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Gadertal: Tipps für entspannte Urlaubstage in Ladinien

Vom Pustertal in Südtirol aus zweigen zwei große Seitentäler ab, und zwar jeweils in der Nähe von Bruneck: das Ahrntal, auch Tauferer Ahrntal genannt, erstreckt sich gen Norden und wird von den Zillertaler Alpen und der Riesenfernergruppe abgeschlossen. Es ist ein Tal, so scheint es, das sich ein bisschen von der Außenwelt abkapseln will. Urige Bergdörfer geben ihm ihr Gepräge, und uralte Traditionen, wie z.B. das Klöppeln, sind noch heute das Markenzeichen der Ahrntalerinnen. Fast genau gegenüber, gen Süden, erstreckt sich ein Tal, das den Gegensatz dazu zu bilden scheint, nämlich das Gadertal, auch Abteital genannt. Mit dem weithin bekannten Skiort Corvara und der Ortschaft La Villa als touristische Zentren, wird das Tal umrahmt von mächtigen Dolomitengipfeln. Die Straßen sind kurvig, die Dörfer (neben Corvara und La Villa sind das Kolfuschg, St. Kassian, Badia und La Val) ein wenig mondän, und die Einwohner sprechen eine eigene Sprache: ladinisch. Wir befinden uns in Ladinien. Rund 30.000 Ladiner wohnen in fünf Tälern (in drei Provinzen), eines davon ist das Gadertal.

Der Sassongher, der markanteste Felsgipfel im Gadertal, stellt die Südostecke der Puez-Gruppe dar und ist Teil des Naturparks  Puez Geisler; er wacht über Corvara. – Foto: Freddy Planinscheck

Der Sassongher, der markanteste Felsgipfel im Gadertal, stellt die Südostecke der Puez-Gruppe dar und ist Teil des Naturparks Puez Geisler; er wacht über Corvara. – Foto: Freddy Planinscheck

Das ladinische Hochland wird in jeder der drei Sprachen, die in Südtirol gesprochen werden (deutsch, italienisch, ladinisch) anders bezeichnet. So heißt es auf deutsch Gadertal – benannt nach dem Gaderbach – oder auch Abteital, was auf eine Benediktinerabtei auf der Sonnenburg in St. Lorenzen im Pustertal zurückzuführen ist. Die Italiener nennen das Gebiet Val Badia. Auf ladinisch – die Sprache der Rätoromanen – ist es der Name der Region Alta Badia, der sich auch allgemein durchgesetzt hat.

Hier zehn Vorschläge

1. Besuch zweier Museen

Perfekte Beschilderung – im Abteital findet jeder seinen Weg. – Foto: Dieter Warnick

Perfekte Beschilderung – im Abteital findet jeder seinen Weg. – Foto: Dieter Warnick

Der Gang durch das Museum Ladin Ciastel de Tor greift aus Geschichte und Gegenwart der Dolomitenladiner signifikante Situationen heraus, beleuchtet einschneidende Einflüsse des überregionalen Geschehens auf deren Leben und lenkt den Blick auf die Wechselbeziehung zwischen Landschaftsformen und Lebensweisen. Ein Paläontologe führt in die Entstehungsgeschichte der Dolomiten ein, und man darf selbst Hand anlegen, um heimische Fossilien und Gesteine kennenzulernen. Nur unter den besonderen Bedingungen dieser Gebirgslandschaft konnte sich diese älteste Sprache der Region –  eingezwängt zwischen dem italienischen und deutschen Sprach- und Kulturraum – bis heute lebendig erhalten. Das Museum befindet sich am Eingang des Gadertals in St. Martin in Thurn. – Informationen: Museum Ladin Ciastel de Tor, Torstr. 65, I-39030 St. Martin in Thurn, Tel.: (0039 0474) 52 40 20; E-Mail: info@museumladin.it

Der Gaderbach fließt teilweise schnurgerade durch das Tal. – Foto: Dieter Warnick

Der Gaderbach fließt teilweise schnurgerade durch das Tal. – Foto: Dieter Warnick

Das Museum Ladin Ursus Ladinicus wurde im Juli 2011 in St. Kassian eröffnet und ist dem prähistorischen Höhlenbären der Dolomiten gewidmet. Das Museum veranschaulicht auf drei Etagen die Geschichte und den Lebensraum des Ursus Spalaeus, des vor etwa 40 000 Jahren lebenden Höhlenbären, deren prähistorische Reste im Jahr 1987 von dem Hotelier Willi Costamoling in der Conturineshöhle gefunden wurden. Zu sehen sind originale Exponate, wie Knochen, Zähne oder Schädel der Bären. Videoinstallationen und ein vollständiges Skelett eines Höhlenbären sowie die detailgetreue Nachbildung eines schlafenden Tieres lassen selbst Kenner staunen. Eine eigene Sektion über die Entstehung der Dolomiten, die früher die “Bleichen Berge” genannt wurden, veranschaulicht anhand schöner Fossilien die wichtigsten geologischen Schichten. – Informationen: Museum Ladin Ursus Ladinicus, Micurà de Rü Str. 26, I-39030 St. Kassian, Tel.: (0039 0474) 52 40 20; E-Mail: info@museumladin.it

2. Ganztagesausflug auf dem Kulturweg in Abtei

Gut beraten ist derjenige, der sich für diesen Tag einen Fremdenführer/in nimmt. Die Erklärungen sind unverzichtbar. Die Wanderung unter dem Motto „Unterwegs zu historischen Bergbauernhöfen auf dem Kulturwanderweg Tru cultural“ beginnt am Gemeindehaus in Abtei (Badia). Vorbei an einigen älteren Häusern geht es hinauf in den Ortsteil San Linert (St. Leonhard). Dort ist das historische Zentrum von Badia. Auch hier werden einige bedeutende Gebäude vorgestellt, unter anderem das alte Schulhaus, das Pfarrhaus, die barocke Pfarrkirche, die zu den schönsten Südtirols zählt, und das Gasthaus Weißes Kreuz, das 1614 erbaut wurde.

Sanfte Hügel, schroffe Felsen – das Gadertal bei La Villa. – Foto: Dieter Warnick

Sanfte Hügel, schroffe Felsen – das Gadertal bei La Villa. – Foto: Dieter Warnick

Etwas weiter ist ein kahler Abhang zu erkennen, an dem kräftig gewerkelt wird. Unsere Gästeführerin, Emanuela Trebo, klärt uns auf, und berichtet, dass am 14. Dezember 2012 eine gewaltige Mure abging, mit einer Länge von einem Kilometer und einer Breite von 400 Metern, die mit ungeheuerer Wucht ins Tal schoss und drei Häuser unter sich begrub. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, da das Unglück um die Mittagszeit geschah, und um diese Zeit niemand zu Hause war.

3. Auf den Spuren von Josef Freinademetz in Oies

Josef Freinademetz, hier ein Bildnis an einer Hauswand, war ein katholischer Ordensmann und China-Missionar. Er wurde am 5. Oktober 2003 heiliggesprochen. – Foto: Dieter Warnick

Josef Freinademetz, hier ein Bildnis an einer Hauswand, war ein katholischer Ordensmann und China-Missionar. Er wurde am 5. Oktober 2003 heiliggesprochen. – Foto: Dieter Warnick

Bald erreichen wir Oies, einen Weiler mit ganz wenigen Häusern. Dort wurde  – in einem typisch ladinischen Bauernhaus – am 15. April 1852 der spätere Pater Josef Freinademetz geboren, der erste Heilige Südtirols. Der Bergbauernsohn, das vierte von 13 Kindern, wurde 1875 in St. Martin in Thurn zum Priester geweiht, ging drei Jahre später nach Holland und nur ein weiteres Jahr später nach China, wo er ein sehr schwieriges Leben führte, voller Gefahren, Verfolgungen, Krankheit und Armut. Sein chinesischer Name war „Shèngfú Ruòsè“ ,Vater Zitter‘. Die missionarischen Tätigkeiten von Freinademetz blieben der katholischen Kirche natürlich nicht verborgen, und so wurde er im Jahr 2003 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen. Pater Freinademetz blieb fast 30 Jahre lang in China. Eine Rückkehr nach Südtirol blieb ihm verwehrt, weil er am 28. Januar 1908 in Taikia an Typhus verstarb.

Jedes Jahr ziehen unzählige Gläubige zum Geburtshaus des Heiligen. Der bedeutendste Pilger war Papst Benedikt XVI.; er kam im August 2008 nach Oies. In einem bescheidenen Museum werden die Reliquien, die chinesische Kleidung und die Briefe des Heiligen, die er seinen Verwandten und Freunden nach Hause schrieb, aufbewahrt. Im Untergeschoss befindet sich eine kleine Kapelle, im Erdgeschoss die Stube und mehrere Kammern. Zu Ehren von Freinademetz wurde 1995 eine Kirche erbaut. Ladinische Elemente (Stein und Holz) sind mit chinesischen (Dachform) vermischt worden.

4. Der Alfarëi-Hof in Ruac

Der Alfarëi-Hof  in Badia ist für die Gegend ein typischer Bauernhof und uralt dazu. – Foto: Dieter Warnick

Der Alfarëi-Hof in Badia ist für die Gegend ein typischer Bauernhof und uralt dazu. – Foto: Dieter Warnick

Die Mittagspause legen wir in Ruac/Alfarëi ein. Der Hof, total ruhig auf einem Sonnenplateau gelegen, ist ein typischer Hof des 13. und 14. Jahrhunderts. Der Name Alfarëi kommt von „Alfri“, was Zitterpappel bedeutet. Die traditionelle Architektur und Inneneinrichtung sind noch vollständig erhalten. Der Gastgeber, Anton Piccolruaz, und seine Frau Rosa, tischen typische ladinische Schmankerl auf. Ein Hochgenuss!

Anton Piccolruaz erzählt uns, dass der Hof (erste Erwähnung 1286, seit 1645 Erbhof – ein Erbhof in Südtirol ist eine Auszeichnung für über Generationen bewirtschaftete Bauernhöfe) früher fast alles hergab, was man zum Leben brauchte. Vor allem Kartoffeln und Gemüse wurden angebaut, geschlachtet wurde selbst, nur Salz oder Zucker musste zugekauft werden. Wer ein Pferd besaß (Anton Piccolruaz: „Früher waren Pferde Luxus“) galt schon als nicht mehr ganz so arm. Und wer sich sonst auf den Hof verirrte, musste quasi „angefordert“ werden, wie etwa der Schuster oder der Sattler. Das Leben war hart und beschwerlich, die Ernährung karg und oft einseitig. Die Kammern waren kalt, nur ein einziger Raum, die Stube (Stüa) konnte beheizt werden.

Rosa und Anton Piccolruaz bewirtschaften den Alfarëi-Hof . Beide wissen, was es heißt zu arbeiten: Aufstehen um 5 Uhr, Nachtruhe selten von Mitternacht. – Foto: Dieter Warnick

Rosa und Anton Piccolruaz bewirtschaften den Alfarëi-Hof . Beide wissen, was es heißt zu arbeiten: Aufstehen um 5 Uhr, Nachtruhe selten von Mitternacht. – Foto: Dieter Warnick

Heute bewirtschaften Anton und Rosa zwölf Hektar, „aber“, so gibt Anton zu verstehen, „nur durch die Landwirtschaft und die Viehzucht kann uns der Hof nicht mehr ernähren“. Die Ansprüche sind gestiegen, auch wenn der Tag um 5 Uhr beginnt und selten vor 23.30 Uhr endet. Eine willkommene Einkommensquelle sind die Kochkünste von Rosa, die Wanderer und Tagesgäste bewirtet, und die großzügige Ferienwohnung, die vermietet wird. Diese besteht aus zwei Zimmern mit Balkon, einem Bad und einer Küche. Anton arbeitet im Winter beim örtlichen Liftbetreiber.

Die antike Burg Ciastel Colz befindet sich im historischen Teil von La Villa. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen äußerst massig und wenig gegliederten Bau, der gekennzeichnet ist durch vier Eckrondelle sowie eine Ringmauer. Am Gemäuer befinden sich Schießscharten und Gussöffnungen. – Foto: Freddy Planinscheck

Die antike Burg Ciastel Colz befindet sich im historischen Teil von La Villa. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen äußerst massig und wenig gegliederten Bau, der gekennzeichnet ist durch vier Eckrondelle sowie eine Ringmauer. Am Gemäuer befinden sich Schießscharten und Gussöffnungen. – Foto: Freddy Planinscheck

Bei einem Rundgang mit dem Chef des Hauses werden wir von der Vergangenheit schnell eingeholt. Der Stall für die acht Kühe und 14 Stück Jungvieh (es gibt auch noch ein Schwein, ein paar Hennen und einen Gockel) ist schlicht, die Scheune (la majun) Jahrhunderte alt. Von alten Töpfen, Pfannen und Besteck, von Öfen und Schränken, von Zangen und Seilen, von Eggen und Mistgabeln bis hin zu uralten Messkübeln für Getreide ist noch fast alles vorhanden. Ein Museum in der Scheune könnte man sagen.

Das typische der Scheunen der Bergbauern in dieser Region ist die große Mittelsäule. Dieser (römische) Stil wurde um das Jahr 1200 geprägt. Das Besondere daran ist, dass die Säule das komplette Dach zusammenhält.

5. Wanderung zum Fuß des Heiligkreuzkofels

Der Heiligkreuzkofel begrenzt das Gadertal ostseitig. Unterhalb der Westwand liegen die Wallfahrtskirche Heiligkreuz (rechts) und das Schutzhaus Heligkreuz-Hospiz (links). – Foto: Dieter Warnick

Der Heiligkreuzkofel begrenzt das Gadertal ostseitig. Unterhalb der Westwand liegen die Wallfahrtskirche Heiligkreuz (rechts) und das Schutzhaus Heligkreuz-Hospiz (links). – Foto: Dieter Warnick

Was der Urlauber auf jeden Fall gesehen haben muss, ist das eindrucksvolle Heiligkreuz-Massiv (2907 Meter). In Badia geht es mit dem Sesselllift bequem nach oben. Wer will, der wandert natürlich. Nach zehnminütiger Fahrzeit ist das Ziel fast erreicht, es sind nur noch ein paar Schritte durch einen Lärchenhain den Berg hinauf, dann breitet sich der Kreuzkofel direkt vor uns aus. Oben angekommen, auf 2045 Meter, am Fuße des mächtigen Gebirgsstockes, liegt die bekannte Wallfahrtskirche Heiligkreuz – ein beliebtes Ausflugsziel im Naturpark Fanes-Sennes-Prags. Ihre spektakuläre Lage macht die Kirche auch zum beliebten Fotomotiv. Diese wurde im Rokokostil erbaut und erhebt sich über den Bauernhöfen von Pransarores, Rainé und Cianacei.

Die Heilig-Kreuz-Kirche wurde 1484 von Bischof Konrad von Brixen erbaut und ist vor allem während der Sommermonate Anzugpunkt für zahlreiche Pilger. Auch von Wengen, St. Kassian und La Villa führen gut markierte Wanderwege zur Kirche. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Kapelle vergrößert und um den Turm erweitert. 1718 kamen das Schutzhaus mit Wohnung für den Kirchendiener sowie die Gaststätte für die Pilger hinzu.

6. Das Mühlental in Campill

Alte, restaurierte Mühlen, machen klappernd vergangene Alltagskultur und Arbeitswelt der Bergbauern im Mühlental bei Campill wieder lebendig. – Foto: Dieter Warnick

Alte, restaurierte Mühlen, machen klappernd vergangene Alltagskultur und Arbeitswelt der Bergbauern im Mühlental bei Campill wieder lebendig. – Foto: Dieter Warnick

Das Campilltal zweigt in St. Martin in Thurn ab und endet in der kleinen Ortschaft Campill, einem Kleinod im Grünen, das auf 1398 Metern am Fuße des Peitlerkofels im Naturpark Puez Geisler liegt. Das Dorf besticht durch die ursprüngliche Siedlungsart der ”Viles”.

Neben zahlreichen Wanderwegen wartet Campill mit einer besonderen Attraktion auf: „Val di Morins“, wie das Mühltental in ladinischer Sprache genannt wird. Im Tal finden wir also viele Mühlen, von denen einige noch heute von einheimischen Bauern betrieben werden. Acht davon können bei einem 1 ½-stündigen Rundgang entlang des Seresbaches bewundert werden, wobei nur die erste Mühle für Besichtigungen geöffnet ist. Eine Mühle diente einst als Stampfmühle zum Entspelzen von Gerste. Die Mühlen sind ein Zeugnis einer alten Kultur und stammen aus einer Zeit, in der sie ein unentbehrliches Gut darstellten, da die Bauern ausschließlich vom landwirtschaftlichen Ertrag lebten. In den vergangenen Jahren wurden die Mühlen peu à peu fachgerecht renoviert.

Besichtigt werden können auch eine mit Wasser betriebene Seiltriebanlage für ein Sägewerk und ein Kalkofen, in dem früher Kalk gebrannt wurde.

7. Besuch eines der ladinischen Viles

Vom Namen der Kirche stammt auch der deutsche Name, unter dem La Villa bekannt ist: Stern. – Dieter Warnick

Vom Namen der Kirche stammt auch der deutsche Name, unter dem La Villa bekannt ist: Stern. – Dieter Warnick

Zum kulturellen Erbe des Gadertals gehören die Viles, die der Landschaft einen besonderen Reiz geben. Viles werden meist sechs bis acht Gehöft-Ensembles, bestehend aus einem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude, genannt, die alle nebeneinander stehen, oder höchstens leicht versetzt sind. Vorwiegend sind sie an Sonnenhängen in einer Höhe zwischen 1200 und 1700 Metern anzutreffen.

Das Wohnhaus („ciasa“) besteht im oberen Stockwerk aus dem Wohnbereich, darunter befinden sich ein Vorratslager, eine Werkstatt und der Keller. Der Stall („majun“) schließt sich dem Wohnhaus an. Er ist im Untergeschoss gemauert, weil dort die Stallungen sind; der Heustadel („tablé“), ein Stockwerk höher, ist aus Holz.

Ein typischer ladinischer Weiler sind die Viles von Pransarores; im Hintergrund der Heiligkreuzkofel. – Foto: Freddy Planinscheck

Ein typischer ladinischer Weiler sind die Viles von Pransarores; im Hintergrund der Heiligkreuzkofel. – Foto: Freddy Planinscheck

Diese kleinen, harmonischen Einheiten, gehören zu den ältesten und eigentümlichsten bäuerlichen Siedlungsformen dieses Gebietes und gelten durch die Einbettung in die Natur als einzigartig. Die Viles, die sich in ihrer Struktur an der rätischen „tambra“, der ursprünglichen Form einer Berghütte orientieren, sind geschützt, Neu- und Umbauten können nur mit strengen Auflagen durch geführt werden.

Die barocke Pfarrkirche von St. Leonhard zählt zu den schönsten Südtirols. – Foto: Dieter Warnick

Die barocke Pfarrkirche von St. Leonhard zählt zu den schönsten Südtirols. – Foto: Dieter Warnick

Ein weiteres Merkmal dieser kleinen Weiler ist, dass der Platz vor den Gebäuden, wo Brunnen, Tränke und ein Steinofen stehen, meistens gemeinschaftlich genutzt wird. Es ist nämlich ein alter Brauch ladinischer Gemeinschaften, einen Teil der alltäglichen Arbeiten gemeinsam auszuführen. Die Wege, die alles miteinander verbinden, gehören allen Hofeigentürmern, und die umliegenden Felder sind so aufgeteilt, dass jede Familie von der optimalen Nutzung des Bodens leben kann.

Genau diese Gemeinschaft unterscheidet sich von den typischen Südtiroler Höfen, sei es infolge der konzentrierten Form, als auch wegen der Grundstruktur und der Verwaltung der Weiler. Eine der schönsten Viles im Gaderdal ist die Siedlung Runch bei Wengen.

8. Leichter Spaziergang auf dem „Le Tru di Artisc“

Künstlerisches Wurzelwerk, entdeckt in La Villa. – Foto: Dieter Warnick

Künstlerisches Wurzelwerk, entdeckt in La Villa. – Foto: Dieter Warnick

Die Kunstgalerie in der freien Natur mit Werken von Künstlern aus dem Dolomitengebiet ist eine Einmaligkeit. Der „Tru di Artisc“ (Künstlerweg) wurde im Sommer 2011 kreiert und wird jedes Jahr um eine neue Skulptur reicher. Der Weg startet unterhalb der Ortschaft La Villa und führt durch den Wald – ohne nennenswerte Steigung – ins Dorfzentrum St. Kassian, und ist 3,5 Kilometer lang.

9. Wanderung auf den Col Alt

Ein mächtiger Zeitgenosse ist der Ursus Ladinicus. Dieses Kunstwerk aus Holz ist in Oies, dem Geburtsort von Josef Freinademetz, anzutreffen. – Foto: Dieter Warnick

Ein mächtiger Zeitgenosse ist der Ursus Ladinicus. Dieses Kunstwerk aus Holz ist in Oies, dem Geburtsort von Josef Freinademetz, anzutreffen. – Foto: Dieter Warnick

Im alten Teil von Corvara, direkt hinter dem Berghotel Ladinia, geht es los. Auf einem befestigten Weg ist man in knapp 1 ½ Stunden am Ziel auf genau 2000 Metern. Man kann von Corvara natürlich auch mit der Kabinenbahn nach oben fahren; früher führte dort der älteste Sessellift Italiens auf die Berghütte – er war 1947 gebaut worden. Die Aussicht von der Sonnenterrasse und die auf eine Stärkung lassen genügend Zeit zum Träumen. Hier oben gibt es Wanderwege zur Genüge, und auch andere Hütten, wir zum Beispiel die Arlara-Hütte, laden zur Einkehr. Der Kaiserschmarrn dort ist ein Hochgenuss, und der Apfelschmarrn von „Mutter Berta“, der Hüttenwirtin, eine einmalige Spezialität.

10. Fahrt um den Sellastock über vier Pässe

Bei dieser Tour sollte man sich Zeit lassen, denn die Ausblicke sind fantastisch, und der gigantische Sella-Stock, den wir umrunden, ist quasi immer in Reichweite. Die Sella-Gruppe ist ein plateauförmiger Bergstock; höchster Gipfel ist der Piz Boè mit 3152 Metern.

Von Corvara aus fahren wir zuerst auf den Passo di Campolongo. Mit seinen 1865 Metern ist er weder der steilste noch der längste der Dolomitenpässe, doch ein Halt auf der Passhöhe lohnt allemal. Der Blick auf Corvara und die teils liebliche, teils zerklüftete Landschaft ist einfach nur herrlich.

Aufstieg mit Genuss: Gourmets kommen in Alta Badia voll auf ihre Kosten. Das Val Badia hat nämlich die größte Dichte hervorragender Restaurants und Hütten in ganz Italien. – Foto: Udo Bernhardt

Aufstieg mit Genuss: Gourmets kommen in Alta Badia voll auf ihre Kosten. Das Val Badia hat nämlich die größte Dichte hervorragender Restaurants und Hütten in ganz Italien. – Foto: Udo Bernhardt

Weiter geht es Richtung Pordoijoch. Wer zuerst aber noch einen Abstecher nach Arabba unternehmen will, sollte dies durchaus tun. Im Winter als beliebtes Wintersportzentrum bekannt, ist der Ort im Sommer idealer Ausgangspunkt für Wanderungen und Klettertouren im Sella- und Marmolada-Gebiet. Wir haben Südtirol verlassen und sind in Venetien angekommen.

Wer Arabba auslässt (und natürlich auch der, der zuvor in Arabba war), sollte dann aber unbedingt auf der Passhöhe des Pordoijochs (2239 Meter) eine Pause einlegen, denn das weite Blickfeld gen Osten bietet ein atemberaubendes Panorama. Vom Pass aus zu Fuß erreichbar ist eine Gedächtnisstätte mit Soldatenfriedhof, auf dem über 8500 österreichische und deutsche Gefallene des Ersten und fast 850 Gefallene des Zweiten Weltkriegs bestattet sind.

Wenn das Tal noch nebelverhangen ist, haben Biker in höheren  Gefilden schon freie Sicht. – Foto: Freddy Planinscheck

Wenn das Tal noch nebelverhangen ist, haben Biker in höheren Gefilden schon freie Sicht. – Foto: Freddy Planinscheck

Nächste Station: das Sellajoch (2240 Meter). Der Pass verbindet das Grödnertal mit dem Fassatal und ist der berühmteste aller Dolomitenpässe. Die Ausblicke sind großartig. Aber der Verkehr auf der Passstraße kann zur Geduldsprobe werden, wenn Motorradfahrer, Fahrradfahrer, Reisebusse, Wohnmobile und Pkw‘s aufeinandertreffen. Vor allem in den Ferienzeiten kann es eng werden.

Ein unbedingtes Muss vor unserer Rückkehr ist ferner ein Stopp am Grödner Joch (2121 Meter). Hier tauchen die Cirspitzen, die dasTor zum Naturpark Puez Geisler bilden, vor uns auf. Nach Westen beeindruckt der Blick auf den 3181 Meter hohen Langkofel, und nach Osten öffnet sich die Aussicht zu den Berggipfeln des Gadertals (Sassongher, die Fanes-Gruppe mit dem Heiligkreuzkofel, Conturines-Spitze und Lavarela). Noch weiter im Osten sind schließlich die Gipfel der Tofana auszumachen.

Zurück am Ausgangspunkt wird diese Tour noch lange im Gedächtnis bleiben.

Informationen: Tourismusverband Alta Badia, Str. Colz 75, I-39030 La Villa, Tel.: (0039 0471) 84 70 37; Internet: www.altabadia.org; E-Mail: info@altabadia.org

Raushier-Reisemagazin

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