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Notizen aus Bangladesch – Teil 10

Eine weitere Station auf unserer zweiten Bangladeschreise war ein Kinderheim für ehemalige Straßenkinder, das von Ekmattra betrieben wird. Ekmattra ist eine von Studierenden der Universität Dhaka gegründete Organisation, die sich für die Straßenkinder in Bangladeschs Hauptstadt einsetzt. Die Mitarbeiter von Ekmattra sind allesamt sehr engagiert und bewundernswert.

Im Kinderheim von Ekmattra. Mädchen mit Brille der Autorin.

Im Kinderheim von Ekmattra. Mädchen mit Brille der Autorin.

Nasrin, die wir vor über vier Jahren im Kinderheim kennengelernt haben und die auch bei Rainers und Khukies Hochzeit zu Gast war, macht derzeit ihr Abitur. Ein sehr bemerkenswertes, hübsches und sympathisches Mädchen. Sie paukt jede freie Minute und wird das Abi glänzend bestehen. Sie wird, da bin ich mir ganz sicher, alles erreichen, was sie sich vornimmt. Auch die anderen Kinder haben alle einen großen Eindruck bei mir hinterlassen.

Rainer, der Sohn der Autorin, und Nasrin.

Rainer, der Sohn der Autorin, und Nasrin.

Das Heim wird sehr gut geführt, was auch dem Heimleiter, mit dem wir kurz gesprochen haben und vor dem man nur den Hut ziehen kann, zu verdanken ist. Den lebensfrohen Liedern, welche die Kinder bei unserem Besuch gesungen haben, hätte ich noch zu gerne länger zugehört. Auf einem Foto ist ein kleines goldiges Mädchen zu sehen, das unbedingt meine Brille anprobieren wollte.

Ekmattra-Kinder.

Ekmattra-Kinder.

Neben dem Kinderheim, das von Ekmattra betrieben wird, haben wir noch ein weiteres Kinderheim in Dhaka besucht. Dieses wird von dem römisch-katholischen Frauenorden betrieben, der von Mutter Teresa ins Leben gerufen wurde: die Missionarinnen der Nächstenliebe.

Ekmattra-Kinder.

Ekmattra-Kinder.

Wir kamen unangemeldet und wurden dennoch sehr freundlich und mit offenen Armen empfangen. Die Schwester Oberin, eine Frau von den Philippinen, war sehr gebildet und zugleich natürlich, bescheiden und selbstlos. Die Wärme und die Zuwendung zu den Kindern in diesem Heim war phänomenal.

Das Heim war sauber und gepflegt, sehr bunt und kinderfreundlich eingerichtet, natürlich den Umständen entsprechend schlicht, aber sehr, sehr liebevoll.

Bei den Missionarinnen der Nächstenliebe

Ekmattra-Kinder.

Ekmattra-Kinder.

Im ersten Saal waren Kinder im Alter von ca. zwei bis zwölf untergebracht. Sie haben sich über unseren Besuch gefreut und waren überglücklich über den Sack voller Kuscheltiere, den wir dabei hatten. Ein Mädchen war sehr krank. Sie hatte Krebs und man sah ihr ihre Krankheit an. Sie freute sich sehr über eine kleine Puppe, die ich zuvor in Dhaka gekauft hatte. Auch in diesem Heim war es sehr berührend, in die Augen der Kinder zu sehen. Was ein kleines Kuscheltier doch bewirken kann. Es war aber auch gleichzeitig beschämend für mich zu wissen, in welchem Überfluss ich lebe.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Der zweite Saal war sehr erschütternd. Dort waren Kinder mit Behinderungen untergebracht. Mindestens 50, wenn nicht mehr. Viele von ihnen wurden von ihren Eltern einfach ausgesetzt und dann von Dritten aufgefunden und zu den Schwestern gebracht, manche mit mehr oder weniger schweren Verletzungen. Das Glück in den Augen dieser Kinder, in diesem Heim sein zu dürfen, das kann man eigentlich mit Worten nicht beschreiben. Die fehlen einem mit der Zeit, wenn man das alles sieht.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Ich sah auch einen vierjährigen Jungen mit einem sehr schlimmen Schicksal. Er hatte einen Wasserkopf, der um ein vielfaches größer war als er in dem Alter sein sollte. Der Kopf lag bleischwer auf einer Spezialmatraze. An dem Riesenkopf hing der zarte Körper eines Vierjährigen, der sich kaum bewegen konnte, weil der Kopf mehr wog als der Rest des Körpers. Der Anblick machte mir das Herz schon sehr schwer, da kamen mir fast die Tränen.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Der dritte Saal war dann absolut goldig. Da lagen mindestens 60 Säuglinge. Eines niedlicher als das andere. Ich habe eines nach dem anderen aus der Wiege geholt und geherzt. Das war zu schön. Die Säuglinge waren alle rundum sehr gepflegt und wurden von den Schwestern mit ganz viel Liebe behandelt. Alles ausgesetzte Kinder.

Wenn eine unverheiratete Frau in Bangladesch ein Kind bekommt, kann das schwere Folgen haben. Viele werden von der Famillie und der Gesellschaft verstoßen, finden keinen Ehemann mehr und auch keine Arbeit. Darum bringen unverheiratete Frauen Kinder oft heimlich zur Welt und lassen sie dann bei den Schwestern oder woanders zurück. Die Säuglinge werden nach und nach von Bangladeschern, die z.B. selbst keine Kinder bekommen können, adoptiert. Das läuft ganz gut.

Aufregender Heimflug

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Nach dem Abschied von Khukies Familie, in deren Haus wir eine herzliche Gastfreundschaft erlebt hatten, stand nun schon die Heimreise an, die ein Abenteuer für sich war. Durch extrem schwierige Wetterverhältnisse fand der Flugverkehr in Abu Dhabi am Tag unseres Abflugs schon seit längerer Zeit kaum mehr statt. Dadurch startete unser Flugzeug in Dhaka mit dreistündiger Verspätung. In Abu Dhabi erwartete uns ein absolutes Chaos. Hunderte Passagiere verpassten Anschlussflüge. Müde, gestresste Menschen, völlig überfordertes Flughafenpersonal. Viele Fluggäste wurde in Hotels untergebracht, die restlichen wurden auf andere Flugzeuge verteilt.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Im Heim der Missionarinnen der Nächstenliebe.

Wir wurden auf Business Class hochgestuft, Abflug in Dubai. Für die Fahrt von Abu Dhabi nach Dubai brauchten wir ein Visum. Auf der anderthalbstündigen Fahrt konnten wir uns einen ersten Eindruck von Dubai machen, wenn auch die Müdigkeit immer mehr wurde. Am Flughafen in Dubai angekommen stiegen wir in das derzeit größte Verkehrsflugzeug, den Airbus A380, und der Flug in der Business Class machte dann doch vieles wieder wett. Man könnte sich daran gewöhnen, so zu fliegen. Insgesamt dauerte es 30 Stunden bis wir todmüde zuhause in Adelmannsfelden waren.

Da waren wir also wieder. Tausende Kilometer entfernt von Dhaka. Ich denke oft an die vielen einzigartigen Erfahrungen, die ich dort machen durfte. Auf dieser Reise habe ich wieder viel gelernt über die Menschen und das Leben. Zurück gelassen haben wir eine chaotische Hauptstadt, eine traumhaft schöne Landschaft, üppiges Grün, eine wirkliche Idylle, aber auch bitterarme Menschen.

Fotos: Margit Ebert

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ENDE

Raushier-Reisemagazin

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