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Pfaffenwinkel: Ein Naturparadies für Wanderer und Pilger

Die Bevölkerung Altbayerns, also die Spezies, die in Oberbayern, Niederbayern und der Oberpfalz zu Hause ist, kann mit dem Pfaffenwinkel durchaus etwas anfangen und weiß daher, dass damit die Region südlich von München und nördlich von Garmisch-Partenkirchen gemeint ist. In Franken und im Rest der Republik wird es schon schwieriger, jemanden zu finden, der dieses Teil Oberbayerns zuordnen kann. Der Pfaffenwinkel repräsentiert als Tourismusmarke die 34 Gemeinden des Landkreises Weilheim-Schongau sowie die Gemeinde Bad Bayersoien. Er erstreckt sich zwischen den Flüssen Lech und Loisach sowie zwischen Starnberger See, Ammersee und den Alpen. Besonders charakteristisch sind die zahlreichen Kirchen und Klöster, denen die Region ihren Namen verdankt. Eine heilige Landschaft. Das Land der Bauern, Künstler und Mönche!

159 Kirchen und viele Klöster

Kräuterpädagogin Elisabeth Doll lässt sich in ihrem Wirken auch von Karl dem Großen inspirieren. – Foto: Dieter Warnick

Kräuterpädagogin Elisabeth Doll lässt sich in ihrem Wirken auch von Karl dem Großen inspirieren. – Foto: Dieter Warnick

Der Pfaffenwinkel ist reich an Natur, Kultur und Kraftorten. Sage und schreibe 159 Kirchen stehen im Pfaffenwinkel und dazu eine stattliche Anzahl von Klöstern – daher der Name. Nirgendwo in Deutschland gibt es auf  vergleichbarem Raum mehr „geistliche“ Bauten und Gemäuer, die einstmals Hochstätten der Kultur waren. Nicht allzu schwere Wanderungen zu unternehmen ist hier eine entspannende Angelegenheit, und dass auch Pilgertouren auf ausgesuchten und ausgedehnten Wegen angeboten werden, versteht sich fast schon von selbst. Beim Gehen, fern allen großen Trubels, zur inneren Einkehr finden, einen Gang herunterschalten und zur Ruhe kommen – das ist Motto und Ziel.

Auf dem Wieshof werden historische Gemüse und längst vergessene Pflanzen angebaut. – Foto: Dieter Warnick

Auf dem Wieshof werden historische Gemüse und längst vergessene Pflanzen angebaut. – Foto: Dieter Warnick

Für den „Profipilger“ stehen drei große Wanderwegschleifen zur Auswahl, jede hat ihren ganz eigenen Charakter. Die Nordschleife „Sprudelnde Quellen“ hat eine Länge von 96 Kilometern, die Ostschleife „Spiegelnde Wasser“ ist 118 Kilometer lang, und die Westschleife „Wilde Flüsse“ ist mit 76 Kilometern die Kürzeste. Startpunkt aller drei Touren ist der Hohe Peißenberg (987 Meter). Wer nicht das ganze Programm abspulen möchte, kann natürlich jederzeit von einem anderen Ausgangspunkt in eine der drei Schleifen „einsteigen“, abkürzen oder nur auf eine Halb- oder Eintagestour gehen. Egal, welche Route man nimmt und für welchen Zeitraum man sich entscheidet – sie führt zu besonderen Orten und Menschen.

Die Ukulele darf nicht fehlen

Sieben bis 99 Kräuter gehören in einen Kräuterbuschen; die Kräuterweihe gehört zu den volkstümlichen Bräuchen der römisch-katholischen Kirche. Der Brauch ist schon seit dem 9. Jahrhundert bekannt. Dabei werden am Hochfest Mariä Himmelfahrt (15. August) Kräuter zu einem Strauß gebunden und mit zur Kirche gebracht. – Foto: Kunz-PR

Sieben bis 99 Kräuter gehören in einen Kräuterbuschen; die Kräuterweihe gehört zu den volkstümlichen Bräuchen der römisch-katholischen Kirche. Der Brauch ist schon seit dem 9. Jahrhundert bekannt. Dabei werden am Hochfest Mariä Himmelfahrt (15. August) Kräuter zu einem Strauß gebunden und mit zur Kirche gebracht. – Foto: Kunz-PR

Wer fußläufig sich selbst ein Stück näherkommen will, findet sich bei einem/r Pilgerbegleiter/in gut aufgehoben. Eine davon ist Gaby Hoss-Reinhard. Ausgerüstet mit allem, was eine Pilgerwanderin dabei haben muss – sogar eine knallgelbe Ukulele ist im Rucksack (unterwegs wird nämlich auch gesungen), geht’s los. Die 61-Jährige ist zertifizierte Pilgerbegleiterin – belesen, wortgewandt, musikalisch, naturverbunden, umweltbewusst, unterhaltsam, erfrischend, amüsant. Wallfahren ist Gaby Hoss-Reinhard quasi in die Wiege gelegt worden,  als sie 1959 in der Wallfahrtsstadt Kevelaer am Niederrhein geboren wurde. Natürlich konnte sie damals nicht ahnen, dass sie einmal in der Pilgerregion Pfaffenwinkel Wurzeln schlagen würde.

Auf dem Paradieshof ist der Name Programm. – Foto: Dieter Warnick

Auf dem Paradieshof ist der Name Programm. – Foto: Dieter Warnick

Unsere kleine Pilger-Gruppe hat sich, quasi um sich einzulaufen (nicht einzugehen) für eine Halbtageswanderung von Magnetsried zum Kloster Bernried am Starnberger See (Übernachtungsmöglichkeit eventuell möglich) entschieden, einem kleinen Teil der Ostschleife. 15 Kilometer geht es durch größtenteils unberührte Natur, nur wenige Menschen folgen uns oder kommen uns entgegen. Das Thema unserer Wanderung ist „Einzigartigkeit“.

Hochmoor „Bernrieder Filz“

Die sagenumwobene Hardtkapelle in der Nähe von Weilheim befindet sich tief im Wald, dem sogenannten „Hardt“. – Foto: Dieter Warnick

Die sagenumwobene Hardtkapelle in der Nähe von Weilheim befindet sich tief im Wald, dem sogenannten „Hardt“. – Foto: Dieter Warnick

Vorbei geht es an der Kirche Mariä Himmelfahrt in Jenhausen. Auf gut befestigten Feldwegen und entlang breiter Wiesenlandschaften und durch Schatten spendende, teil mystisch anmutende Wälder, erreichen wir das Hochmoor „Bernrieder Filz“, ein ausgewiesenes Naturschutzgebiet. Nicht allzu breite Holzstege verhindern dort, dass man in den weichen Boden sinkt.

Pilgerwanderungen im Pfaffenwinkel werden von Einheimischen und Gästen sehr gerne angenommen. Gabriele Hoss-Reinhard ist Pilgerbegleiterin und eröffnet Wallfahrern die Heilige Landschaft Pfaffenwinkel sowie deren Umland auf eine ganz besondere Art neu. Natur- und Kulturerleben in Verbindung mit spirituellen Impulsen, Singen, Schweigen und meditativen Übungen sind eine Bereicherung für Körper , Geist und Seele. – Foto: Kunz PR

Pilgerwanderungen im Pfaffenwinkel werden von Einheimischen und Gästen sehr gerne angenommen. Gabriele Hoss-Reinhard ist Pilgerbegleiterin und eröffnet Wallfahrern die Heilige Landschaft Pfaffenwinkel sowie deren Umland auf eine ganz besondere Art neu.  – Foto: Kunz PR

Die Ruhe ist phänomenal, vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass ein paar Kilometer weiter der Rummel rund um den Starnberger See groß ist. Die ersten kleinen Gewässer tauchen auf, es sind die malerischen Nußberger Seen sowie andere namenlose Weiher, Teiche und Tümpel. Sie dienen vorrangig der Fischzucht. Immer wieder hält Gaby Hoss-Reinhard inne, erklärt, musiziert, geht gemeinsam mit uns in sich.

Lichterprozession in Bernried

Bald ist auch das Ziel unserer Pilgerwanderung erreicht – das Kloster Bernried. Dort gibt es jedes Jahr, immer an Mariä Himmelfahrt (15. August) eine ganz besondere Veranstaltung. Einheimische und Auswärtige treffen sich, um im Schein tausender Kerzen die Lichterprozession zu zelebrieren; Gläubige und Nichtgläubige begeben sich dabei zur Mariengrotte.

Dieses Szenario ist in Bernried Tradition. An diesem Tag finden in Bernried Gottesdienste statt, in denen Segnungen ausgesprochen und Kräuterbüsche gebunden werden. Der Gottesdienst wird musikalisch von Chören und Orchestern begleitet. Im Anschluss an diese Gottesdienste findet die Lichterprozession statt.

Wieshof: Zeitreise in die Geschichte

Oberbayerisches Idyll mit weiß-blauen Schäfchenwolken: die katholische Filialkirche Mariä Himmelfahrt in Jenhausen, einem Ortsteil von Seeshaupt; sie wurde um 1730 errichtet und liegt an exponierter Stelle auf einem Hügel oberhalb des Ortes. – Foto: Dieter Warnick

Oberbayerisches Idyll mit weiß-blauen Schäfchenwolken: die katholische Filialkirche Mariä Himmelfahrt in Jenhausen, einem Ortsteil von Seeshaupt; sie wurde um 1730 errichtet und liegt an exponierter Stelle auf einem Hügel oberhalb des Ortes. – Foto: Dieter Warnick

Hauptort des Pfaffenwinkels ist das 23 000-Einwohner-Städtchen Weilheim – liebens- und lebenswert mit einer malerischen Altstadt und farbenfrohen Häuserfronten.

Die innere Ruhe findet man auch im Kloster Bernried. – Foto: Wolfgang Ehn

Die innere Ruhe findet man auch im Kloster Bernried. – Foto: Wolfgang Ehn

Im Stadtteil Marnbach ist Elisabeth Doll mit ihrer Familie zu Hause. Sie ist Kräuterpädagogin, Hauswirtschaftsmeisterin und Gartenbäuerin, und das mit Leib und Seele. Ihr Betrieb wird biologisch bewirtschaftet. In mehreren Themen- und Lehrgärten baut sie zirka 70 historische und einheimische (Heil)pflanzen, (Wild)obststräucher sowie vor allem (vergessene) Kräuter (unter anderem Gundermann, Giersch, Schafgarbe, Verbene) und Gemüsesorten (unter anderem die verschiedensten Tomatenarten, Zuckerwurzel, Etagenzwiebel und Baumspinat) an.

Ihr ganzer Stolz ist ein historischer Garten nach dem Vorbild  Karls des Großen (* wahrscheinlich 2. April 747 oder 748, † 28. Januar 814); er erlangte am 25. Dezember 800 als erster westeuropäischer Herrscher seit der Antike die Kaiserwürde.

Karl der Große war nicht nur Kriegsherr, er sorgte auch für eine effektive Verwaltung und bemühte sich um eine umfassende Bildungsreform.

„Capitulare de villis“

Entschleunigen und zu sich kommen – bei einer Pilgerwanderung (hier einer der Nußdorfer Seen) ist dies kein Kunststück. – Foto: Dieter Warnick

Entschleunigen und zu sich kommen – bei einer Pilgerwanderung (hier einer der Nußdorfer Seen) ist dies kein Kunststück. – Foto: Dieter Warnick

Große Aufmerksamkeit erlangte der Herrscher durch das „Capitulare de villis“. Darin ist im Detail auch der Anbau von Obstbäumen, Weinreben und Gemüse beschrieben. Im letzten Kapitel sind 89 Pflanzen und Heilkräuter aufgelistet, die die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung verbessern sollten. Vorbild für die Pflanzensammlung im „Capitulare de villis“ waren die Kräutergärten der Klöster, die Nonnen und Mönche für den Eigenbedarf angelegt hatten. Gegen jedes Zipperlein hatten sie ein Kraut in ihrem Garten.

Kochkurse in der Naturküche

Diese Kräuter und Gemüse können vor Ort im Wieshof in Themenkochkursen verarbeitet werden. Elisabeth Doll hält auch Vorträge und organisiert Feiern und Feste. Sie stellt außerdem die verschiedensten Köstlichkeiten wie Liköre, Kräutersalze, Essige, Gelees, Chutneys und vieles mehr her.

Gastro- und Ausflugstipps

Veranstaltungstipp

Pilgern mit Gabriele Hoss-Reinhard, Moosstr. 30, 82362 Weilheim, Tel.: (0881) 6 14 46; E-Mail: gabrielehoss-reinhard@t-online.de; Internet: www.pfaffenwinkler-pilgerbegleiterinnen.de

Raushier-Reisemagazin

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