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Goldenes Schwabach – wo altes Handwerk weiterlebt

Schwabach, eine beschauliche und überschaubare, lebensfrohe, typisch fränkische Stadt mit liebevoll gepflegten Fachwerkhäusern, reizvollen Winkeln und Gassen, muss man nicht unbedingt kennen. Dennoch ist das 40 000-Einwohner-Städtchen, wenige Kilometer südlich von Nürnberg gelegen, weltbekannt. Und zwar wegen des Blattgoldes, das dort seit Jahrhunderten geschlagen wird.

Schwabachs gute Stube ist der Marktplatz mit dem Schönen Brunnen. – Foto: Stadt Schwabach

Schwabachs gute Stube ist der Marktplatz mit dem Schönen Brunnen. – Foto: Stadt Schwabach

Das Goldschlägerhandwerk erreichte in Schwabach Anfang des 20. Jahrhunderts seine größte Blütezeit, nachdem sich die ersten Goldschläger im 16. Jahrhundert dort niedergelassen hatten und im Laufe der folgenden Jahrhunderte einen wahren Boom auslösten. Zu seiner Hoch-Zeit in den 1920er-Jahren beschäftigten 130 Betriebe 1200-1500 Personen. Heute sind es nur noch fünf Goldschlägerwerkstätten – und trotzdem ist diese Zahl einzigartig, und Schwabach nach wie vor bei der Blattgold-Herstellung die Nummer eins weltweit  – 40 Prozent allen Blattgolds kommt aus Mittelfranken.

Ein einzigartiges Klima

Die Dachziegel der Türmchen am Rathaus wurden mit 24-karätigem Blattgold überzogen, der Volksmund spricht von den „Goldenen Dächern von Schwabach“. – Foto: Stadt Schwabach

Die Dachziegel der Türmchen am Rathaus wurden mit 24-karätigem Blattgold überzogen, der Volksmund spricht von den „Goldenen Dächern von Schwabach“. – Foto: Stadt Schwabach

In Schwabach finden die Goldschläger ideale Voraussetzungen für ihr Handwerk, denn für die Herstellung von Blattgold wird ein ausgeglichenes, nicht zu trockenes, aber auch nicht zu feuchtes Mikroklima benötigt, das durch seine Kessellage und seinen sandigen Untergrund aufs Vortrefflichste gegeben ist. So kann man zum Beispiel das Blattgold sehr viel dünner schlagen als im benachbarten Nürnberg.

Hauchdünner geht es nicht

Für die Herstellung von Blattgold müssen starke Männer ran. Nachdem das Rohmaterial, ein Barren Gold also, legiert, geschmolzen und gegossen wurde, wird es geschmiedet, gewalzt und ein letztes Mal geglüht. Danach kommt die Feinarbeit. Das Goldband wird in gleich schwere Abschnitte zusammengelegt, dann wird es in eine Form, bestehend aus 400 bis 2000 quadratischen Blättern, zwischen die das Gold eingelegt wird, gegeben, ehe allmählich das Schlagen beginnt. Zum Dünnschlagen braucht man bis zu sechs Stunden, und verwendet sechs verschiedene Hämmer: den Anschlaghammer (7,5 kg), das Spitzchen (1,5 kg), den Setzhammer (2,5 kg), den Ausschlaghammer (5,5 kg und 9,0 kg) sowie den Fertighammer (12,5 kg!). Nach zirka 5000 bis 7000 Schlägen hat das Blattgold eine Stärke von 1/8000 bis zu 1/12 000 Millimeter – hauchdünner geht’s nicht. Man müsste also 8000 bzw. 12 000 Stück Blattgold aufeinander legen, um einen Millimeter Dicke zu erreichen. Zum Vergleich: ein menschliches Haar ist 1/12 Millimeter dick.

Ungewöhnliche Perspektive: Stadtkirche (hinten) und Spitalkirche. – Foto: Dieter Warnick

Ungewöhnliche Perspektive: Stadtkirche (hinten) und Spitalkirche. – Foto: Dieter Warnick

Heute ist das manuelle Schlagen so gut wie ausgestorben (ein Lehrberuf  ist es schon länger nicht mehr), weil die mühevolle Arbeit maschinell mit einem Federhammer oder computergesteuert geschlagen wird. „Drei bis vier Handwerker gibt es noch bei uns“, verrät Stadtführer Reinhold Bohlsen“, „die auf  Bestellung, zum Beispiel von Museen, mit der Hand schlagen, weil dieses Blattgold so doch noch ein kleines bisschen mehr Charakter hat als wenn es mit der Maschine geschlagen wird.“ Vor allem für Restaurationen von Kunstobjekten wird  handgeschlagenes Blattgold hergenommen.

Schwabacher Blattgold in Jerusalem

Blattgold findet generell Verwendung beim Vergolden von Kunstobjekten, bei der Porzellan- und Glasherstellung, in der Architektur, der Buchbinderei, der Schriftmalerei oder im medizinisch-kosmetischen Bereich. Dass viele Gegenstände in Kirchen, Moscheen oder anderen Gebäuden, vorwiegend in arabischen Ländern und in Russland, Blattgold-verziert sind, und dieses aus Schwabach kommt, versteht sich fast schon von selbst. So ist die Luxus-Spielbank Taj Mahal des amerikanischen Milliardärs Donald Trump ebenso mit Schwabacher Blattgold veredelt wie der Palast des Sultans von Brunei, der Invalidendom in Paris oder die Maria-Magdalena-Kirche auf dem Ölberg in Jerusalem. Seit 2001 sind auch die Türme des Schwabacher Rathauses mit „einheimischem“ Blattgold belegt.

Goldschläger-Schauwerkstatt

Neu renoviertes Fachwerkhaus in der Fischgrubengasse. – Foto: Stadt Schwabach

Neu renoviertes Fachwerkhaus in der Fischgrubengasse. – Foto: Stadt Schwabach

In einer lebensecht nachgestellten Goldschläger-Schauwerkstatt in der Bachgasse werden vorwiegend Exponate aus der ehemaligen Schwabacher Goldschlägerei von Willi Eckert gezeigt. Die Ausstellungsstücke stammen größtenteils aus der Zeit von 1900 bis 1910. Die Firma Willi Eckert beschäftigte bis zu ihrer Schließung im Jahr 2007 bis zu fünf  Mitarbeiter. Während des Bürgerfestes, zur Kirchweih oder an bestimmten Tagen in der Weihnachtszeit wird dort noch tatsächlich von einem Goldschlägermeister Gold geschlagen. Auch im Stadtmuseum ist eine traditionelle Goldschlägerwerkstatt aufgebaut.

Das edle Metall ist auch in der Sterneküche begehrt

Aus dem Jahr 1823 stammt der Pferdebrunnen am Marktplatz. – Foto: Yvonne Michailuk

Aus dem Jahr 1823 stammt der Pferdebrunnen am Marktplatz. – Foto: Yvonne Michailuk

Sogar  beim Verzieren von Speisen hat das Blattgold längst Einzug gehalten; der eine oder andere Sternekoch bedient sich mit Vorliebe an dem edlen Metall; ebenso darf  bei  deftigen Mahlzeiten mitunter Gold nicht fehlen. So bietet zum Beispiel ein Lokal in der Schwabacher Innenstadt ein Goldschlägerschnitzel an. Auch Goldschläger-Bratwürste einer Metzgerei sind sehr beliebt. Und im Original Schwabacher Goldwasser, einem Gewürzlikör, schwimmen die hauchdünnen Blattgold-Teilchen. Stadtführer Bohlsen bringt es auf den Punkt: „Alles Schöne auf der Welt ist vom Schwabacher Blattgold überzogen.“

„Metallerstadt“

Henselt wurde am 9. Mai 1814 in Schwabach geboren. Der später geadelte Henselt gehörte insbesondere in den 1830er und 1840er Jahren neben Frédéric Chopin und Franz Liszt zu den angesehensten Komponisten und Klaviervirtuosen seiner Zeit, der Romantik. Ab 1838 war er in St. Petersburg Hofpianist der russischen Zarenfamilie. Später setzte er bedeutsame Impulse durch seine musikpädagogische Tätigkeit. Von ihm stammt das bekannte Volkslied „Wenn ich ein Vöglein wär“. Henselt starb am 10. Oktober 1889 in Warmbrunn/Schlesien. – Foto: Stadt Schwabach

Adolf Henselt wurde am 9. Mai 1814 in Schwabach geboren. Der später geadelte Musiker gehörte insbesondere in den 1830er und 1840er Jahren neben Frédéric Chopin und Franz Liszt zu den angesehensten Komponisten und Klaviervirtuosen seiner Zeit, der Romantik. Ab 1838 war er in St. Petersburg Hofpianist der russischen Zarenfamilie. Später setzte er bedeutsame Impulse durch seine musikpädagogische Tätigkeit. Von ihm stammt das bekannte Volkslied „Wenn ich ein Vöglein wär“. Henselt starb am 10. Oktober 1889 in Warmbrunn/Schlesien. – Foto: Stadt Schwabach

Ein wichtiges Handwerk, das sich etwa um 1630 in der Stadt ansiedelte, war die Nadlerei. Nadeln benötigten die ärmsten Bauernfrauen auf dem Land ebenso wie die hoch angesehenen Schneider im Vorderen Orient. Noch heute hat Schwabach als Nadlerstadt einen weltweiten Ruf. Auch die erste Fabrik für Gold- und Silberdrahtzug – gezogene Drähte benutzten die Instrumentenbauer  und die Goldschmiede als Drahtbürsten – wurde hier gegründet, der Grundstein als „Metallerstadt“ war spätestens jetzt gelegt. Anfang des 20. Jahrhunderts war das beschauliche Städtchen zu einer Industriestadt geworden. Und als die Musik begann, aus Grammophonen zu ertönen, da drehten sich die Nadeln „made in Schwabach“ in aller Welt auf den Plattentellern.

Bierbrauer gab es mehr als genug

Der Nadlersbach, der Teile der Altstadt durchzieht, sorgt im Sommer für eine wohltuende Abkühlung. – Foto: Dieter Warnick

Der Nadlersbach, der Teile der Altstadt durchzieht, sorgt im Sommer für eine wohltuende Abkühlung. – Foto: Dieter Warnick

Dass die staubige Arbeit der Goldschläger durstig machte, versteht sich von selbst. Also waren auch die Brauereien gut ausgelastet. Heute ist das Brauereiwesen in Schwabach ausgestorben. Der Gerstensaft wird unter anderem von einer Brauerei aus Ingolstadt bezogen.

Schon im 13. Jahrhundert tranken die Schwabacher gerne Bier. Das Brauen des Gerstensaftes war zu dieser Zeit das bedeutendste Gewerbe im Ort. Das verdeutlicht auch das damalige Stadtwappen, das zwei gekreuzte Bierschöpfen zeigt. Zwei Jahrhunderte später brauten ungefähr 80 Berechtigte weit über 400 Hektoliter Bier pro Jahr. Es wurde nach Frankreich exportiert, nach Österreich und Ungarn, wo es gegen Wein eingetauscht wurde. Hopfen gab es genug, und das quasi vor der Haustür, denn das Örtchen Spalt, 20 Kilometer südlich von Schwabach gelegen, war damals schon (und heute erst recht) für seinen Hopfenanbau über die Landesgrenzen hinweg bekannt.

Oft fotografiert: das vergoldete Riesen-Ei des Schwabacher Bildhauers Clemens Heinl in der Nähe des Marktplatzes. – Foto: Stadt Schwabach

Oft fotografiert: das vergoldete Riesen-Ei des Schwabacher Bildhauers Clemens Heinl in der Nähe des Marktplatzes. – Foto: Stadt Schwabach

Ende des 17. bis zur Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Blütezeit der Schwabacher Braukunst – Schwabach hatte sich zu einem regelrechten Brauzentrum entwickelt. Allein am Pinzenberg, der in der nördlichen Altstadt liegt, standen sieben Wirtshäuser mit Braurecht. Gelagert wurde das Gebräu in riesigen Kellern unter eben jenem Pinzenberg; diese Keller waren schon um das Jahr 1500 herum in den Sandsteinfelsen gegraben worden. Jedes Haus hatte quasi seinen eigenen Stollen, der  mit den unterirdischen Gängen der Nachbarhäuser verbunden war. So entstand ein regelrechtes Labyrinth. Dort war es nicht kälter als acht Grad und nicht wärmer als zwölf Grad – ideal zur Lagerung des süffigen Getränks.

Die Felsengänge unter der Erde sind 18 Kilometer lang

Der Stadtpark ist die grüne Lunge der 40 000-Einwohner-Stadt. – Foto: Stadt Schwabach

Der Stadtpark ist die grüne Lunge der 40 000-Einwohner-Stadt. – Foto: Stadt Schwabach

Insgesamt haben die Felsengänge unter Tage eine Länge von sage und schreibe 18 Kilometern, das entspricht 14 000 Quadratmetern. Ein Großteil ist natürlich nicht mehr begehbar, aber ein Teil der Kelleranlage, der sogenannte „Vorführkeller“ mit einer Größe von 500 Quadratmetern, kann besichtigt werden. Die Sanierung dieses Teils kostete die Stadt 350 000 Euro und ist seit Mai 2012 zugänglich.

Einen weiteren wichtigen Gewerbezweig der Stadt verkörperten im 16. Jahrhundert die Textilhersteller und -bearbeiter, Tuchmacher, Leinenweber und Färber. Die zugewanderten Hugenotten gründeten Ende des 17. Jahrhunderts eine Gobelinmanufaktur. Als die letzten Teppichweber die Stadt im Jahr 1747 verließen, traten Stumpf- und Handschuhmacher an deren Stelle. Diese Betriebe beschäftigen in ihrer Glanzzeit 180 Meister und 1800 Beschäftige.

„Villa Suabach“

Tief unter der Erde wurden Teile der ehemaligen Bierkeller ausgebaut und saniert; sie haben eine Gesamtlänge von 18 Kilometern; aber nur ein kleiner Teil ist für Besucher begehbar. – Foto: Reinhold Bohlsen

Tief unter der Erde wurden Teile der ehemaligen Bierkeller ausgebaut und saniert; sie haben eine Gesamtlänge von 18 Kilometern; aber nur ein kleiner Teil ist für Besucher begehbar. – Foto: Reinhold Bohlsen

Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird Schwabach im Jahr 1117 als „villa Suabach“; die erste Namensnennung stammt allerdings aus dem 9. Jahrhundert vom Flüsschen „Suapaha“. Daraus wird später Swobach und schließlich Schwabach. Der Aufstieg der Ortschaft geht einher mit der Ernennung zum Markt im Jahr 1303, dem Bau der Stadtmauer 1365, und der Erlangung des Stadtrechts 1371. Im Jahr 1375 wurde das Spital mit seiner Kirche errichtet, und eine Lateinschule entstand. 1469 ist Baubeginn der gotischen Stadtkirche, die 1495 fertiggestellt ist, und 1528 wird das „neue Rathaus“ eingeweiht. Zu dieser Zeit ist Schwabach eine blühende, wohlhabende Kleinstadt mit 1500 Einwohnern.

Goldschlägermeister Werner Auer bei der Arbeit. – Foto: Stadt Schwabach

Goldschlägermeister Werner Auer bei der Arbeit. – Foto: Stadt Schwabach

Die Stadtmauer wurde im Übrigen in fast 100-jähriger Fronarbeit erbaut, zog sich um die gesamte Stadt, hatte vier Stadttore  – die Bürger nannten die dazugehörigen Türme „Luginsland“ –, davor einen tiefen Graben und dahinter einen hohen Wall. Schwabach war bestens vor Angreifern geschützt, wurde aber im 30-Jährigen Krieg (1618-1648),  als Truppen Wallensteins und Kämpfer des Herzogs von Bayern die Stadt belagerten, eingenommen (1632), geplündert und so zerstört, dass – so schreiben es die Chroniken  – auf den Straßen das Gras wuchs und die Stadt quasi menschenleer war.

Die Hugenotten sind da

Die lebensecht nachgestellte „Schauwerkstatt“ verdeutlicht hinter einem Schaufenster die einzelnen Produktionsschritte vom Goldbarren zum hauchdünnen Blattgold sowie auch das Beschneiden und Verpacken. – Foto: Stadt Schwabach

Die lebensecht nachgestellte „Schauwerkstatt“ verdeutlicht hinter einem Schaufenster die einzelnen Produktionsschritte vom Goldbarren zum hauchdünnen Blattgold sowie auch das Beschneiden und Verpacken. – Foto: Stadt Schwabach

Das änderte sich erst wieder, als die Stadt, unterstützt vom Ansbacher Markgrafen Johann Friedrich, im Jahr 1686 französische Glaubensflüchtlinge, die in ihrer Heimat von König Ludwig XIV. verfolgt wurden, aufnahm. Diese 400 Hugenotten brachten durch ihre – schon oben erwähnte Handwerkskunst, dem Herstellen von Wandteppichen  – wieder einen gewissen Wohlstand nach Schwabach. Und sie fühlten sich nach kurzer Zeit schon so heimisch, dass sie bereits 1687 ihr eigenes Gotteshaus, die „Franzosenkirche“, in nur gut einjähriger Bauzeit errichteten – eine enorme Leistung! Bis zum Jahr 1716 wuchs die eigenständige Gemeinde auf fast 500 Mitglieder an. Damals beherbergte die Stadt etwa 6000 Seelen – viermal so viel wie noch knapp 200 Jahre zuvor. Bis Ende des 18. Jahrhunderts ging die Zahl der französischen Mitbürger auf 75 zurück. Schon um 1620 herum hatte die Stadt vertriebene Protestanten aus der Oberpfalz und aus Österreich – im Zuge der Gegenreformation – aufgenommen. Schon diese hatten neue Gewerbe mitgebracht und erwarben oder bauten Häuser. Ihre Zahl betrug bald ein Fünftel der Schwabacher Einwohner.

„Stadt der hundert Schlote und Fabriken“

Wie ganz Franken kam natürlich auch Schwabach in das neu gegründete Königreich Bayern – man schrieb das Jahr 1806. Wirtschaftlich ging es der Stadt gut, man nannte Schwabach immer häufiger die „Stadt der hundert Schlote und Fabriken“. Der industrielle Aufschwung ebbte aber danach immer mehr ab, viele Bürger wanderten bis zur Jahrhundertmitte nach Nordamerika aus. Bis 1900 ging es dank der Zunahme von Gold- und Silberschlägereien sowie anderer Gewerbezweige wieder aufwärts. Auslöser könnte der Bau des Bahnhofes im Jahr 1849 gewesen sein, denn Schwabach erhielt dadurch Anschluss an das moderne Eisenbahnnetz.

Goldschlägerhämmer liegen auf sogenannten Schlagsteinen. – Foto: Stadt Schwabach

Goldschlägerhämmer liegen auf sogenannten Schlagsteinen. – Foto: Stadt Schwabach

Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945)  kam Schwabach glimpflich weg, obwohl die Stadt schon 1941 Ziel eines Luftangriffs gewesen war. Am 19. April 1945 stießen amerikanische Truppen nach Schwabach vor, doch beherzten Bürgern gelang es, durch die kampflose Übergabe Zerstörungen und Blutvergießen zu vermeiden.

Zentrale Lage

Heute zählt Schwabach 40 000 Einwohner, ist seit 1972 die kleinste kreisfreie Stadt Bayerns, und gehört zur Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen-Schwabach. Dank ihrer zentralen Lage sind Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistungsbetriebe stark vertreten und sorgen für die nötige Dynamik, die eine mittelständische Stadt solcher Größe benötigt. Von über 3600 Unternehmen haben rund ein Dutzend 100 und mehr Beschäftige; der größte Betrieb zählt 1200 Arbeiter und Angestellte. Die meisten Unternehmen liegen jedoch bei unter 25 Beschäftigen; sie bilden das Fundament der kleinbetrieblich strukturierten Wirtschaftslandschaft.

Auch als Schulstandort hat sich Schwabach einen guten Namen gemacht. Annähernd 7000 Schüler werden hier pro Jahr auf das spätere Leben vorbereitet.

Schwabach vor 76 Jahren – das Foto zeigt eine Bleistiftzeichnung aus dem Jahr 1938. – Foto: Dieter Warnick

Schwabach vor 76 Jahren – das Foto zeigt eine Bleistiftzeichnung aus dem Jahr 1938. – Foto: Dieter Warnick

In diesen unseren Zeiten, in denen alles komplizierter und teurer wird,  sollten ferner die Parkgebühren der Tiefgarage, die sich unter dem historischen Marktplatz befindet, und 300 Stellplätze aufweist, erwähnt werden. Denn die ersten 90 Minuten (!) sind kostenlos. Danach kostet die Stunde zwischen 7 und 20 Uhr nur 1 Euro, von 20 bis 7 Uhr 30 Cent. Der Stadt sind ihre Bewohner und ihre Gäste noch etwas wert! Ein Bespiel, das überall Schule machen sollte.

Sehenswürdigkeiten

Stadtkirche St. Johannes und St. Martin: Baumeister des spätgotischen Bauwerks war Heinrich Echser aus Nördlingen. Vom Baubeginn (1469) bis zur Fertigstellung (1495) verging ein gutes Vierteljahrhundert. Die dreischiffige Staffelhalle beherbergt einen prächtigen Hochaltar aus der Werkstatt von Michael Wolgemut (1434-1519), dem Lehrer von Albrecht Dürer (1471-1528). Der „Opfertisch“ gehört zu den größten Wandel-Altären der Spätgotik und ist mit einer Höhe von 16 Metern der größte spätgotische Altar in Süddeutschland. Es wird vermutet, dass auch Veit Stoß (1447-1533) an dem dreiteiligen Altar mitgearbeitet hat. Beeindruckend ist ferner der fünfgeschossige Turm mit seinen 72 Metern Höhe, das Wahrzeichen der Stadt. In den vergangenen fünf Jahren musste die Kirche in mehreren Bauabschnitten aufwendig saniert werden; die Kosten betrugen fünf Millionen Euro. Vor allem der Giebel bereitete Probleme, weil er sich um 40 Zentimeter nach außen geneigt hatte. „Der ist jetzt quasi zurückgefahren worden“, berichtet Stadtführer Bohlsen. Ferner war der Glockenturm marode.

Bierkutschen belieferten früher die Schwabacher Gaststätten, hier das Wirtshaus „Zum Lamm“. – Foto: Dieter Warnick

Bierkutschen belieferten früher die Schwabacher Gaststätten, hier das Wirtshaus „Zum Lamm“. – Foto: Dieter Warnick

Rathaus: In den Jahren 1528/29 erbaut, bildet das Gebäude mit der unmittelbar dahinter stehenden Stadtkirche ein unverwechselbares Ensemble. Ein Durchgang führt zu einem Nebeneingang der Kirche. Völlig ungewöhnlich ist, dass das Rathausgebäude vor der Kirche platziert ist – der Grund aber ganz einfach: die maßgeblich Verantwortlichen ihrer Zeit wollten die Trennung von Kirche und Staat, das „Weltliche“ sollte nach vorne rücken, die „Geistlichkeit“ nach hinten. Der Durchgang sollte aber quasi eine Brücke beider Anschauungen herstellen. 2001 erfolgte die Sanierung. Als Krönung erhielten die beiden Rathaus-Türmchen goldene Dächer. Durch den Kauf von 2000 blattgold-verzierten Ziegeln finanzierten die Bürger der Stadt diese Kompletterneuerung. Der „Goldene Saal“, der als Sitzungssaal und für Empfänge dient, wurde 1974 mit 14 000 Blatt Gold verziert.

Königsplatz (Marktplatz): Das „Wohnzimmer“ der Stadt ist der absolute Mittelpunkt: Umsäumt von herrlichen, stattlichen Fachwerkhäusern mit abwechslungsreichen Fassaden gilt das malerische Areal als eines der schönsten Plätze Frankens. Ansässig waren hier die wohlhabendsten und einflussreichsten Bürger der Stadt mit ihren prächtigen Anwesen. Das Nebeneinander von Bauten aus fünf Jahrhunderten, großen und kleinen, höfischen und bürgerlichen, die leichte Hanglage mit dem Kopfsteinpflaster machen den Reiz dieses Platzes aus. Er ist seit 1977 vom Verkehr befreit.

Ein Foto aus früheren Zeiten, als die Goldschlägerwerkstätten manuell produzierten und viele Aufträge hatten. – Foto: Stadt Schwabach

Ein Foto aus früheren Zeiten, als die Goldschlägerwerkstätten manuell produzierten und viele Aufträge hatten. – Foto: Stadt Schwabach

Mönchshof: Diese Örtlichkeit gilt als die Keimzelle Schwabachs. Hier stand wahrscheinlich ein fränkischer Königshof. Der Mönchshof ist die größte historische Hofanlage Schwabachs.

Fürstenherberge: Im Jahr 1547 wird im Gasthof „Goldene Gans“ für kurze Zeit Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen gefangen gehalten. Seitdem heißt das Gebäude am Marktplatz Fürstenherberge. Auch Landgraf Philipp von Hessen war dort nicht freiwillig. Später logierten hier die Markgrafen von Ansbach, der schwedische König Gustav Adolf und der kaiserliche Feldherr Wallenstein. Das heutige Gebäude stammt aus den Jahren 1726-1729.  Die Fassade des viergeschossigen Bauwerks gliedern Lisenen (Mauerblenden), der Balkon über dem Eingang wird von Doppelsäulen getragen. Das barocke Treppenhaus und die reichen Stuckdecken in einigen Räumen vervollständigen den schlossähnlichen Charakter. Im Hof findet man – typisch für die Gasthäuser der damaligen Zeit – die ehemaligen Pferdestallungen, denn die Fürstenherberge diente auch als kaiserliche Posthalterei bis zur Fertigstellung der Eisenbahnlinie im Jahr 1848.

Schöner Brunnen: Steht im Zentrum des Marktplatzes; er wurde 1714 von Markgraf Wilhelm Friedrich in Auftrag gegeben und drei Jahre später von ihm eingeweiht. Die Kosten musste die Stadt tragen, für die damals horrende Summe von 2400 Gulden – eine riesige Investition. Die Figuren des Brunnens entstammen weitgehend der griechischen Mythologie. Das Wasser wurde dem Springbrunnen von einer sechs Kilometer langen hölzernen Leitung zugeführt, die zu einer Wasserquelle außerhalb der Stadt führte. Durch den geologischen Höhenunterscheid von „nur“ sieben Metern wurde dennoch so viel Druck aufgebaut, dass das Wasser sprudelte.

Der Meister und sein Lehrling. – Foto: Stadt Schwabach

Der Meister und sein Lehrling. – Foto: Stadt Schwabach

Franzosenkirche: Sie befindet sich am Poujolsberg – der Name weist schon auf das Franzosenviertel hin (siehe vorne). Die Kirche, heute eine evangelisch-reformierte Pfarrkirche, wurde 1687 – nach nur 14monatiger Bauzeit – eingeweiht, und ist entsprechend der calvinistischen Lehre sehr schlicht gehalten. Einziger Schmuck sind zwei aus der Schwabacher Manufaktur stammende Gobelins. Es war das erste Gebäude Schwabachs mit barockem Walmdach. 1857 wurde in der Kirche die letzte Predigt in französischer Sprache gehalten.

Weißes Lamm: Das Gasthaus, das heute noch existiert, ist eines der bedeutendsten und auch ältesten in der Stadt (1566). Berühmtester Gast war Johann Wolfgang von Goethe, der hier die Nacht von 5. auf 6. November 1797 verbrachte.

Apothekersgarten: In unmittelbarer Nähe zum Marktplatz befindet sich diese lauschige Oase der Ruhe. Der Garten diente einem Apotheker für die Anpflanzung und Aufzucht von Heilkräutern; er vermachte der Stadt  den Garten nach seinem Tod als Geschenk.

Stadtmuseum: Integriert ist ein einzigartiges „Eiermuseum“ mit 8000 Exponaten und einem weltberühmten Fabergé-Ei (Gorbatschow-Friedens-Ei). Als Fabergé-Eier werden Schmuckgegenstände in Form von Ostereiern bezeichnet, die zwischen 1885 und 1917 in der Werkstatt von Carl Peter Fabergé angefertigt wurden.

Informationen: Tourist-Informationen im Rathaus, Königsplatz 1, 91126 Schwabach, Tel.: (0049 9122) 86 02 41; E-Mail: tourismus@schwabach.de; Internet: www.schwabach.de.

Raushier-Reisemagazin

7 Gedanken zu „Goldenes Schwabach – wo altes Handwerk weiterlebt

  1. Ich arbeite schon , sehr lange (ca 40 Jahre ) mehr oder weniger mit Schwabacher Blattgold .
    Es würde nich freuen , wenn Sie mich , auf Ihre Seite mit aufnehmen .
    Ich bin eine in Schwabach bekannte Künstlerin .
    Mit freundlichen Grüßen Gerda Spatz

  2. Hallo Frau Spatz,

    vielen Dank für Ihren interessanten Kommentar. Wie genau sollen wir Sie denn aufnehmen? Mit einem Link zu Ihrer Internetseite?

    Beste Grüße,
    Ihr Raushier-Team

  3. Sehr geehrter Herr Warnick, ich habe gerade ihren schönen Bericht gelesen und muß bedauerlich feststellen, daß hier die Goldnadel von mir hergestellt, fehlt. Diese Arbeit ist das Neue Wahrzeichen des O‘ Brien Park. Ich hoffe sie korrigieren das in dem Sie diese Arbeit mit Wort und Bild ergänzen. Mit freundlichen Grüßen. Wolfgang Auer Artist Friedberg.

  4. Mein Name Wolfgang Titz…geb. im März 1946 natürlich in Schwabach. Meine Lehre als Maschinenschlosser bei der Fa. Richard Bergner mit Erfolg abgeschlossen. Hab im August 1972 meine liebe Frau Sieglinde in Stetten Kreis Main-Spessart geheiratet. Waren dann 5 Jahre in Würzburg zu Hause und hab dort meinen Meisterbrief errungen. Sind dann 1978 nach Gröbenzell bei München gezogen. Habe dort über 10 Jahre in der Raumfahrt gefertigt und auf der Münchner TH meinen Techniker absolviert. Heute Rentner und denkt immer wieder nach Schwabach zurück. War einfach eine schöne Zeit. Gruß Wolfgang Titz

  5. Sehr geehrte Damen und Herren,
    Leider kann ich die Seite für die zweijährige Ausstellung im August nicht mehr finden . Ich hätte mich gerne angemeldet. Ich schreibe seid Jahren orthodoxe Ikonen die allesamt Mit Schwabacher Gold verziert sind . Vielleicht können sie sich mit mir in Verbindung setzten
    Im Voraus besten Dank
    Mit freundlichen Grüßen Johanna Jechnerer

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