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Obertauern: Weg vom Image des reinen Wintersport-„Hotspots“

Obertauern macht ernst und geht in die Offensive. Denn dort, wo sich im Winter neben „Otto Normalverbraucher“ zahlreiche Prominente aus Politik, Film, Fernsehen und der Musikszene tummeln, eben dort wollen die Tourismusverantwortlichen zusammen mit den örtlichen Gastronomen und Hoteliers den Ort in den Radstädter Tauern (90 Kilometer südlich von Salzburg gelegen) auch zu einer „Bühne der Sommerfrische“ aufwerten. Auf diesem Gebiet gibt es, im Gegensatz zu anderen Destinationen in der näheren und entfernteren Gegend, nämlich sehr viel aufzuholen.

Der Krummschnabelsee, ein Moorsee mit bis zu 24 Grad Wassertemperatur, eignet sich hervorragend, um kurz Rast zu machen, die Aussicht zu genießen und ein Bad zu nehmen. - Foto: Dieter Warnick

Der Krummschnabelsee, ein Moorsee mit bis zu 24 Grad Wassertemperatur, eignet sich hervorragend, um kurz Rast zu machen, die Aussicht zu genießen und ein Bad zu nehmen. – Foto: Dieter Warnick

Der Sommer ist kurz in Obertauern, er dauert nur von Anfang Juli bis Mitte September. Und selbst dann sind Familien, die einige Tage oder gar länger hier Quartier beziehen, und der (Hochgebirgs)-Wanderer, nicht gefeit vor Schneefällen, schließlich liegt der Ort 1750 Meter über dem Meeresspiegel.

Von der Unterbringung direkt auf den Gipfel

Der Aufstieg vom Johanneswasserfall zur Bundesstraße ist steil, aber auch für weniger Geübte durchaus machbar. Schwindelfrei sollte man trotzdem sein. - Foto: Dieter Warnick

Der Aufstieg vom Johanneswasserfall zur Bundesstraße ist steil, aber auch für weniger Geübte durchaus machbar. Schwindelfrei sollte man trotzdem sein. – Foto: Dieter Warnick

„Unsere Kernzeiten sind die Ferien“, sagt Mario Siedler, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Obertauern, „und ein Vorteil ist es doch, dass wir hier so hoch liegen. Von uns aus ist es viel leichter, auf die Berge zu kommen als anderswo. Der Wanderer kann sich ohne einen Lift zu benutzen gleich auf den Weg begeben und ist in nur 300 Höhenmetern am Gipfelkreuz.“ Wobei der 41-Jährige gern vom „einfachen Gipfelerlebnis“ spricht.

Der Johanneswasserfall ist ein beeindruckendes Naturschauspiel; das Wasser schießt 60 Meter in die Tiefe. Ein Steig führt sogar hinter das Wildwasser; von dort gelangt man über Stufen auf die nahe gelegene Bundesstraße. - Foto: TVB Obertauern

Der Johanneswasserfall ist ein beeindruckendes Naturschauspiel; das Wasser schießt 60 Meter in die Tiefe. Ein Steig führt sogar hinter das Wildwasser; von dort gelangt man über Stufen auf die nahe gelegene Bundesstraße. – Foto: TVB Obertauern

Siedler will vermehrt diejenigen Gäste nach Obertauern locken, die hier oben Ski fahren. „Wir müssen diese Winterurlauber ansprechen und überzeugen, auch im Sommer zu uns zu kommen. Ein Tourist ist oft auch ein Wiederholungstäter. Und auch die sollen anreisen, die den Ort zwar kennen, aber auf ihrer Fahrt in den Süden oder auf ihrer Rückreise den Tauerntunnel nehmen und die Route über die Berge meiden.“

Verstecke im Wald, kleine Bäche zum Staudammbauen, weiche Almwiesen zum Toben und Rennen, und, wie hier, sogar mit dem Auto über den See fahren – für Kinder jeden Alters hat die Wanderregion Obertauern eine Menge zu bieten. - Foto: TVB Obertauern

Verstecke im Wald, kleine Bäche zum Staudammbauen, weiche Almwiesen zum Toben und Rennen, und, wie hier, sogar mit dem Auto über den See fahren – für Kinder jeden Alters hat die Wanderregion Obertauern eine Menge zu bieten. – Foto: TVB Obertauern

Was im Klartext heißt: Obertauern bietet sich geradezu perfekt an, eine Zwischenstation mit Übernachtung(en) einzulegen. Nachdem im Winter die 9000 Gästebetten nahezu belegt sind, bleiben zwischen Juli und Mitte November – hier startet die Skisaison – die meisten unbenutzt, im Ort herrscht zuweilen gähnende Leere.

Die Akquise soll intensiviert werden

Die Hochalm bietet einen willkommenen Anlass zu einer zünftigen Einkehr. - Foto: TVB Obertauern

Die Hochalm bietet einen willkommenen Anlass zu einer zünftigen Einkehr. – Foto: TVB Obertauern

Das soll sich jetzt ändern. Siedler: „Wir müssen Obertauern auch als Wandergebiet besser propagieren.“ Der Tourismusmanager gibt zu, dass das Sommergeschäft erst seit fünf Jahren anrollt, nachdem zuvor keine großartigen Anstrengungen gemacht wurden, Gäste zu aquirieren. „Der eine oder andere gastronomische Betriebe denkt, der Sommer sei unwirtschaftlich. Und glaubt, nur weil im Winter das Geschäft gut gelaufen ist, im Sommer nicht öffnen zu müssen. Denn es ist immer gefährlich, nur auf einem Standbein zu stehen. Die Hauptinitiative muss dabei von der Hotellerie kommen“, mahnt er.

Allergiker sind goldrichtig

In der Wandersaison stehen viele Lifte still, die im Winter die Skifahrer nach oben transportieren. - Foto: Dieter Warnick

In der Wandersaison stehen viele Lifte still, die im Winter die Skifahrer nach oben transportieren. – Foto: Dieter Warnick

Siedler weiß wie kein anderer um das Problem der Sommervermarktung, „weil es hier oben nichts Ungewöhnliches ist, dass es schneit, und wir deshalb gewisse Wanderungen zu Saisonbeginn nicht anbieten können.“ Andererseits gibt es auch Annehmlichkeiten, die der Gast sehr schätzt. „Auf dieser Höhe gibt es keine Pollen, Milben und dergleichen.“ Allergiker sind in der gesunden, reinen Höhenluft also goldrichtig.

Wenn die Natur erwacht in Obertauern, und der Almrausch blüht, dann ist es höchste Zeit, die Wanderstiefel zu schnüren. - Foto: TVB Obertauern

Wenn die Natur erwacht in Obertauern, und der Almrausch blüht, dann ist es höchste Zeit, die Wanderstiefel zu schnüren. – Foto: TVB Obertauern

Im heißen Sommer 2015 konnte sich Obertauern über Tagesgäste nicht beklagen. „Das war hier oben der beste Sommer seit 15 Jahren“, berichtet Siedler, „und nicht wenige Besucher kamen nur für eine oder zwei Nächte aus dem nahe gelegenen Salzburg herauf, um einmal durchzuschnaufen und bei offenem Fenster zu schlafen.“

Großer Rummel: Fehlanzeige

Einen Wintersport-Hotspot zu einem Sommerziel zu machen, ist ein langer und steiniger Weg. Dennoch: Obertauern ist in der warmen Jahreszeit unbedingt zu empfehlen. Großen Rummel gibt es nicht, 100 Kilometer an Wanderwegen und urige Hütten – immerhin hat ein Drittel aller vorhandenen Almwirtschften geöffnet – bieten reichlich Abwechslung. Groß und klein, alt und jung, Gemütliche und Draufgänger werden einen Aufenthalt nicht bereuen.

Mit zwei Liften ist der Bedarf gedeckt

Was es nicht alles gibt: Mit dem "Mountain-Skyver" geht es rasant in Richtung Tal. - Foto: Dieter Warnick

Was es nicht alles gibt: Mit dem „Mountain-Skyver“ geht es rasant in Richtung Tal. – Foto: Dieter Warnick

In den Sommermonaten haben zwei Aufstiegshilfen geöffnet: die Grünwaldkopfbahn und die Hochalmbahn. Tourismuschef Siedler: „Der Bedarf ist damit gedeckt.“ Outdoor-Aktivitäten gibt es trotzdem jede Menge. Neben leichten und familiengerechten, auch Kinderwagen-tauglichen Wanderungen (zum Beispiel die Drei-Seen-Wanderung vom Grünwaldsee über den Krummschnabelsee zum Hundsfeldsee) und schwierigeren Touren (zum Beispiel die auf den Hundskogel oder die auf die Seekarspitz) kommt „Bergyoga“ oder ein Triathlon bei den Gästen bestens an. Ein Besuch des 60 Meter hohen Johanneswasserfalls gehört auf jeden Fall zum Pflichtprogramm.

Boote stehen kostenfrei zur Verfügung

Auch das gibt es: das schottische Hochlandrind fühlt sich auf den Almen Obertauerns auf einer Höhe von zirka 2000 Metern pudelwohl. - Foto: Dieter Warnick

Auch das gibt es: das schottische Hochlandrind fühlt sich auf den Almen Obertauerns auf einer Höhe von zirka 2000 Metern pudelwohl. – Foto: Dieter Warnick

Am Grünwaldsee (1938 Meter hoch gelegen) findet der Besucher sommerliche Freizeitbeschäftigungen vor; Tret- und Ruderboote stehen kostenfrei zu Verfügung, Hunger und Durst kann man auf der nahe gelegenen Hochalmhütte „besiegen“. Nur zum Baden eignet sich das Gewässer nicht unbedingt, da es zu kalt ist. „Dafür perfekt zum Fliegenfischen“, wie Wanderführer Christoph Lindinger betont: „Der See ist reich an Forellen und Saiblingen“. Wesentlich besser zum Baden eignet sich der Krummschnabelsee, ein Moorsee, der mit bis zu 24 Grad Wassertemperatur geradezu einlädt, die Badehose oder den Bikini überzustreifen.

Almen-Themenweg auf der Gnadenalm

Erinnerungen an Kanada werden wach: der Tauernkarsee – im Volksmund Märchensee genannt – macht seinem Namen alle Ehre. - Foto: Dieter Warnick

Erinnerungen an Kanada werden wach: der Tauernkarsee – im Volksmund Märchensee genannt – macht seinem Namen alle Ehre. – Foto: Dieter Warnick

Ein einzigartiger Almen-Themenweg auf der Gnadenalm zwischen Ober- und Untertauern lässt die ganze Familie spielend die Region und ihre traditionelle Seite erfassen. Eingebettet im imposanten Panorama der Radstädter Tauern mit Zehnerkar, Gamsleiten, Hundskogel und Seekareck erstreckt sich der ursprüngliche Almboden der Gnadenalm.

Vorbildliche Beschilderung: Sich in Obertauern zu verlaufen, dürfte kaum möglich sein. - Foto: Dieter Warnick

Vorbildliche Beschilderung: Sich in Obertauern zu verlaufen, dürfte kaum möglich sein. – Foto: Dieter Warnick

Es scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben. „Alles Alm“ – das ist ein unterthaltsames Wandervergnügen mit attraktiven Spielstationen, außergewöhnlichen Rastplätzen und einem Rätselspiel – gewährt Einblicke in das harte Leben der Menschen hier auf der Gnadenalm aus längst vergangenen Tagen und aus der heutigen Sicht. An acht unterhaltsamen Themenstationen erfahren die Besucher wahre Begebenheiten, Kurioses und Wissenswertes aus dem Leben auf der Alm, von der Natur und den zahlreichen Tieren.

Mit dem „Mountain-Skyver“ ins Tal

Auf der Tauernkaralm hat Hüttenwirt Jürgen das Sagen und bewirtet die Gäste nicht nur flüssig. Die Hütte wurde 1759 erbaut und liegt auf 1685 Meter. - Foto: Dieter Warnick

Auf der Tauernkaralm hat Hüttenwirt Jürgen das Sagen und bewirtet die Gäste nicht nur flüssig. Die Hütte wurde 1759 erbaut und liegt auf 1685 Meter. – Foto: Dieter Warnick

Spektakulärer und etwas für Actionfreunde ist ein „Ritt“ mit dem „Mountain-Skyver“. Dabei steht der Radfahrer auf dem geländetauglichen und gefederten „Bergroller“ auf seitlich ausklappbaren Trittflächen; Tretpedale und einen Sattel gibt es nicht. Zum Bremsen dienen robuste Scheibenbremsen. Dank seines geringen Gewichts und des kleinen Packmaßes kann das zusammenklappbare Trial-Mountainbike mit jedem Rucksack bequem bergauf getragen werden. Auch in der Gondel findet das Rad locker Platz. Am Gipfel ist der „Mountain-Skyver“ mit wenigen Handgriffen innerhalb einer Minute startklar für die Abfahrt.

Perfekte Lebensbedingungen für das Rotsternige Blaukehlchen

Das Rotsternige Blaukehlchen hat im Hochmoor von Obertauern ideale Lebensbedingungen. - Foto: TVB Obertauern

Das Rotsternige Blaukehlchen hat im Hochmoor von Obertauern ideale Lebensbedingungen. – Foto: TVB Obertauern

Wer eine Tour mit einer der hier ansässigen Wanderführer bucht, der erfährt viel Wissenswertes. Beispielsweise, dass das Hochfeldmoor, das man über die Grünwaldkopfbahn erreicht und das am Hundsfeldsee beginnt, ein Vogel- und Pflanzenschutzgebiet ist, und man die Wanderwege dort nicht verlassen darf. Denn hier ist das Rotsternige Blaukehlchen beheimatet, das vorwiegend busch- und röhrichtbestandene Biotope an sehr feuchten Standorten besiedelt. Im Obertaurer Hochmoor mit seinen bodennahen Latschenkiefern findet der Singvogel also die besten Lebensbedingungen vor.

„Tauernrunde“ soll begehbar gemacht werden

An Wasserarmut mangelt es wahrlich nicht, im Gegenteil: die Gegend um Obertauern ist sehr wasserreich. - Foto: Dieter Warnick

An Wasserarmut mangelt es wahrlich nicht, im Gegenteil: die Gegend um Obertauern ist sehr wasserreich. – Foto: Dieter Warnick

Um den Menschen die vier milden Monate schmackhaft zu machen, will Mario Siedler nicht nur die vorhandenen Wanderwege in Stand halten, sondern auch in die Infrastruktur neuer Strecken investieren. Beispielsweise in die „Tauernrunde“, die mit Skiern sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn gefahren, jedoch zu Fuß (noch) nicht erwandert werden kann. „Es gibt einen Zukunftsplan, dass wir die Runde für den Sommer begehbar machen“, so der Tourismusverantwortliche. Und er gibt zu bedenken, dass Obertauern auch in der näheren Umgebung sehr viel zu bieten hat.“ Er spricht dabei explizit Salzburg mit den Festspielen an und wirbt für einen Tagestrip an den Wörthersee: „Beide Ziele sind in nur einer Autostunde zu erreichen.“

Informationen: Tourismusverband Obertauern, Pionierstraße 1, A-5562 Obertauern, Tel.: (0043 6456) 7252; Internet: www.obertauern.com; E-Mail: info@obertauern.com

Raushier-Reisemagazin

3 Gedanken zu „Obertauern: Weg vom Image des reinen Wintersport-„Hotspots“

  1. Gut zu wissen, dass das Hochmoor in Obertaurern die perfekten Lebensbedingungen für das Rotsternige Blaukehlchen anbietet. Wir werden nach Obertauern fahren und eine Wanderung im Hochmoorgebiet kann eine tolle Idee sein! Mein Mann beobachtet gerne Vögel und er wird auf jeden Fall Spaß haben. Danke für den Beitrag!

  2. Ich bin ja sehr gespannt, ob Obertauen auch zum attraktiven Sommerziel wird. Mich persönlich spricht sehr an, dass ich dort nicht unter meinem Heuschnupfen leiden werde. Ich werde mir mal anschauen, wie viel es denn kosten würde, im Sommer dort ein Appartement zu buchen.

  3. Großen Dank für den ausgezeichneten Blog zum Urlaub in Obertauern! Diese Angaben werden meinem Bruder gut weiterhelfen. Hoffentlich finde ich bei der nächsten Thematik genauso gute Beiträge.

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