Nur wer schon einmal in seinem Leben bei einem echt italienischen „pranzo“ mitgemacht hat, wird zugeben müssen, dass selbst Omas Sonntagsbraten dagegen sehr blass wirkt. Mindestens drei Gänge plus Dessert, eine ordentliche Flasche Hauswein und Geselligkeit sind die Zutaten eines typisch italienischen Mittag- oder Abendessens. Doch was macht die italienische Esskultur eigentlich aus, was für lokale Unterschiede gibt es und was sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen?
Wer die italienische Küche liebt und seinen nächsten Urlaub in Italien verbringen möchte, sollte wissen, dass die lokalen Unterschiede oftmals sehr markant sind: im Norden Italiens werden durch die Milchwirtschaft und die strengeren Winter vor allem Milchprodukte wie verschiedenste Käsesorten und deftige Speisen angeboten. Von den Dolomiten bis nach Venedig kann man sich an Gorgonzola, Parmesan und Panna Cotta nur so sattessen. Hinter Bologna verläuft die sogenannte „Butter-Olivenöl-Grenze“: in Norditalien werden die meisten Speisen mit Butter verfeinert, in Mittel- und Süditalien bevorzugt man pflanzliches Olivenöl. Die Küste Liguriens und die Toskana sind übersät mit Olivenhainen und bieten die typische mediterrane Küche. Vor allem frische Lebensmittel wie Fisch, Kräuter und Gemüse machen dieses Stück Erde zu einem beliebten Reiseziel. Und wer es gerne scharf mag, der sollte in den Süden reisen: durch die Vulkanerde, beispielsweise in Sizilien, nehmen die lokalen Produkte einen speziellen Geschmack an, der so nirgends zu finden ist. Die an einigen Orten bis zu 300 Sonnentage im Jahr sorgen vor allem bei den Zitronenbäumen zu hohen Erträgen, wobei auch am scharfen Peperoncino selten gespart wird.
Doch nicht nur die verschiedensten Speisen machen Italien zu einem Feinschmeckerland, sondern auch die italienische Philosophie: Essen dient nicht nur zur Nahrungsaufnahme. Nein, es ist ein Genuss, eine Kunst, eine Lebensart. Intensiver Geschmack und eine Vielfalt an Farben und Formen machen jede Speise zu einem Erlebnis. Beim Frühstück gibt man sich meist mit einem Cornetto (eine Art Croissant, oftmals mit Marmelade oder Schokolade gefüllt) und einem Cafè zufrieden, das Mittagessen fällt aber bereits üppiger aus: wer im Restaurant speist (und das tun im Gegensatz zu uns Deutschen unheimlich viele), der wird ohne die Karte zu betrachten Wasser und Wein bestellen, Brot wird als Beilage fast immer direkt serviert. Mindestens ein Antipasto (Vorspeise) um den Appetit anzuregen und ein Primo (erster Gang) müssen es schon sein. Und die Siesta danach sollte natürlich nicht fehlen, nicht umsonst haben die meisten Geschäfte eine mindestens dreistündige Mittagspause, Büros dagegen nicht.
Moment, die Italiener trinken Mittags schon Wein? Ein Gläschen Wein gehört einfach dazu, wer über so viele bekannte Weinregionen wie die Toskana, Chianti, Sizilien und viele andere verfügt, der darf den Mittagswein fast nicht abschlagen. Das Abendessen fällt dann meist noch üppiger aus, ist aber nichts für früh-zu-Bett-Geher, denn vor allem in den heißen Sommermonaten wird nicht vor 20 Uhr gespeist. Die typisch deutsche Brotzeit wird hier aber vergeblich gesucht, auch abends gibt es fast immer mehrere Gänge, da Pasta und Fleisch auch niemals zusammen auf einen Teller, sondern stets nacheinander serviert werden.
Das Essen steht für jeden Italiener demnach im Mittelpunkt. Wenn der Tag also noch so stressig war, sobald die italienische Familie gemeinsam am Essenstisch sitzt, ist alles wieder in Butter. Oder im Öl, das kommt ganz darauf an, wo man sich gerade befindet.