz 1, 93413 Cham, Tel.: (09971) 85 79 410; E-Mail: tourist@cham.de; Internet: www.tourismus-cham.de
Gastro-Tipp
Hotel Randsbergerhof, Fam. Wittmann, Randsbergerhofstr. 15-19, D-93413 Cham, Tel.: (09971) 8 57 70, E-Mail: info@randsbergerhof.de; Internet: www.randsbergerhof.de