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Saba: Tanz auf dem Vulkan

Wenn sich irgendwo auf der Welt Elfen, Trolle und Hobbits niederlassen würden, dann ganz sicher auf Saba. Diese fast kreisrunde Insel entzückt: Zwischen den in Falten geworfenen Bergzügen schmiegen sich kleine Ortschaften ins tropische Grün, die weißen Häuser mit roten Dächern, deren geschnitzter Saum Gingerbread genannt wird, mit grün umrahmten Fenstern und Türen – blitzblanke Puppenstuben mit Erkern, Säulen und Terrassen. Kaum zu glauben, dass wir uns hier quasi in Holland befinden, genauer gesagt: Saba ist eine „besondere Gemeinde“ der Niederlande in der östlichen Karibik.

Typisch für Saba sind die weißen Häuser mit den roten Dächern und grün umrahmten Fenstern und Türen.

Typisch für Saba sind die weißen Häuser mit den roten Dächern und grün umrahmten Fenstern und Türen.

Geht nicht, gibt’s nicht könnte das Credo der Einwohner dieser mit rund 13 Quadratkilometer kleinsten Insel in der niederländischen Karibik sein. Die Fortbewegung und vor allem der Transport von Gütern jeglicher Art auf die von einer Steilküste umsäumte Insel erfolgte noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts über in die Felsen geschlagene Stufen. Der Kinofilm „Das Piano“ zeigt den mühsamen Weg über „the ladder“, die noch heute gut vom Boot aus zu sehen ist, und die zum noch erhaltenen Zollhäuschen führt. „Jeder Kühlschrank, der gekauft wurde, jede Kiste mit Obst und Gemüse, aber auch jede Kuh mussten rund 1.000 Stufen hinauf geschafft werden“, schildert Eddie Hassell.

The road, that could not be built

Putzig schmiegen sich die Häuschen in die grünen Gebirgsfalten.

Putzig schmiegen sich die Häuschen in die grünen Gebirgsfalten.

Tatsächlich gab es bis Mitte des 20. Jahrhunderts kaum feste Wege auf Saba. Die Holländer, die letzten Regenten in der wechselhaften Geschichte des Eilands, waren der Ansicht, es sei nicht möglich in dieser Bergregion eine Straße zu bauen. Hätten sie doch nur jemanden gefragt, der sich mit so was auskennt! Schließlich hatte der Insulaner Josephus Lambert Hassell genug von der Schinderei; er eignete sich im Selbststudium das nötige Know-how an – und baute „the road, that could not be built“! 1947 fuhr das erste Auto auf der Insel.

Fast kreisrund ist die Insel, die eine besondere Gemeinde der Niederlande ist. Es war eine Schinderei, „the road“ in das bergige Eiland zu schlagen. Aber eine Schinderei war es auch vorher schon, als jeder Gegenstand über Leitern und Stufen geschafft werden musste.

Fast kreisrund ist die Insel, die eine besondere Gemeinde der Niederlande ist. Es war eine Schinderei, „the road“ in das bergige Eiland zu schlagen. Aber eine Schinderei war es auch vorher schon, als jeder Gegenstand über Leitern und Stufen geschafft werden musste.

Es war ein Cousin seines Großvaters, jedenfalls ein entfernterer Zweig der weitläufigen Familie, der „the road“ baute. Heute betreiben der 62-jährige Eddie und seine Frau Patricia Moraine das Restaurant Swinging Doors in Windwardside. „Dienstags gibt es Chicken und Ribs, freitags Ribs und Chicken und am Sonnabend Steaks“, verkündet er mit breitem Grinsen. Zu seinem Namen kam sein Lokal eher zufällig: Während er bereits mit dem Aufbau beschäftigt war, erhielt er die Nachricht, dass bei der Post ein Paket für ihn lag, das er für 175 Dollar auslösen sollte. Das tat er und wunderte sich beim Auspacken über die Schwingtüren, die er vorfand. Er wusste nicht, von wem das Paket aus Georgia stammte, dachte sich aber, die behalte ich. Eigentlich hing auch ein Schild am Eingang: „Don’t let them hit you on the ass“, doch das ist schon lange abhanden gekommen. Was ihm an Saba gefällt? „Die Menschen sind freundlich. Hier hilft man sich gegenseitig und jeder hält man seine Umgebung in Ordnung“, sagt der Swinging-Doors-Chef.

Kleinste medizinische Universität der Welt

Eddie Hassell betreibt zusammen mit seiner Frau das Lokal „Swinging Doors“ in Windwardside.

Eddie Hassell betreibt zusammen mit seiner Frau das Lokal „Swinging Doors“ in Windwardside.

Die Ortschaften verströmen eine putzige Heimeligkeit, jeder Ort hat eine eigene Kirche, und viele der alten Häuser mit roten Dächern und grün umrahmten Fenstern haben sogar einen eigenen Familienfriedhof im Vorgarten. Wer sich auf Saba fortbewegen will, trampt. Das klappt prima, außer am Sonntag, denn da bleibt jeder zu Hause. In der Hauptstadt The Bottom hat Saba die kleinste medizinische Universität der Welt. Hier studieren die Sprösslinge wohlhabender Eltern aus den USA, Kanada und den Niederlanden. Die Insel ist also medizinisch rund um die Uhr gut versorgt.

Barbara und Wolfgang Tooten leben seit 15 Jahren auf Saba. Die Kölner betreiben Scout’s Place, ein gemütliches Hotel mit 13 Zimmern, Pool, Bar und Restaurant.

Barbara und Wolfgang Tooten leben seit 15 Jahren auf Saba. Die Kölner betreiben Scout’s Place, ein gemütliches Hotel mit 13 Zimmern, Pool, Bar und Restaurant.

„Am Anfang kam mir die Insel klein vor“, sagt Barbara Tooten. „Aber Saba wird immer größer, je länger man hier ist.“ Barbara und Wolfgang Tooten leben seit 15 Jahren auf Saba. Die Kölner betreiben Scout’s Place, ein gemütliches Hotel mit 13 Zimmern, Pool, Bar und Restaurant. Die meisten Touristen, die nach Saba kommen, sind Wanderer oder Taucher. Oder beides. Denn man kann diese Aktivitäten hervorragend verbinden, indem man den Tag mit ein, zwei Tauchgängen beginnt und sich am Nachmittag eine Wanderung vornimmt. Aus der Zeit bevor „the road“ gebaut wurde, existieren viele Wanderwege mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Hinweistafeln helfen bei der Orientierung.

Die Insel ist einem gewaltigen Vulkanausbruch entsprungen. Der Mount Scenery mit seinem Regenwald, Elfenwald genannt, der oft mystisch im Nebel liegt, birgt eine faszinierende Flora und Fauna – ein Naturparadies, in dem sich Kolibris, Eidechsen und Vogelspinnen tummeln. Aber keine Angst, hier gibt es keine angriffslustigen oder giftigen Tiere und überraschend wenig Moskitos. Es herrscht eine Geräuschkulisse voller Zirpen und Zetern und Schmettern und Surren – in dieser traumhaften Dschungelkulisse wurde auch anno 1933 der erste King Kong-Film mit Johnny Weissmüller gedreht. Belohnt wird die Anstrengung mit fantastischen Ausblicken, denn das Meer sieht man bei klarem Himmel auf Saba von jedem Gipfel.

Der Vulkan prägt die Landschaft

Die Riffe rund um Saba liegen in einer Umweltschutzzone. Die zahlreichen Schildkröten begegnen den Tauchern ohne Scheu und mit großer Neugier.

Die Riffe rund um Saba liegen in einer Umweltschutzzone. Die zahlreichen Schildkröten begegnen den Tauchern ohne Scheu und mit großer Neugier.

Der Vulkan prägt die Landschaft auch unter Wasser: Das marine Leben hat sich auf den Lavawülsten angesiedelt; es gibt Tauchplätze, die wie riesige Finger anmuten. An einigen Stellen kann man die Hände in den Sand graben und die Wärme genießen: Schwefel! In diesem Marinepark sind Angeln und Fischen verboten. Das Ergebnis: Ein beeindruckender Fischreichtum und eine intakte Korallenwelt. Hier gibt es riesige Schwämme, Höhlen und Schluchten und wirklich, wirklich viele Schildkröten, die neugierig und ohne Scheu auf die Taucher zukommen und für Fotos geradezu posieren! Hier kann man sogar Haien begegnen, die nicht angefüttert werden. Angesichts der Bedrohung dieser Spezies ist das ein echter Hinweis darauf, dass das Biotop gesund ist.

Das Karibik-Klischee bedient Saba allerdings nicht: Wer den Traumstrand sucht, ist hier nicht richtig aufgehoben, denn es gibt keine Sandstrände und die Steilküste macht das Planschen im Meer nahezu unmöglich. Einzige Ausnahme: Der kleine, aufgeschüttete Sandstrand Cove Bay, direkt am Flughafen.

Die Elfen tanzen – oder doch nicht?

Sabas Flughafen ist eine Herausforderung: Die Start- und Landebahn ist keine 400 Meter lang(!). Die Flugzeugkapitäne brauchen eine besondere Ausbildung für dieses Ziel.

Sabas Flughafen ist eine Herausforderung: Die Start- und Landebahn ist keine 400 Meter lang(!). Die Flugzeugkapitäne brauchen eine besondere Ausbildung für dieses Ziel.

Apropos, der Flughafen ist eine Bemerkung wert: Schon der Anflug in der Propellermaschine, in der zwölf Fluggäste Platz finden, ist anders als alles, was man kannte, denn Saba ist klein. Problematischer ist aber der Umstand, dass das Eiland auch extrem bergig ist und als Konsequenz daraus gibt es hier nun einmal keine weiten, geraden Flächen. Die Start- und Landebahn ist keine 400 Meter lang(!). Die Flugzeugkapitäne brauchen eine besondere Ausbildung für dieses Ziel. Bei der Landung steht das Flugzeug in dem Moment, in dem man schon anfangen wollte, sich angesichts der Nähe der Klippen ins Unvermeidliche zu fügen. Der Gedanke an den Rückflug macht uns schon ein bisschen nervös, doch der Taxifahrer beteuert: „In 50 Jahren gab es hier keinen einzigen Flugzeugunfall.“ Und tatsächlich: Der Kapitän fährt die Maschine bis in die äußerste Ecke, wendet dann und gibt ohne zu Zögern Vollgas. Und es ist wieder der Moment, in dem das Herz schon fast aussetzen will, als das Flugzeug auch schon abhebt und einen Halbkreis über Saba fliegt. Ein letzter Blick zurück auf das verwunschene Eiland – und ich könnte schwören, dass ich da am Rande des Gipfels, nahe des Nebelsaums, gesehen habe, wie eine Handvoll Elfen einen Reigen tanzt!

Infos:

  • Saba gehört zu den SSS-Inseln – Saba, Sint Eustatius, Sint Maarten, den Inseln unter dem Wind, niederländische Antillen. Der Mount Scenery mit seinen 887 Metern ist Hollands höchste Erhebung.
  • Die nur 13 Quadratkilometer kleine Vulkaninsel ist kein Ziel für den Massentourismus. Hotelburgen gibt es hier nicht. Auf Saba geht man sehr bewusst mit den Ressourcen um, allein schon, weil die Insel über kein Süßwasser verfügt. Statt dessen wird das Regenwasser aufbereitet. Ende der 1980er Jahre wurden der Saba Marine Park und die Saba Conservation Foundation gegründet. Ihr Ziel sind der Naturschutz und die Instandhaltung der Wanderwege. Im Jahr 2002 ernannte die UNESCO Saba zum Weltkulturerbe.
  • In dem tropisch feuchten Klima gedeihen Hibiskus und Oleander, auf dem Mount Scenery mit seinem Regenwald Mountain Mahogany, Bergpalmen und Baumfarne, Wildblumen und Orchideen.

Wander-Routen:

Unbedingt genug Wasser mitnehmen sowie Sonnenschutz und ggf. ein Regencape und festes Schuhwerk!

  • Maskehorne Trail: Wer in Windwardside den Aufstieg Richtung Mount Scenery beginnt, kann auch bereits nach rund 30 Minuten abbiegen und sich mit dem Blick vom Maskehorne Hill auf Windwardside begnügen.
  • Flat Point Track, Zeit: 10 Minuten, Schwierigkeitsgrad: leicht. Ruinen einer Zuckerfabrik.
  • The Ladder Track, Zeit: 30 Minuten, Schwierigkeitsgrad: schwierig. 524 Stufen führen zum alten Anleger am Meer.
  • Sandy Cruz Track, Zeit: 15-20 Minuten, Schwierigkeitsgrad: mittel. Der Weg beginnt oberhalb von Hell‘s Gate führt bis in den Regenwald.
  • Mount Scenery Track, Zeit: 60-90 Minuten, Schwierigkeitsgrad: schwierig. Über 1.064 Stufen geht es auf 870 m Höhe. Vom höchsten Punkt der Niederlande kann man bei klarer Sicht die nächsten Inseln sehen.
  • Crispeen Track, Zeit: 60-80 Minuten, Schwierigkeitsgrad: mittel. Der Weg beginnt kurz hinter den letzten Häusern des Ortes The Bottom.

Tauchen:

Die rund 30 Tauchplätze werden allesamt mit dem Boot angesteuert. Die Auswahl des Tauchziels hängt vom Wind ab. Achtung: Es kann auf See schon mal ruppig zugehen, wer zu Seekrankheit neigt, sollte sich Tabletten einpacken.

Die Saba-Divers bieten einen tollen Rundum-Service, die Ausrüstung wird aufgebaut, zwischen den Tauchgängen gewechselt und hinterher abgebaut und gereinigt. Die Crew ist freundlich, kompetent und von einer ansteckenden Begeisterung. Ausfahrten täglich mit dem Boot. Morgens um 9 Uhr rund 20-minütiger Transfer vom Hotel Scout’s Place in Windwardside zur Basis im Hafen. Rückfahrt nach dem Tauchen. Pro Tauchgang sind 3 US-Dollar Umweltschutzgebühr fällig. www.sabadivers.com

Anreise:

Zum Beispiel mit Air France oder KLM nach Paris, von dort weiter nach Sint Maarten. Mit einem Propellerflugzeug geht es mit der Fluglinie Windward-Islands-Airways, WINAir, nach Saba. Flugzeit 15 Minuten. http://fly-winair.com.

Achtung: Air France achtet peinlich genau auf die Einhaltung der Gewichtsgrenze beim Fluggepäck (23 Kilogramm). Beim Handgepäck, erlaubt sind 12 Kilogramm, herrschen jedoch sehr laxe Sitten.

Angenehm: Das Fluggepäck wird in Deutschland bis Saba durchgecheckt.

Es verkehrt auch eine Fähre zwischen Sint Maarten und Saba, Fahrtzeit rund zwei Stunden.

Einreise:

Reisepass, der noch mindestens sechs Monate gültig ist.

Die Flughafengebühr bei der Ausreise beträgt innerhalb der Windward Inseln 5 US-Dollar, zu allen anderen Zielen 20 US-Dollar.

Klima + Reisezeit:

Saba hat ein ausgeglichenes Klima, in den Bergen ist es immer ein paar Grad kühler als auf Meereshöhe. So schafft man auch die Aufstiege trotz der hohen Luftfeuchtigkeit.

Die Nächte sind angenehm kühl, schlafen kann man gut auch ohne Klimaanlage. Von September bis November kann es Hurrikane geben, allerdings passiert das nicht in jedem Jahr. Wassertemperatur im Frühjahr 24 bis 26 Grad, im Sommer 30 Grad.

Sprache: Englisch, Holländisch

Währung: US-Dollar. Es gibt zwei ATMs auf der Insel, einen in Windwardside, direkt gegenüber von Scout’s Place, den anderen in der Hauptstadt The Bottom.

Essen:

  • Snack Bar: Mexikanisch, lecker, günstig. Man sitzt auf der Terrasse und kann sich die Flanierenden ansehen.
  • Sea Witch: Local Food, Fisch + Fleisch, Suppen, recht günstig. Phantasievolle Wandmalerei innen.
  • Brigadoo: Gehobene Küche, gehobene Preise. Unbedingt das selbst gemachte Eis kosten!
  • Scout’s Place: Gehobener Anspruch. Samstag Barbecue, Montag Burger-Tag, Freitag Sabaoke, ein fester Höhepunkt der Woche auch für die Einheimischen.
  • Swinging Doors: Sonntags Barbecue (hier kommen gewaltige Steaks auf den Grill), Dienstag und Freitag Ribs und Chicken. Sonst nicht geöffnet.

Weitere Informationensabatourism.com (offizielle Homepage des Verkehrsbüros), www.saba-guide.info, www.scoutsplace.com.

Raushier-Reisemagazin

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