Er ist mit 296 200 Hektar, das sind fast 3000 Quadratkilometer, der zweitgrößte Naturpark Bayerns – nur der Naturpark Bayerischer Wald ist mit 307 700 Hektar größer – liegt im geographischen Zentrum Bayerns und hat jede Menge zu bieten. Er erstreckt sich von Thalmässing (südlich von Nürnberg gelegen) im Norden und Neuburg an der Donau (westlich von Ingolstadt) im Süden und von Gunzenhausen (südwestlich von Nürnberg) bis Kelheim nahe Regensburg im Osten.
Auf den Besucher wartet eine abwechslungsreiche, vielgestaltige und wildromantische Mittelgebirgs-Landschaftsform: Weite Mischwälder, meist ruhige Fließgewässer (die Altmühl, die dem Naturpark den Namen gegeben hat, und weitere kleine Bachläufe), malerische Felsriffe aus der Jurazeit, für die Gegend typische Trockenbiotope, blühende und kräuterreiche Wacholderheiden, sonnenüberflutete Feuchtwiesen sowie zahlreiche Steinbrüche. Ferner eine vielgestaltete, abwechslungsreiche Kulturlandschaft mit zahlreichen Burgen und Schlössern, Kirchen, Klöstern, Thermen und historischen Städten und Marktflecken – und nicht zuletzt der rätische Grenzwall Limes das UNESCO-Weltkulturerbe. Er verläuft quer durch den Naturpark ist gesäumt von Kastellen, Wachttürmen, Thermen und einzigartigen Sammlungen aus der Römerzeit. Wanderer, Radfahrer, Kanufahrer, Kletterer, Fossiliensammler und Familien kommen voll auf ihre Kosten.
Wanderer haben die freie Auswahl
Der Wanderer hat die freie Auswahl. Jede Menge an Wanderwegen warten darauf, entdeckt zu werden. Der „Klassiker“ ist der Altmühltal-Panoramaweg, der über 200 Kilometer von West nach Ost, von Gunzenhausen nach Kelheim führt. Dieser Fernwanderweg, der sich „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ nennen darf, führt oft entlang der felsigen Hänge des Jura und durch tiefgrüne Buchenwälder, wechselt ab und an die Fluss-Seite; dass dabei die eine oder andere Höhendifferenz überwunden werden muss, ist selbstredend.
Entlang des Panoramaweges tun sich immer wieder Nebenstrecken auf, die sogenannten Schlaufen, insgesamt 20. Dies sind meist Tageswanderungen auf einem Rundkurs. Dort, abseits des beliebten Weges, gibt es jede Menge zu entdecken, und herrliche Ausblicke. Beispielsweise auf das Urdonautal oder das Anlautertal, auf die sanfte, sich wie eine Natter durch das Tal schlängelnde Altmühl, oder auf kleine Dörfer und Weiler.
Weitere Wanderwege sind der Frankenweg (erstreckt sich vom Frankenwald bis zum Naturpark Altmühltal), der Main-Donau-Weg (führt vom Brombachsee nahe Gunzenhausen über Weißenburg nach Pappenheim), der Limes-Wanderweg (von Gunzenhausen bis Bad Gögging nahe Kelheim), der Ostbayerische Jakobsweg (von der tschechischen Grenze über Regensburg, Kelheim und Altmannstein in die Uni-Stadt Eichstätt), der Wallfahrerweg (von Breitenbrunn bei Dietfurt nach Wemding im Landkreis Donau-Ries), der Urdonautal-Wanderweg (von Dollnstein bis nach Aicha bei Wellheim) und, nicht zu vergessen, der Jura-Steig, der durch den Bayerischen Jura und den östlichen Naturpark Altmühltal führt.
Einst ein begehrtes Siedlungsland
Seit der Steinzeit ist diese Landschaft ein begehrtes Siedlungsland, wo sich alemannisches, römisches, fränkisches und bajuwarisches Kulturgut mischte. Städte wie Weißenburg und Berching sind ein Spiegel des Mittelalters, während Beilngries und Eichstätt von der Zeit des Barock zeugen; und in Neuburg an der Donau kann man an allen Ecken und Enden die Renaissance atmen. Nicht zu vergessen die beschauliche Drei-Burgen-Stadt Riedenburg.
Aber auch kleinere Städte, Dörfer und Gemeinden haben jede Menge zu bieten. Einige Beispiele: Pappenheim (Burg), Solnhofen (Steinbrüche, Felsformation „Zwölf Apostel“), Dollnstein (Altmühlzentrum in den ehemaligen Burgstallungen, Burgsteinfelsen), Wellheim (Burgruine), Nassenfels (Burg), Pfünz (teil-rekonstruiertes Römerkastell), Kipfenberg (Burg mit Römer und Bajuwarenmuseum), Kinding (Kirchenburg), Griesstetten bei Dietfurt (Wallfahrtskirche), Prunn (Burg), Essing (ehemals längste Holzbrücke Europas) oder das Kloster Weltenburg bei Kelheim (Donaudurchbruch).
Der Jägersteig hat’s in sich
Blieben noch die Steige, die mitunter an naturnahe Touren im Hochgebirge erinnern. Wer hier nicht das passende Schuhwerk unter den Füßen hat oder nicht schwindelfrei ist, sollte sich schon überlegen, sich dorthin zu begeben. Bestes Beispiel ist der Jägersteig Beixenhart nahe der Ortschaft Ried, einem Forstgebiet zwischen Dollnstein und Wellheim, südwestlich von Eichstätt gelegen. Auf einem Hinweisschild zu Beginn des Steigs steht geschrieben: „Die Felswände verdeutlichen die gewaltige Kraft, mit der sich die Urdonau in die Hochfläche eingetieft hat. Äußerst eindrucksvoll sind die Felsendurchgänge, die durch die Verkarstung des Gesteins geschaffen wurden.“
2 ½ Stunden Gehzeit lese ich auf einem Hinweisschild, ehe wir uns in das Naturwaldreservat begeben. Die ersten Minuten gehen gemächlich dahin, und Naturparkführerin Ruth Wallmann erzählt allerlei über botanische Eigenheiten. Zum Beispiel, dass Bäume, die umgefallen sind, aus welchen Gründen auch immer (Sturmschäden, Blitzeinschläge, Krankheiten), liegen und sich der Natur überlassen bleiben. Auch von Neuanpflanzungen und Unkraut- sowie Schädlingsbekämpfung wird abgesehen. „Quasi um der Nachwelt zu demonstrieren, dass durch altes Holz neues Leben entsteht“, wie Wallmann erklärt.
Und die Naturparkführerin berichtet weiter, dass sich zum Beispiel der Zunderschwamm häufig auf kranken und geschwächten Baumstämmen ein Zuhause sucht. Diese Pilzart kann durchaus einen Durchmesser von 30 Zentimetern erreichen. Früher wurde der Pilz getrocknet, weil man wusste, dass er durch auftreffende Funken sofort zu glimmen beginnt. Daher der Spruch: „Das brennt wie Zunder.“
Ein Sturz hätte fatale Folgen
Dann geht es aber schon ans Eingemachte. Nach nicht einmal einer halben Stunde bin ich so richtig warmgelaufen, und die Schweißtropfen rinnen mir über das Gesicht. Wir sind auf der Höhe der Dolomitriffe nahe des oberen Randes des Naturwaldreservats angekommen. Jetzt geht es kontinuierlich, auf einem schmalen, unebenen Pfad mal ein paar Meter bergauf, dann aber gleich wieder ein paar Meter bergab. Der Steig ist wild. Imposant. Fast alpin. Linkerhand fällt das Gelände ziemlich steil ab, ein Sturz hätte fatale Folgen.
Brennessel-Pflanzen und allerlei anderes Gestrüpp queren in regelmäßigen Abständen unseren Weg; umgefallene Bäume, Äste und Wurzeln stellen keine unüberwindbaren Hindernisse dar. Oft ist, wenn wir nach vorne schauen, nicht zu erkennen, wohin der Steig führt. Er liegt zumindest größtenteils im Schatten, die Temperaturen sind angenehm. Doch ich schwitze immer mehr. Das sattgrüne Blattwerk von Buche, Eiche, Linde, Ahorn, Ulme oder Esche gibt ein fantastisches Bild ab, die Luft ist würzig und frisch, Vögel zwitschern um die Wette – und ich: Ich pfeife schon jetzt aus dem letzten Loch. Mein Basecap ist zum Auswringen nass, und an meinem Oberhemd ist auch kaum mehr ein trockenes Stückchen Stoff zu finden.
Der Weg wird immer schwieriger. Ein Schild mit dem Wort „Abkürzung“ ficht Naturparkführerin Wallmann nicht, sie geht wortlos daran vorbei. Mit ihrer Erfahrung wird sie schon wissen, auf was sie sich da mit mir eingelassen hat. Mitunter glitschige und abschüssige Passagen erfordern Trittsicherheit und höchste Konzentration, auch, weil meine Kondition nicht die Beste ist, und ich mich gerade heute nicht unbedingt schwindelfrei fühle. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Immer häufiger muss ich ein Päuschen einlegen und zur Wasserflasche greifen. Ein Blick auf die Schönheit des Urdonautal lenkt mich zunächst von den Strapazen ab.
Der Steig wird immer anspruchsvoller
Die ersten Passagen kommen, die mit einem Stahlseil gesichert sind. Das hätte ich in den kühnsten Träumen nicht erwartet, dass es hier im beschaulichen Altmühltal solch einen anspruchsvollen und schwierigen Pfad gibt. Ich fühle mich tatsächlich an das Hochgebirge erinnert. Weiterhin heißt es, die Schritte so zu setzen, dass man sich in keine Gefahr begibt, und dass die Handgriffe sitzen.
Wir müssen uns durch Felsengen und Felsdurchgänge zwängen, Felskanzeln erklimmen, manchmal über umgefallene Bäume balancieren. Einmal bin ich mit meinem Latein fast am Ende. Von wegen Wandergenuss. Ruth Wallmann erklärt mir ganz genau, wo und wie ich die Griffe ansetzen soll. Ein Zurück gibt`s nicht! Ich nehme meine ganze Kraft zusammen und schaffe das Hindernis, das mir einige Augenblicke zuvor noch als unüberwindbar galt, mit einer für mich gewaltigen Kraftanstrengung. Ich hoffe inständig, dass es fortan wieder ein bisschen leichter wird.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass wir noch mindestens ein Drittel unseres Weges vor uns haben. Ich habe jetzt endlich meinen Rhythmus gefunden, aber zahlreiche Felsgruppen und säulenförmige Einzelfelsen liegen noch vor uns. Ruth Wallmann gibt mir mit ihrer Ruhe, die sie ausstrahlt, die nötige Sicherheit, um die letzten Anstrengungen erträglich zu machen. Dann ist es geschafft. Wir geben uns die Hand; der 30-minütige Rückweg im Tal zum Parkplatz, an dem unser Pkw steht, ist ein Klacks.
Weitere empfehlenswerte Steige im Naturpark Altmühltal sind der Oberlandsteig, der rund um die weithin sichtbaren Kletterfelsen am Ortsrand von Konstein in Richtung Aicha verläuft, und der Einthal-Klamm-Steig in Riedenburg.
Und wer richtig „kraxeln“ will, der ist beim Burgsteinfelsen in Dollnstein oder am Dohlenfelsen in Konstein genau richtig. Neben diesen bekannten Kletterfelsen gibt es in den Wäldern noch viele andere schroffe Felslandschaften, die erobert werden wollen.
Radfahrer haben die Qual der Wahl
Wer lieber mit dem Rad fährt als wandert, der ist im Naturpark Altmühltal ebenso gut aufgehoben. Auf insgesamt 800 Kilometern hat der Pedalritter die Qual der Wahl. Der „Klassiker“ ist der Altmühltal-Radweg, der über gut 160 Kilometer von Gunzenhausen nach Kelheim führt. Die Strecke ist vielfältig und dennoch wenig anspruchsvoll, weil man stets an der Altmühl entlang fährt, und im letzten Teilstück am Main-Donau-Kanal.
Weitere schöne Strecken sind der Anlautertal-Radweg (40 Kilometer, von Weißenburg nach Kinding), der Donau-Radweg (178 Kilometer, im Bereich des Naturparks), der Radweg Nürnberg – Altmühltal (57 Kilometer, von Nürnberg-Katzwang nach Kinding), der Urdonautal-Radweg (33 Kilometer, von Dollnstein nach Neuburg an der Donau), der Schambachtalbahn-Radweg (45 Kilometer von Ingolstadt nach Riedenburg) und der Schwäbische Alb-Ries-Altmühltal-Radweg (74 Kilometer, von Bopfingen nach Mörnsheim).
Mitunter kann es vorkommen, dass eine Schafherde die Fahrt stoppt, denn entlang diverser Strecken lassen Schäfer ihre Wanderherden weiden. Viele Gasthöfe bieten abwechslungsreiche Lammgerichte an, denn das Altmühltaler Lamm ist beliebt bei Köchen und Feinschmeckern, weil es zart und würzig ist.
Kanufahren für die ganze Familie
Eine wunderbare Abwechslung und ein entspanntes Sommervergnügen ist eine Kanutour auf der Altmühl. Eine Bootswanderung (ist auch an mehreren Tagen möglich) ist dank der gemächlichen Fließgeschwindigkeit der Altmühl ein wahrer Familientipp. Bootsverleihe gibt es fast an allen Orten, die an dem Flüsschen liegen. Befahrbar ist der Fluss von Gunzenhausen bis Töging; das sind 120 Kilometer. Für einen Rücktransport ist gesorgt.
Dem Archaeopteryx auf der Spur
Was das Altmühltal über alle Landesgrenzen hinweg berühmt gemacht hat, war der Fund eines Abdruckes einer Feder des Archaeopteryx im Jahr 1860 in einem Steinbruch in Solnhofen; der „Urvogel“ gilt als das bekannteste Fossil der Welt. Heute gibt es elf Originalfunde.
Vor gut 150 Millionen Jahren lag das heutige Altmühltal mitten in einer Lagunenlandschaft. Krokodile, Raubfische und Ammoniten bevölkerten das Jurameer, Dinosaurier durchstreiften das Land, Flugsaurier beherrschten den Himmel. Wenn sie starben, sanken die Körper auf den Meeresgrund, wo der Schlamm sie luftdicht umschloss.
Schalen und Knochen versteinerten, die Kalkschichten pressten Fische, Saurier, Libellen, Schnabelfische und Pflanzen flach zusammen. Als Fossilien kommen sie nach Millionen von Jahren wieder ans Licht. Das Museum in Solnhofen, das Jura-Museum in Eichstätt und das Museum Bergér in Harthof bei Eichstätt zeigen spektakuläre Funde.
In einigen ausgesuchten Fossilien- und Hobbysteinbrüchen ist es sogar erwünscht, nach alten Versteinerungen zu suchen. Mit Hammer und Meißel ausgerüstet, geht es in den Steinbruch, um zwischen den Schichten der Kalkplatten versteinerte Pflanzen, Insekten oder kleine Dinosaurier zu entdecken. Rhythmisches Klopfen gehört dabei zu den typischen Geräuschen. Möglich ist das im Fossiliensteinbruch Blumenberg bei Eichstätt, im Fossiliensteinbruch Mühlheim bei Mörnsheim, im Steinbruch Schamhaupten bei Altmannstein und in der Fossiliensammelstelle Titting.
Informationen: Informationszentrum Naturpark Altmühltal, Notre Dame 1, 85072 Eichstätt, Tel.: (08421) 9 87 60; E-Mail: info@naturpark-altmuehltal.de; Internet: www.naturpark.altmuehltal.de