Arnd Erbel ist Freibäcker – und somit auch ein Freigeist. Und ein Unruhegeist. Er ist Bäcker mit Leib und Seele. Sein Beruf ist seine Berufung. Sein Leben wird durch die pure Leidenschaft geprägt. Er hält den (mittel)fränkischen Dialekt hoch, ist äußerst wortgewandt und seine Sätze kommen mitunter philosophisch daher. Dem Back- und Konditor-Handwerk geht er jeden Tag nach, sogar im Urlaub. Mittels eines Gusseisenbräters stellt er dann vor Ort sein eigenes Gebäck her – allerdings ausschließlich für den Privatgebrauch.
Eine Kapazität
Er ist aber auch ein geschäftstüchtiger Unternehmer, ohne sich dabei in irgendeine Abhängigkeit zu begeben. Frei im Denken, frei im Handeln – ein freier, unabhängiger Bäcker. Der 49-Jährige ist kreativ und erfinderisch, einfallsreich und originell, poetisch und fantasievoll – auf einen Nenner gebracht: Eine Kapazität auf seinem Gebiet, wie es nicht viele gibt in deutschen Landen. Ein Besuch in der Backstube, einer der ältesten in Deutschland (seit 1680 in Familienbetrieb, mittlerweile seit zwölf Generationen), wird zu einem Erlebnis der besonderen Art.
Den Begriff Freibäcker hat sich Erbel vor 15 Jahren schützen lassen; er ist, wie er versichert, der einzige Freibäcker im Bundesgebiet.
Im mittelfränkischen Dachsbach (Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim) und in der näheren Umgebung vermutet man eher fränkische Karpfen in einem der unzähligen Weiher, als einen Bäcker vom Schlage eines Arnd Erbel in seiner bescheidenen Backstube. Er ist hier im Ort verwurzelt und in der Backstube daheim. Schon als kleiner Bub hat er seinen Eltern über die Schulter geschaut, wie Brot, Semmeln und Kuchen zubereitet wurden. 1969 geboren, geht er seit 30 Jahren seinen eigenen, unabhängigen, sprich freien Weg, der ihm kaum Zeit zum Luftholen gibt. Das verbindet ihn mit dem Aischgründer Karpfen, dem auch wenig Zeit bleibt, nach Luft zu schnappen, ehe er auf dem Teller landet.
Jetzt, wenige Wochen vor Weihnachten, haben Erbel und sein Team alle Hände voll zu tun, um die große Nachfrage an Lebkuchen zu befriedigen. Als ehemaliger Chefkonditor in einem großen Hotel im Schwarzwald und als Pâtissier in Wien ist der Mittelfranke voll in seinem Element. Er stellt diese süße Winter-Spezialität ausschließlich aus Rohstoffen von bester Qualität her.
Hochwertige Zutaten
Das Mehl kommt – wie beim Brot – beispielsweise von Kornfeldern, deren Bauern er kennt, das Eiklar für den Eischnee, das benötigt wird, stammt von Kleinsterzeugern aus der Nachbarschaft, Nüsse und Mandeln aus qualitativ hochwertigen Anbauregionen, Zitronat und Orangeat von den dazu am besten geeigneten Früchten. Fehlen Gewürze und Honig: Auch hierbei kommt nur das Beste vom Besten in den Teig. „Und den Ingwer, den wir benötigen, kandieren wir selbst“, sagt der Meister bescheiden. Dass aus all diesen Zutaten und deren „Entstehungsgeschichte“ ein überaus gehaltvoller Lebkuchen entsteht, der natürlich auch seinen Preis hat („die Qualität ist mir das wert“), ist dann nicht mehr verwunderlich. Auch, weil die Schokolade für den Überzug, so Erbel, „nicht vier Euro das Kilo kostet, sondern 16 bis 18 Euro. Wir benutzen nämlich eine besondere Zartbitterschokolade aus der Schweiz.“
1000 Lebkuchen am Tag
Um den Teig so richtig geschmeidig zu machen, hat das „Back-Genie“ so lange getüftelt, bis der Wahrheit letzter Schluss gefunden war: ganz triviales Apfelmus. Bis zu 1000 Lebkuchen stellen er und sein Team in der Hochsaison jeden Tag her – so gut wie alles in Handarbeit. Ehe die Leckereien zwölf bis 15 Minuten bei 200 bis 220 Grad in den Backofen kommen, müssen sie zehn bis zwölf Stunden verhauten. Der Hobbybäcker ist spätestens jetzt am Ende seines Lateins. „Verhauten triffts genau,“ gibt Erbel zu verstehen, und macht, typisch für den fränkischen Slang, das harte „t“ zum weichen „d“. Alle sagen trocknen, aber wollen Sie wirklich einen trockenen Lebkuchen?“
15 verschiedene Produkte hat die Bäckerei in ihrem Portfolio, vom klassischen Elisenlebkuchen über „Pumping Ginger“ (ursprünglich eine Mischung aus Fruchtriegel und Nussgebäck) mit Raucharoma bis hin zur Eigenkreation wie den Lebkuchenkugeln. Der Meister verdeutlicht: „Wir machen nur Sachen, von denen wir überzeugt sind, nichts Unmögliches. Wir hecheln keinen Trends hinterher.“
Ein Renner bei den Kunden ist das „Tres Aromas Geschenk-Set“. Der Kunde bekommt vier Geschmackskompositionen angeboten: Elise, Oriental (Zutaten sind unter anderem Curry, Ingwer, Kurkuma), Verde (u.a. mit Kardamom, Limettenschale) und Olive Noir (u.a. Dörrobstnoten).
Nur keine Hefe
Tüfteleien und der Drang, etwas Neues auszuprobieren, waren und sind des Maestros bevorzugte Steckenpferde. Der Bäckermeister ist ein Meisterbäcker. Bäckt, wie er sagt, „traditionell, aber anders als die anderen“.
Ob es eine Breze ist, ein Croissant, ein Brioche Mousseline, eine Panettone („das ist für mich der König aller Gebäcke“), aufwendiger Pumpernickel oder nur einfache, urtümliche (Land)brote: „Ich denke einfach anders.“ Freibäcker zu sein heißt für den Visionär auch, nicht nur unabhängig zu sein von etwaigen vorgegebenen Rezepten, sondern vor allem ohne Chemie zu arbeiten: ohne Zusatzstoffe, ohne Konservierungsstoffe, ohne Farbstoffe und – ohne Hefe als künstliches Triebmittel.
„Ich arbeite nur mit ausgesuchten Rohstoffen und verzichte komplett auf Hefe. Man kann alles ohne Hefe backen. Ich ersetze sie durch einen Sauerteig.“ Dieser muss ständig neu angesetzt und tagelang mit Mehl und Wasser ,gefüttert‘ werden, ehe er Verwendung findet. Der Faktor Zeit ist im Bäckerhandwerk, so wie es Erbel betreibt, ein elementar wichtiger Baustein. Der so entstandene Teig darf aber unter keinen Umständen sauer sein. „Für die Hörnchen wäre das nämlich schlecht.“
Naturteig ist bekömmlicher
Erbel versichert, dass dieser Naturteig viel bekömmlicher und schmackhafter ist als ein Teig, dem Hefe zugesetzt wird. „Außerdem beschleunigt Hefe die Gärung, und das will ich nicht.“
Abhängigkeiten jedweder Art (von diversen Zutatenlisten und zweifelhaften Zusatzstoffen bis hin zu wirtschaftlichen Zwängen) hasst Erbel wie die Pest. „Abhängig bin ich nur von meinen Mitarbeitern,“ erzählt er und lächelt dabei süffisant. Natürlich auch von seinen Produkten, denen er immer ganz nah sein will.
Dinkelmehl steht an erster Stelle
Mehl steht da an erster Stelle. Erbel lässt es immer frisch mahlen, oder mahlt es selbst. Mittels einer Getreidemühle aus Basaltstein, die er sich in der Rhön besorgt hat. Bevorzugtes Getreide ist der Dinkel. Denn Dinkel ist im Gegensatz zu herkömmlichem Weizen resistenter und im Anbau gesünder für die Umwelt. „Dinkel hat auch einen größeren Vollkornanteil, das macht sich im Geschmack bemerkbar.“
Aber auch Roggen, Rotkornweizen (war lange in Vergessenheit geraten), Buchweizen oder Einkorngetreide (kleiner Dinkel) kommen zum Einsatz. Jedes Mehl hat andere Eigenschaften, weil jede Ernte ein anderes Mehl hervorbringt. Und den Teig dann noch mit den Händen zu kneten ist, nach all den Jahren, für den 49-Jährigen noch immer eine Herzensangelegenheit.
Für jedes Menü das geeignete Brot
Dass das Schaffen und Wirken Arnd Erbels nicht unbemerkt bleibt, liegt in der Natur der Sache. Gourmetrestaurants und Sterneköche gehören zu seinen Kunden, sei es auf Sylt, in München (Tantris, Dallmayr), Nürnberg (Essigbrätlein) oder Oberstdorf. Ob deutsche, britische, indische, portugiesische oder peruanische Küche – der Meisterbäcker kann für jedes Menü das geeignete Brot kreieren. „Wir liefern im gesamten Bundesgebiet aus, haben aber nicht die Pflicht, unsere Ware irgendwohin zu schicken.“ Und da ist sie wieder, die Sache mit der Unabhängigkeit!
Dass für Erbel sein ganzes Bäckerleben eine Frage der Leidenschaft ist, dass Intuition eine große Rolle spielt, der Hang zum Detail eine noch größere und die Liebe zum Sauerteig die größte, verdeutlicht folgender Satz: „Wenn ich wüsste, dass ich morgen stürbe, würde ich heute noch einen Sauerteig ansetzen!“
Informationen: Arnd Erbel, Freibäcker, 91462 Dachsbach, Hindenburgplatz 1, Tel.: (09163) 8096; Internet: www.arnderbel.de; E-Mail: info@erbelbrot.de
Tolles Brot und unglaublich lecker.
Hallo Herr Erpel,
ich habe den Fernsehbeitrag auf N-TV – gesehen und war fasziniert vom Umgang mit dem Teig und der Zeit; der Bäcker muss den Teig in seinen Händen erspüren – und hier würde ich Weiteres ansetzen, um nicht nur Descartes ( Ich denke – also bin ich : ich backe- also bin ich ) zu dienen, sondern auch Goethe (Wenn ihr´s nicht fühlt, ihr werdet´s nicht erjagen – wenn´s ihr nicht erspürt, wirst´s euch nicht gelingen)!
Dieser Goeth´sche Spruch findet sich in Allem, was der Mensch anpackt!
Vielen Dank für Ihren Beitrag im Fernsehen …
Es ist nett einen Menschen gesehen zu haben, der seinen Beruf liebt und mit viel Freigeist in die Welt trägt …
Gott zum Gruße sagt herzlichst
Karl -Michael Burdan
67125 Dannstadt – Schauernheim
Freiherr- vom – Stein – Straße 9
Haben heute das erste mal Brezen und Gewürzbrot gegessen
War Mega gut . So sollten alle Bäcker ihr Brot machen 👍