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Stippvisite mit Wildlife-Feeling: Südafrika in sieben Tagen

Strahlend lacht mich die warme Novembersonne mit ihren 28 Grad an. Heiße Sonne im November? Für mich als Europäer kaum denkbar. Aber ich befinde mich ja auch auf der anderen Seite der Erdkugel und hier beginnt die warme Jahreszeit gerade erst. Hier, das ist Südafrika, genauer gesagt Johannesburg.

Joburg – Künstler-Stadtteil Newtown.

Joburg – Künstler-Stadtteil Newtown.

Richtig kalt wird es hier nie an der Südspitze Afrikas, eher subtropisch. Neun Provinzen und elf Sprachen – wenn das nicht vielseitig ist für ein Land, staune ich. Und dieses Land will ich nun in einer Woche entdecken? Unmöglich, denke ich – zumindest zu Beginn meiner Reise.

Joburg – Aufbruch und Gegensatz pur erleben

Johannesburg – „Ort des Goldes“, so heißt die 1886 gegründete und heute 4,4 Millionen Einwohner zählende Metropole in der Zulu-Sprache, die von der größten ethnischen Gruppe Südafrikas gesprochen wird. Und was ein echter Johannesburger ist, der nennt seine Stadt auch „Joburg“. Das klingt nicht nur flotter, sondern ist auch einfacher zu sprechen. Na dann „ssanibonáni“ – guten Morgen Südafrika, wie der Zulu sagt.

Spannend und erwartungsvoll beginne ich meine Tour durch die von Jacaranda-Bäumen geprägte Stadt. Alles leuchtet angenehm violett in den hellen und gepflegten Straßen. Bin ich in Afrika? Ganz entgegen meiner Erwartungen ist es hier eher europäisch geprägt, ruhig und fast beschaulich scheint diese Stadt zu sein. War Joburg nicht die Stadt mit der höchsten Kriminalität des Landes? Da bin ich ja gleich wieder erstaunt. Man hat hier viel getan für die Sicherheit und die Aufwertung des Stadtzentrums, besonders durch kulturelle Angebote. Klar gibt es arme Stadtteile mit hoher Kriminalität, Soweto im Südwesten gehört wohl dazu. Aber wer nach Hamburg, Berlin oder Frankfurt kommt, findet auch nicht immer nur schöne Ecken, denke ich mir.

Graffiti & Lebensfreude – Kennzeichen des modernen Joburg.

Graffiti & Lebensfreude – Kennzeichen des modernen Joburg.

Also ist Joburg normal? Nein, normal ist die Stadt nicht. Sie ist verrückt, lebendig, hoffnungsvoll und trotz ihres starken europäischen Einflusses so gar nicht europäisch – eben Afrika, genauer Südafrika im Aufbruch. So könnte man Joburg knapp charakterisieren. Kultur, besonders die moderne Kultur und Kunst spielen eine bedeutende Rolle. Das ist nicht die Kunst der großen Galerien und riesigen Konzertsäle. Das ist die Kultur der Menschen von hier, von der Straße, aus den Vierteln. Nirgendwo kann man das in Joburg besser erleben als in Maboneng, „Platz des Lichts“ bedeutet das.

Hier pulsiert das Leben, blüht die junge Kultur, lebt die Straßenkunst. Hauswände werden zu Wirkungsstätten von begabten Graffiti-Künstlern,  Fabrikhallen zu Galerien, Cafés oder Restaurants. Fast ein bisschen wie Berlin-Kreuzberg in den 80er  Jahren, denke ich mir und verfalle schon wieder in diese Vergleiche, um all die Eindrücke für mich einordnen zu können. Hier spürt man den Aufbruch und den Willen Joburgs, sein Image zu verbessern und eine positive Atmosphäre breitet sich bei mir als Besucher aus. Freundlichkeit, Offenherzigkeit und der Wille, dem Reisenden die Schönheit, Vielseitigkeit und Kraft des neuen Südafrikas zu vermitteln, begegnen mir allerorten auch in anderen Landesteilen in den nächsten Tagen und sorgen für ein Gefühl willkommen zu sein.

Gegenwart und Zukunft fußen in der Vergangenheit der Stadt

Straßenmusiker in Newtown – Spontaneität ist das Kennzeichen dieses Johannesburger Stadtteils.

Straßenmusiker in Newtown – Spontaneität ist das Kennzeichen dieses Johannesburger Stadtteils.

Das neue Südafrika? Ja, jung und völlig neu geordnet ist das eigentlich alte Südafrika seit nunmehr 19 Jahren. Seit dem Ende der Apartheid 1990, seit jenem April 1994, in der der ANC (African National Congress) die ersten freien Wahlen gewann. Der zuvor 27 Jahre inhaftierte und erst 1990 freigelassene Nelson Mandela wurde erster schwarzer Präsident. Mandela war der wichtigste Wegbereiter des friedlichen Übergangs von der Apartheid zu einem demokratischen, pluralistischen Südafrika – für die Südafrikaner war er einfach: der Vater der Nation, am 5. Dezember 2013 ist er im Alter von 95 Jahren gestorben.

Das „Old-Fort“-Gefängnis in Johannesburg.

Das „Old-Fort“-Gefängnis in Johannesburg.

In Johannesburg steht daher für mich auch ein Besuch des „Old Fort“-Gefängnisses  auf dem heutigen „Constitution Hill“ auf dem Programm, einem Ort, an dem ehemals politische Häftlinge unter erschreckenden Bedingungen gefangen gehalten wurden. Prema Naidoo, ein ehemaliger Häftling und heutiger Führer in dem Museum erzählt mir von den erschütternden Erlebnissen in der Haftanstalt, die seit ihrer Gründung 1892 schon viele bekannte Freiheitskämpfer, wie Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela inhaftiert hielt. Auch das ist Südafrika, auch das ist Johannesburg.

Die Musik macht’s – Jazz-Szene in Johannesburg

Viel mehr kann ich in dieser Stadt entdecken, lebendig und wechselvoll ist nicht nur ihre Geschichte, ich bin aber nur auf Stippvisite hier und entscheide mich, der Musik der Stadt auf den Grund zu gehen. Wieder streife ich dabei das Thema Apartheid, als ich den Stadtteil Sophiatown besuche. Denn im Haus eines ehemaligen ANC-Präsidenten erfahre ich nicht nur eindrucksvoll, wie die Vertreibung der schwarzen Bevölkerung aus dem Ortsteil stattgefunden hat, hier entstand auch die Jazz-Szene von Johannesburg, die bis heute hier und vor allem im Nachbarbezirk Mellville lebt. Zahlreiche Clubs, Cafés und Musikgeschäfte sind dort ansässig, besonders in der legendären „7th Street“. Abends lebt der Stadtteil hier – ähnlich wie Maboneng, aber noch viel Musik-lastiger.

Das Moses-Mabhida-Stadion Durban, in dem schon die deutsche Nationalmannschaft 2010 während der WM spielte.

Das Moses-Mabhida-Stadion Durban, in dem schon die deutsche Nationalmannschaft 2010 während der WM spielte.

Da habe ich richtig Glück, dass ich Sifiso Ntuli treffe, den Tontechniker und DJ, der in einem Laden in Mellville auflegt. Denn er ist der Besitzer des „House of Nsako“, einem privat geführten Szene-Club, in dem einmal im Monat eine Jazz-Jam-Session stattfindet – im kleinen Kreis. „Einfach fragen, ob man vorbeikommen kann“, verrät mir Sifiso grinsend auf meine  Frage, wie man denn in diesen Kreis der Zuhörer gelangen kann.

Und während ich mich dann in Sifisos Garten in der Nachmittagssonne von afrikanischen Jazz-Rhytmen berauschen lasse, lasse ich die tausend Erfahrungen in Johannesburg, die aufgesogene Lebendigkeit und das bunte Flair in mir sacken. „Mehr“, ruft es in mir – und mehr bekomme ich auch von dem Land am Kap von Afrika. Aber an einem völlig anderen Ort, in einer anderen Region – na dann masambene – auf geht’s!

KwaZulu Natal – die wilde Ostküste am indischen Ozean oder das African Wildlife

Der Pier am Strand von Durban.

Der Pier am Strand von Durban.

Feucht-warm empfängt mich meine neue Destination. Durban, die drittgrößte Stadt Südafrikas nach Johannesburg und Kapstadt, ist eine Industrie- und Hafenstadt mit malerischen Stränden und einem bedeutenden Stadion, in dem schon die deutsche Fußball-Nationalmannschaft während der WM 2010 gespielt hat. Die Metropole liegt am Rande seiner Provinz KwaZulu-Natal, entstanden 1994 aus den früheren Homeland KwaZulu und der ehemaligen Provinz Natal. Sie beinhaltet das traditionelle Siedlungsgebiet der Zulu und ist die einzige Provinz, die den Namen einer ethnischen Gruppe in ihrem Namen trägt.

Es zieht mich hinaus aus der Stadt zum einige Autostunden entfernten Hluhluwe-iMfolozi-Park, 280 Kilometer von Durban entfernt.

Die Promenade am Strand von Durban.

Die Promenade am Strand von Durban.

Interessiert lausche ich meinem Reiseführer, einem Zulu namens Manda, der auch in Auftreten und Figur wir ein stolzer Kämpfer seines Volkes daher kommt. So erfahre ich von ihm viel über die Gepflogenheiten seines Stammes. Zum Beispiel, wie man heiratet, dass man bei den Zulu eine Frau nicht einfach heiraten kann, sondern dafür elf Kühe geben muss an die Familie der Braut. Vor der Ehe gibt’s keinen Sex, macht man es doch, braucht man eine „Standby-Kuh“ zu Hause, die man sofort als Entschuldigung der Mutter des Mädchens überlassen muss. Und wer heiraten will, muss als erste Prüfung eine lange Einkaufsliste von Geschenken an die Braut-Familie abarbeiten, um sein Organisationstalent unter Beweis zu stellen. Mit der Erzählung dieser kurzweiligen Details über die Kultur der Zulu erreiche ich schnell das ferne Gebiet des Hluhluwe-iMfolozi-Parks.

Ältester Nationalpark Südafrikas

Eine Zulu-Tanzgruppe.

Eine Zulu-Tanzgruppe.

Der 960 Quadratkilometer umfassende Park ist der älteste Nationalpark Südafrikas. „Spannend“, denke ich bei mir, denn anders als der Krüger-Park werden hier keine Reisebusse voll erlebnishungriger Touristen durch die wilde Natur kutschiert. Aufregend beginnt mein Abenteuer bereits, als ich das massiv gesicherte und bewachte Tor des Park-Eingangs passiere und ein Schild entdecke, das mich vor einer Begegnung mit den „Big Five“ warnen soll. Die „Big Five“, das sind Löwen, Elefanten, Nashörner, Geparden und Wasserbüffel. Tiere, die in Afrika zu Hause sind und in diesem Park ohne den Eingriff des Menschen natürlich leben. Das gefährlichste Tier der fünf  Großen ist zu meinem Erstaunen der Wasserbüffel, denn er ist unberechenbar und – einmal provoziert – auch nachtragend. Eine Begegnung mit ihm zu  Fuß erspare man sich daher besser.

Breitmaul-Nashörner im Hluhluwe-iMfolozi-Park.

Breitmaul-Nashörner im Hluhluwe-iMfolozi-Park.

Überhaupt sollte man im Park außerhalb seiner Unterkunft nicht aussteigen und Wanderungen unternehmen, es könnte der letzte Spaziergang sein. Geführte Touren mit bewaffneten Nationalparkführern gibt es aber. Ich erfreue mich heute aber einer spannenden Jeep-Safari. Und da muss ich auch gar nicht lange nach wilden Tieren Ausschau halten. Bereits unmittelbar nach meinem Eintreffen im Park sehe ich  Breitmaulnashörner, friedlich grasend zusammen mit einer Gruppe Zebras, Wasserbüffel suhlen sich im nahen Schlammbecken. Eine Gruppe Paviane verweilt in der Ferne auf einer Lichtung und alles scheint friedlich wie in einem paradiesischen Zustand, gestreichelt von der orangenen Nachmittagssonne, die die unendlichen grünen Weiten und grasigen Hügel des Parks in ein sanft-gelbliches Licht taucht.

Elefanten und der König der Tiere

Eine stolze Giraffe.

Eine stolze Giraffe.

Das eintönige Knattern des Jeep-Motors wird unterbrochen von einem lauten Trompeten. Eine Herde Elefanten, die am Fluss einen Abend-Spaziergang unternehmen wollte, fühlt sich gestört. Schnell fahren wir weiter, treffen auf eine stolze Giraffe, die auf uns höhnisch grinsend herabzublicken scheint und halten schließlich an einem trist erscheinenden Pappelgrasfeld. Was gibt es hier, will ich den Fahrer fragen, doch die Antwort tönt mir sogleich von der Wiese entgegen. Ein Sound, bei dem jeder Sportwagenfahrer seine Freude hätte, schießt es mir durch den Kopf, als ich das Brüllen eines mächtigen Löwen höre, der mitten im Gras liegend, fast versteckt nur seinen Kopf zum Vorschein kommen lässt. Was eine Mähne, zum Friseur muss der wohl nicht, witzele ich aus sicherer Entfernung im Auto und möchte mir eine hautnahe Begegnung mit diesem König der Tiere gar nicht vorstellen.

Wie gebannt bin ich von der Erhabenheit, mit der der Löwe über die Wiese schreitet. Noch viele Tiere, zahlreiche bunte Vögel und Krokodile entdecke ich auf meiner  Pirschfahrt. Gedrungen-verschlagene Hyänen kreuzen unseren Weg in der Dunkelheit, seltene Wildhunde streunen umher, ein Uhu beansprucht partout die Mitte der Straße als seine Residenz und zahlreiche Antilopenarten galoppieren durch die Buschlandschaften. Ich weiß gar nicht so recht, wo ich zuerst hinschauen soll, die Eindrücke prasseln auf mich ein, ohne mich zu ermüden.

Übernachtung mitten im Nationalpark

Zebras.

Zebras.

Was gibt es Spannenderes für das Ende eines solchen Tages als eine Übernachtung in einem Camp mitten im Nationalpark? Aus der Ferne höre ich gelegentlich einen Affen schreien oder einen Büffel raunzen. Geweckt Gezwitscher der Vögel, gebe ich mich der malerischen Verführung des morgendlichen Sonnenaufgangs über den Weiten des Nationalparks hin, bevor ich wehmütig zu meinem nächsten, nicht weniger erhebenden Ziel aufbreche und den Nationalpark in den frühen Morgenstunden verlasse. Noch einmal erlebe ich ein bisschen Wildlife-Feeling, als ich mich auf dem Weg nach Durban einer kurzen Bootsfahrt auf dem Lake St. Lucia hingebe und einer Gruppe Flusspferde begegne, die den heißen Tag faul im Wasser verbringt.

Sonnenaufgang am Indischen Ozean.

Sonnenaufgang am Indischen Ozean.

Zurück in der Zivilisation lasse ich die kurze Reise in das Land am Kap von Afrika ausklingen, während ich vom Balkon meines Hotels dem Rauschen des Indischen Ozeans lausche und über die unzähligen Erlebnisse der letzten Tage sinniere: spannende Begegnungen mit freundlichen Menschen, wilden Tieren und eine atemberaubende Natur. Sicherlich brauche ich noch mehr Zeit, um Südafrika zu erleben, um alle interessanten Teile des Landes kennen zu lernen, Kapstadt oder die anderen Küsten und Regionen zu besuchen. Aber dennoch ist ein kurzer und intensiver Genuss wie ich ihn in drei Regionen und einer Woche erfahren habe, ein höchst sinnliches und stressfreies Erlebnis, das die innere Zufriedenheit hervorruft und nach einer Fortsetzung in naher oder ferner Zukunft schreit.

Fotos: Philip Duckwitz

INFORMATIONEN

Wie kommt man hin? Von Frankfurt und München aus fliegt South African Airways direkt in einem Nachtflug von zehn Stunden direkt nach Johannesburg. Auch die Lufthansa und andere europäisches Airlines fliegen nach Südafrika.

Rundreisen und pauschale Urlaubsreisen von Deutschland aus bietet bestens organisiert und durchgeführt auf hohem Niveau der Reiseveranstalter Thomas Cook an, der neben anderen Veranstaltern auf dem deutschen Markt operiert. www.thomascook.de

Währung und Geld: Die südafrikanische Währung ist der Rand, Umrechnungskurs 14:1  gegenüber dem Euro(Stand November 2013)

Raushier-Reisemagazin