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Bad Kissingen, 3. Teil: Ein Superlativ jagt den anderen

Wer zum ersten Mal in einen Kurort wie Bad Kissingen kommt, und sich nicht so recht mit der Tradition des Kurens und Badens auseinandergesetzt hat, dem wird natürlich bei den äußeren und inneren Heil- und Badeanwendungen geholfen werden, aber auch für die Augen ist die unterfränkische Stadt ein Leckerbissen und hat optisch immens viel zu bieten. Sie gehört seit 2021 zum UNESCO-Welterbe (siehe Teil 1 der Serie), und ist somit ein Kurort allerfeinster Prägung. Und dass auch „nur“ Urlaubsgäste willkommen sind, versteht sich von selbst. Nicht nur touristisch spielt Bad Kissingen in der allerhöchsten Liga.

Herausragende Bauwerke und Oasen der Ruhe

Der im Stil des Neubarocks von Max Littmann errichtete Regentenbau wurde in nur 21 Monaten fertiggestellt. - Foto: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen / Heji Shin

Der im Stil des Neubarocks von Max Littmann errichtete Regentenbau wurde in nur 21 Monaten fertiggestellt. – Foto: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen / Heji Shin

* Regentenbau: Das Wahrzeichen und kulturelles Herzstück der Stadt. Erbaut zwischen 1911 und 1913 nach Plänen von Max Littmann. Im Inneren zählt der Max-Littmann-Saal zu den fünf besten Konzertsälen weltweit.

* Arkadenbau: Weiterer architektonischer Leckerbissen. Erbaut zwischen 1834 bis 1838 nach Plänen des Architekten Friedrich von Gärtner. Der Rossini-Saal im Inneren wurde als wetterunabhängiger Treffpunkt vor allem für Unterhaltungen und Festlichkeiten genutzt.

* Luitpoldbad: War bei seiner Fertigstellung 1871 das größte Badehaus der Welt. 236 Badekabinen konnten gleichzeitig genutzt werden.

Der Max-Littmann-Saal, der sich im Regentenbau befindet,  gehört zu den fünf besten Konzertsälen der Welt. – Foto: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen / Heji Shin

Der Max-Littmann-Saal, der sich im Regentenbau befindet, gehört zu den fünf besten Konzertsälen der Welt. – Foto: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen / Heji Shin

*Wandel- und Brunnenhalle: Nach Entwürfen des Baumeisters Friedrich von Gärtner in den Jahren 1910/11 errichtet, ist sie mit 3240 Quadratmetern die  größte Wandelhalle der Welt.

* Gärten/Parks: Kurgarten – Zentrum des gesellschaftlichen Kurlebens (2,5 Hektar), Ausbau und Vollendung in den Jahren 1738 bis 1744 durch Balthasar Neumann; ältester Kurgarten der Welt außerhalb eines Stadtzentrums; Luitpoldpark (15 Hektar), ekim englischen Stil mit exotischem Baumbestand; Rosengarten (2,5 Hektar), 1913 eigens für die Bürger angelegt, mit 120 Rosensorten und 10 000 Rosenstöcken.

Alle drei grünen Oasen bilden ein riesiges Areal der Erholung.

Architekten von Weltruhm

Der Arkadenbau wurde in den Jahren 1834 bis 1838 nach Plänen des Architekten Friedrich von Gärtner errichtet. Es war das erste repräsentative Kurgebäude Bad Kissingens – Foto: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen / Dominik Marx

Der Arkadenbau wurde in den Jahren 1834 bis 1838 nach Plänen des Architekten Friedrich von Gärtner errichtet. Es war das erste repräsentative Kurgebäude Bad Kissingens – Foto: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen / Dominik Marx

 *Balthasar Neumann (1687 – 1753): Fungierte als Baumeister des ehemaligen königlichen Kurhauses; war auch für die Regulierung des Saalebettes 1737 und 1738 verantwortlich. Dabei wurde die Quelle des Rakoczy-Brunnens entdeckt. Zu seinen bekanntesten Werken als Architekt, Stadtbaumeister, Künstler, Techniker und Bauorganisator zählt die Würzburger Residenz; sein Mentor war Friedrich Karl von Schönborn, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg.

*Friedrich von Gärtner (1791 – 1847): Gilt neben Leo von Klenze als der bedeutendste Baumeister im Königreich Bayern unter Ludwig I., für den er als Baurat diente. Das historische Krugmagazin beherbergte die Heilwasser-Abfüllanlage und war Ausgangspunkt des weltweiten Versandhandels. Er erbaute unter anderem auch die Feldherrnhalle und das Siegestor in München sowie die Befreiungshalle bei Kelheim; sein Mentor war König Ludwig I.

König Max II. weilte 1852 zur Kur in Bad Kissingen. – Foto: Dieter Warnick

König Max II. weilte 1852 zur Kur in Bad Kissingen. – Foto: Dieter Warnick

* Max Littmann (1862 – 1931): Architekt mit Weltruhm; der Regentenbau, der nach seinen Plänen im Baustil des Neobarocks errichtet wurde, ist das Wahrzeichen der Stadt. Ferner war er verantwortlich für das Königliche Kurtheater (1904/05), das staatliche Kurhausbad (1927), die Wandel- und Brunnenhalle und den Maxbrunnentempel (1911). Littmann, der auf Theater-Neubauten spezialisiert war, revolutionierte diese regelrecht. Zum Beispiel galt er als „Erfinder“ ansteigender Zuschauerränge, um von jedem Platz aus eine gute Sicht auf die Bühne zu haben. Am bekanntesten von ihm sind das Münchner Hofbräuhaus, das Prinzregententheater in der Landeshauptstadt und das Nationaltheater Weimar; sein Mentor war Prinzregent Luitpold.

Littmann und von Gärtner spielten, in übertragenem Sinn, zu ihrer Zeit in der Champions League der Architekten!

Weitere „Spitzenwerte“

Eine wahre Pracht ist das Treppenhaus des Luitpoldbades nach seiner Sanierung und Fertigstellung im Jahr 2017; heute ist dort ein Behördenzentrum untergebracht. – Foto: Dieter Warnick

Eine wahre Pracht ist das Treppenhaus des Luitpoldbades nach seiner Sanierung und Fertigstellung im Jahr 2017; heute ist dort ein Behördenzentrum untergebracht. – Foto: Dieter Warnick

Kissingen hatte ab 1562 den ersten Gradierbau (im Volksmund auch Saline genannt) weltweit. – Kissingen verfügte ab 1889 über eine flächendeckende Schwemmkanalisation; dies führte zu einer verbesserten Hygiene. – Kissingen hat die weltweit erste drehbare Konzertmuschel (von 1911, Max Littmann) und damit eine der ganz wenigen, die es überhaupt weltweit gibt. – Kissingen hat den ältesten Golfplatz Bayerns (1911) sowie eine der ältesten Tennisanlagen (mit dem Tennishaus von Max Littmann). – Kissingen hat nach München die älteste Fußgängerzone in Bayern (seit 1973). – Vor dem Ersten Weltkrieg war jeder vierte Kurgast ein Russe.

Drei-Klassen-Gesellschaft

König Ludwig I. von Bayern – sein Denkmal steht vor dem Kurhaus – war zusammen mit Königin Therese erstmals 1833 in Kissingen. – Foto: Dieter Warnick

König Ludwig I. von Bayern – sein Denkmal steht vor dem Kurhaus – war zusammen mit Königin Therese erstmals 1833 in Kissingen. – Foto: Dieter Warnick

Es gab Zeiten, da gaben sich Kaiser, Könige, Fürsten – einfach alle Adeligen, die etwas auf sich hielten, in Kissingen die Klinke in die Hand. Natürlich war nicht nur die allererste Garde an „Promis“ am Start, und dabei entwickelte sich mit den Jahren eine Drei-Klassen-Gesellschaft und ein regelrechter Heiratsmarkt. Gesehen und gesehen werden lautete das Motto. Wer alleine anreiste, galt „als noch frei“.

1837 erklang erstmals eine ganze Saison lang Kurmusik in Kissingen. – Foto: Dieter Warnick

1837 erklang erstmals eine ganze Saison lang Kurmusik in Kissingen. – Foto: Dieter Warnick

Am besten zu sehen war diese Klassenschicht bei den Aufführungen des Kurorchesters im Kurgarten. Mittig saß der Hochadel, weiter außen der mittlere Adel und an den Rändern der einfache Adel, das reiche Bürgertum und Kurgäste. Einfache Leute hatten hier nichts verloren, ja sie hatten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein keinen Zutritt in die „heiligen Hallen“; auch das Gelände unter freiem Himmel war nicht zugänglich. Da war es ein Segen, dass der Rosengarten Anfang des 20. Jahrhunderts für die Bürger der Stadt angelegt wurde.  So kamen die Bad Kissinger in den Genuss eines eigenen Parks. Der Kurbadhistorie ist hier im Rosarium noch ein besonderes Denkmal gesetzt.

Prominente Gäste

Bad Kissingen hat rund 120 Rosensorten und etwa 10 000 Rosenstöcke im Rosengarten. – Foto: Dieter Warnick

Bad Kissingen hat rund 120 Rosensorten und etwa 10 000 Rosenstöcke im Rosengarten. – Foto: Dieter Warnick

Kaiserin Sisi von Österreich, Kaiser Franz Joseph, König Karl I., König Ludwig I. von Bayern, König Ludwig II. von Bayern, König Ludwig III. von Bayern, Prinzregent Luitpold von Bayern, König Maximilian II. Joseph, Friederike von Preußen, König Otto I. von Griechenland, König Oskar von Schweden mit Königin Josephine, König Karl-Friedrich von Württemberg mit Königin Olga, Zar Alexander II. mit Gemahlin Marie, Otto von Bismarck, Frederic Chopin, Richard Strauß, Adolph Menzel, Heinrich Schliemann, Theodor Fontane, Leo Tolstoi, Gioachino Rossini, Alfred Nobel, Georg Bernard Shaw, Alfred Döblin, Vladimir Nabokov, Paul Heyse, Johannes Mario Simmel, Franz Lenbach, Max Liebermann, Karl Friedrich Schinkel, Walter Gropius, Albert Einstein, Heinrich Brockhaus, Ludwik Zamenhof (Erfinder d. Kunstsprache „Esperanto“), Charles Steinway, Ferdinand Graf von Zeppelin, Theodor Heuß, Heinrich Lübke, Franz-Josef Strauß, Johannes Rau.

Informationen: Bayer. Staatsbad Bad Kissingen GmbH, Im Luitpoldpark 1, 97688 Bad Kissingen; Tel.: (0971) 80 48 444; Internet: www.badkissingen.de; E-Mail: tourismus@badkissingen.de

Raushier-Reisemagazin

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