Wenn es um Gesundheitskompetenz geht, dann ist Bad Aibling im Landkreis Rosenheim eine Macht und als Moorheilbad weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt. Seit mittlerweile 178 Jahren kommen Kurgäste in die Stadt im Alpenvorland und schwören auf die Heilkraft der schlammigen Erde.
Ein besonderer Lebensraum
In der letzten Eiszeit (sie begann vor etwa 115 000 Jahren und endete zirka 11 600 vor heute) zog sich ein Gletscher, der sich rund um Rosenheim ausgebreitet hatte, zurück, und hinterließ einen gewaltigen See.
Als dieser verlandete, konnten in den zurückgebliebenen Feuchtmulden abgestorbene Gräser und Moose durch den hohen Grundwasserspiegel nicht abgebaut werden. Somit bildete sich nach und nach ein Moor.
Ein Moor ist ein besonderer Lebensraum, eine ökologische Übergangszone zwischen festem Land und Wasser. Überall auf der Erde, wo ausreichend Wasser vorhanden ist und das Klima eine torfbildende Vegetation erlaubt, können Moore entstehen. „Moore werden auch als Anderswelten bezeichnet“, berichtet Wanderführer Michael Kleemann.
Von Moorelfen und Wassergeistern
Wer mit ihm auf den Spuren von Moorelfen und Wassergeistern die Harthauser Filze (Filze = Moor) durchstreift und Moorpfade abläuft, kommt aus dem Staunen nicht heraus, egal, ob mystische Geschichten zum Besten gegeben werden oder er auf seltene Pflanzen aufmerksam macht, wie zum Beispiel auf das Elefantengras, auch Chinaschilf genannt (Miscanthus giganteus). Oder auf das Wollgras, eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Sauergrasgewächse.
Märchenhafte Moorwildnis
Man erfährt auch, dass Laubbäume wie die Birke perfekt auf feucht-nassem Boden heranwachsen, Fichten aber auf modrigem Untergrund, weil Flachwurzler, keinen Halt finden, unstabil werden und durch mehr oder weniger starke Winde leicht umfallen können.
Moore, so versichert Kleemann, sind ein hochsensibles Naturgebiet. „Ein Moor hat für mich eine melancholische Traurigkeit.“
Dr. Desiderius Beck sei Dank
Wäre Dr. Desiderius Beck (* 12. Januar 1804 in Ebersberg; † 11. August 1877 in Bad Aibling) nicht gewesen, würde Bad Aibling in der öffentlichen Wahrnehmung wohl unbeachtet sein. Denn der königlich bayerische Gerichtsarzt erkannte nach jahrelangen Forschungen bereits 1845 die natürliche Heilwirkung des „schwarzen Goldes“. In jenem Jahr eröffnete er seine „Sole- und Moorschlammbadeanstalt“.
Bad Aibling wurde genau 50 Jahre später als Heilbad anerkannt und hat einzig und allein dem schlauen Arzt seine Moortradition zu verdanken.
Der Behandlung mit Moor wird vor allem bei Gelenk- und Wirbelsäulenleiden, Arthrose, Bandscheibenschäden, Osteoporose, chronischen, entzündlich-rheumatischen Rückenproblemen (Morbus Bechterew), Durchblutungsstörungen oder Frauenleiden ein positiver Effekt nachgesagt.
Wandertipp
Michael Kleemann, Dahlienweg 37, 83043 Bad Aibling, Tel.: +49 (0) 8061 50 41, Mobil: 0175 350 05 96; E-Mail: info@wandern-berg.com; Internet: www.wandern-berg.com
Das Wasser kommt aus 2300 Metern Tiefe
Zu einer Heilbehandlung passt natürlich auch eine (moderne) Thermenlandschaft. Die Therme Bad Aibling wurde 2007 in Betrieb genommen, wobei das Wasser aus einer Tiefe von 2300 Metern kommt. Die erste Bohrung nach Thermalwasser wurde im Jahr 2002 begonnen. Die Badelandschaft umfasst 10 000 m² mit einer Wasserfläche von insgesamt über 600 m².
Eine Stadt der Künstler
„Bad Aibling war und ist eine Stadt der Künstler“, verdeutlicht Hildegard Manzke, selbst Künstlerin (Malerei, Graphik), präzise Kennerin der Szene und Kunstführerin. Maler wie Wilhelm Leibl, Hermann Urban, Leon von Welden, Sepp Hilz, Brynolf Wennerberg oder Willi Kreuzer waren eng mit Bad Aibling verbunden, fühlten sich vom Ort und der Landschaft angezogen und konnten so ihren Inspirationen freien Lauf lassen. Heute sind dies, um nur drei zu nennen, Peter Tomschiczek, Heidi Muggli und Andreas Legath (siehe weiter unten).
Die Stadt verfügt über einen wahren Schatz an Kunstwerken – und sie sind für jedermann zu bestaunen. Sie hängen an allen zur Verfügung stehenden Wänden (unter anderem im Treppenhaus, in allen Büroräumen, in der Bücherei) im Bürgerhaus am Marienplatz (230 Werke), und im Gebäude der Stadtverwaltung „Am Klafferer“ (188). Zusammengetragen wurden die Werke aus Nachlässen, von Stiftungen oder sie wurden von der Stadt von den jeweiligen Künstlern gekauft.
Wilhelm Leibl und andere prägende Personen
* Wilhelm Leibl (* 1844 in Köln; † 1900 in Würzburg) war als Maler (Historienmalerei) ein bedeutender Vertreter des Realismus in Deutschland. Fachleute bezeichnen ihn als „größten Bildnismaler seit Rembrandt. Lebte in Bad Aibling (hatte ein Zimmer am Marienplatz und arbeitete in seinem Atelier an der Hofmühlstraße), dann zusammen mit dem Maler Johann Sperl in Berbling (einem Stadtteil von Bad Aibling), und von 1881 bis 1892 zusammen mit Sperl in einem Bauernhaus in Kutterling, einem Gemeindeteil von Bad Feilnbach. 1892 wurde er vom Prinzregenten Luitpold von Bayern zum Königlichen Professor ernannt. 1895 erhielt er auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine Große Goldmedaille. Seine Bilder hängen in den bedeutendsten Museen Deutschlands, aber auch in Wien und in der Eremitage in St. Petersburg,
* Brynolf Wennerberg, (* 1866 in Otterstad/Schweden; † 1950 in Bad Aibling), war ein schwedisch-deutscher Maler, Zeichner und Gebrauchsgrafiker. Mitbegründer der „Meggendorfer Blätter“, die zwischen 1888 und 1944 als Witzblatt mit gehobener künstlerischer Ausstattung erschienen. Als Mitarbeiter des satirischen Blattes „Simplicissimus“ und der amerikanischen Zeitschriften „Pictorial Review“ und „Puck“ erlangte er internationale Bekanntheit. Erhielt zahlreiche Werbeaufträge und zeichnete das „Persil-Mädchen“.
* Hermann Urban (* 1866 in New Orleans; † 1946 in Bad Aibling) war ein deutscher Landschaftsmaler und herausragende Persönlichkeit der Münchner Schule des 19. und 20. Jahrhunderts. Noch als Baby kam Urban nach Bad Aibling. 1908 wurde er zum Professor honoris causa durch den Prinzregenten ernannt. 1944 wurde sein Münchner Atelier infolge eines Luftangriffs zerstört; dabei wurden viele Werke vernichtet oder gestohlen. Danach siedelte Urban endgültig nach Bad Aibling um.
* Leo von Welden (* 1899 in Paris; † 1967 in Feilnbach) war ein deutscher Maler und Grafiker und bildete mit Sepp Hilz, Wennerberg und Urban einen losen Malerkreis. Ab 1943 war von Welden zunächst in Bad Aibling und ab 1952 bis zu seinem Tod im nahegelegenen Feilnbach tätig. Prägte das Stadtbild als Bohemien. Seine bevorzugten Motive: Liebespaare, Tänzer, Bauern, Don Quichote und biblische Szenen. 1957 schuf er die Kreuzwegstationen für die Feilnbacher Pfarrkirche.
* Sepp Hilz (* 1906 in Bad Aibling; † 1967 im Bad Aiblinger Ortseil Willing) war ein deutscher Maler, der sich mit ländlichen Themen und bäuerlichen Modellen befasste. Zu Beginn seiner Schaffenskraft spezialisierte er sich vor allem auf das Kopieren alter Meister. Ab 1930 trat er durch eigene Werke im Stil von Wilhelm Leibl hervor. Als protegierter Künstler im Nationalsozialismus konnte er nach dem Zweiten Weltkrieg künstlerisch nicht mehr Fuß fassen.
* Willi Kreutzer (*1914 in Budapest; † 1996 in Bad Aibling): Als Sohn eines Malers erhielt Kreutzer schon früh eine künstlerische Ausbildung. 1945 kam er nach Bad Aibling und konzentrierte sich auf Aiblinger Motive. Auch der abstrakten Malerei war er nicht abgeneigt. Gemeinsam mit von Welden vertrat er während der 1950er- und 1960er-Jahre im dortigen Kunstverein die Positionen der Klassischen Moderne gegenüber konservativen Malern wie Sepp Hilz.
* Aziz Raza (* 1938 in München; † 2001 in München) gilt als Maler des magischen Realismus` und wird als der letzte große Maltechniker bezeichnet. Sein Name ist eng verbunden mit der maltechnischen Forschung des 20. Jahrhunderts. Nicht nur die von ihm entwickelte Technik der Enkaustik, die den feinsten Pinselstrich ermöglicht, sondern auch die Herstellung des farbigen Malgrundes und das Anreiben von Edelsteinfarben, Erdfarben und Harzen ist heute für viele Künstler ein Begriff.
* Peter Tomschiczek (* 1940 in Iglau) ist ein zeitgenössischer deutscher Maler der klassischen Moderne mit einem intensiven Bezug zur Natur. Er lebt und arbeitet in Ellmosen, einem Ortsteil von Bad Aibling. Seit 1963 ist er freischaffender Maler. Von 2002 bis heute ist er an der Kunstakademie Bad Reichenhall und seit 2014 an der neu gegründeten Akademie der Bildenden Künste an der Alten Spinnerei, einer privaten Kunstschule im benachbarten Kolbermoor, als Dozent tätig. 2002 bekam er das Bundesverdienstkreuz.
* Heidi Muggli (* 1941 in München) ist ausgebildete Grafikerin. Als Malerin ist sie Autodidaktin und wohnt in Bad Aibling. Einige ihrer perfekt gemalten Bilder hängen im Bad Aiblinger Bürgerhaus und im Gebäude der Stadtverwaltung.
* Andreas Legath (* 1961 in Kolbermoor) ist ein zeitgenössischer Maler und Bühnenbildner. Er lebt und arbeitet in Bad Aibling.