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Kufstein: 4948 Pfeifen intonieren „Gute Kameraden“

Wenn es um die Perle Tirols geht, dann kann es sich nur um das Städtchen Kufstein handeln. Das jedenfalls behauptet Karl Ganzer (1920 – 1988). Der Musikant holte im Jahr 1946 durch Zufall zum großen Wurf aus, als ihm beim Üben auf seiner neuen Harmonika eine Melodie einfiel und nicht mehr aus dem Kopf ging – das Kufsteiner Lied. Dieser Ohrwurm hat den Namen der 20 000-Einwohner-Stadt in die ganze Welt hinausgetragen und zu einem Inbegriff alpenländischer Kultur gemacht. In der Altstadt hat man dem Komponisten daher ein Denkmal gesetzt. Und dass das Städtchen am grünen Inn in der Tat eine Perle ist – daran hat sich seitdem nichts geändert. Denjenigen, die an den Gardasee oder an die Adria reisen oder von dort zurückkommen sei ans Herz gelegt: Ein Kufstein-Besuch lohnt immer.

Viel Leben an der Promende

Immer wieder trifft in Kufstein alt auf neu. Dieses Miteinander korrespondiert ganz ausgezeichnet. - Foto: Dieter Warnick

Immer wieder trifft in Kufstein alt auf neu. Dieses Miteinander korrespondiert ganz ausgezeichnet. – Foto: Dieter Warnick

Zwar ist es eine Mär, dass der Inn immer nur grün ist, wie im Lied beschrieben, aber machmal ist er es dann doch. Vor allem ist er eine Art Lebensader für die Bevölkerung. An seinem Ufer tummeln sich Jung und Alt, und an der Promenade gibt es eine Konzentration aus Cafés und Gasthäusern. Auch die eine oder andere Veranstaltung lockt die Menschen an.

Das Wahrzeichen der Stadt ist die Festung. Sie zählt zu den imposantesten mittelalterlichen Bauwerken Tirols. - Foto: TVB Kufsteinerland / Lolin

Das Wahrzeichen der Stadt ist die Festung. Sie zählt zu den imposantesten mittelalterlichen Bauwerken Tirols. – Foto: TVB Kufsteinerland / Lolin

Ein Großteil der Touristen aus aller Welt jedoch wird von dem Wahrzeichen der Stadt angezogen, das hoch über dem Fluss liegt und majestätischer nicht sein könnte: die Festung Kufstein. Bei einer Führung kommt selbst Natalia Gebhardt, die schon unzählige Male Gäste herumgeführt hat, Tag für Tag ins Schwärmen: „Hier einzutauchen, wo Menschen schon vor über 800 Jahren gelebt haben, und das mit Sicherheit sehr viel schlechter als wir heute, das flößt mir jedes Mal Respekt ein.“

Kaiser Maximilian I. sei Dank

Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Wehranlage im Jahr 1205. Sie war, wie sollte es anders sein, häufig Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen, und wechselte häufig den Besitzer. Zur stolzen Festung wurde das Bollwerk erst durch Kaiser Maximilian I. im 16. Jahrhundert, als er zahlreiche Um- und Ausbauarbeiten vornehmen ließ. Heutzutage verbindet die Festung Geschichte und Neuzeit wie kaum ein anderes historisches Gebäude in Tirol. Museumsräume und diverse Ausstellungen spannen den Bogen vom Gestern zum Heute.

Ein 60 Meter tiefer Brunnen

Nicht nur ein optischer Leckerbissen ist die Römerhofgasse mit der Traditionsgaststätte Auracher Löchl, die ihren Namen durch die alte Kufsteiner Bürgerfamilie namens "Auracher" bekam. 1448 wurde dort eine Bierschenke errichtet, die den heute noch gültigen Namen Auracher Löchl trägt. - Foto: TBV Kufsteinerland

Nicht nur ein optischer Leckerbissen ist die Römerhofgasse mit der Traditionsgaststätte Auracher Löchl, die ihren Namen durch die alte Kufsteiner Bürgerfamilie namens „Auracher“ bekam. 1448 wurde dort eine Bierschenke errichtet, die den heute noch gültigen Namen Auracher Löchl trägt. – Foto: TBV Kufsteinerland

Besucher kommen kaum aus dem Staunen heraus: Ein endlos scheinender, unterirdischer Felsengang (Kasematte) ist fast so verwinkelt wie ein Irrgarten. Ein Brunnen, an dem 25 Jahre lang mit primitivstem Handwerkszeug und ohne große technische Hilfsmittel gearbeitet wurde, ist 60 Meter tief; da müssen sich die meisten Tiroler Kirchtürme anstrengen, diese Höhe zu erreichen. Er reicht hinunter bis zum Grundwasser.

Der viergeschossige Kaiserturm hat Mauern, die acht Meter dick sind. Und es gibt im Inneren der Anlage einen Veranstaltungsort für Konzerte jeder Art, Theateraufführungen oder Ritterfeste, der bis zu 4200 Zuschauern Platz bietet. Bei schlechtem Wetter sorgt ein 2000 m² großes, wandelbares Textildach mit einem Durchmesser von 52 Metern dafür, dass die Zuschauer im trockenen sitzen können. Es kann in nur vier Minuten über dem Open-Air-Areal aufgespannt werden. Die Kritik, die beim Bau im Jahr 2006 aus der Kufsteiner Bevölkerung kam, ist längst verklungen.

Die größte Freiorgel der Welt

Das Rathaus am Stadtplatz steht unter Denkmalschutz. - Foto: Dieter Warnick

Das Rathaus am Stadtplatz steht unter Denkmalschutz. – Foto: Dieter Warnick

Apropos Klang – einen Superlativ hat die imposante Festung noch: die „Heldenorgel“. Das Instrument ist die größte Freiorgel der Welt und verfügt über fast 5000 (genau 4948) Pfeifen (und 65 Register). Jeden Tag um 12 Uhr ertönen ihre Klänge zum Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege. Sie steht im Bürgerturm der Anlage, und ihre Pfeifen sind nach außen gerichtet. Vier Organisten – zwei aus dem benachbarten bayerischen Oberaudorf, einer aus Söll und einer aus Kufstein – lösen sich an 365 Tagen im Jahr ab und spielen jeweils eine Viertelstunde lang. Als Schlussstück wird „Gute Kameraden“ gegeben. Das Instrument ist in der ganzen Stadt und teilweise noch im benachbarten Kaisertal zu hören.

Zu verdanken haben die Kufsteiner ihre Freiluftorgel einem gewissen Max Depolo; als dieser nach Beendigung des Ersten Weltkrieges in seine Heimatstadt zurückkehrte, hatte er die Idee, auf der Festung eine Orgel zu installieren. Die Folgen, die daraus entstanden, konnte er nicht ahnen. Auch er wurde – wie Karl Ganzer – zu einem Kulturbotschafter Kufsteins weit über die Grenzen Tirols hinaus.

Entschleunigung im Kaisergebirge

Der Untere Stadtplatz ist der Teil nördlich der Festung und war das mittelalterliche Zentrum der Stadt. - TVB Kufsteinerland

Der Untere Stadtplatz ist der Teil nördlich der Festung und war das mittelalterliche Zentrum der Stadt. – TVB Kufsteinerland

20 Gehminuten von der Altstadt entfernt geht es direkt ins Gebirge des Wilden Kaisers. Der behäbig langsam fahrende Kaiserlift, ein Einersessel, der für die 700 Höhenmeter eine geschlagene halbe Stunde benötigt, bringt den Gast auf 1200 Meter Seehöhe. „Schon im Lift beginnt dadurch die Entschleunigung,“ weiß Elisabeth Schwaiger, ihres Zeichens ausgebildete Bergwanderführerin und ein Kufsteiner Original. Es ist im Übrigen die einzige Liftverbindung vom Inntal in den Wilden Kaiser. Oben angekommen, erwarten den Besucher jede Menge ursprüngliche Wanderwege, anspruchsvolle Berg- und Klettertouren und ausgesuchte Strecken für Mountainbiker sowie Aussichtsgipfel und eine gepflegte Hüttentradition. Anstrengende Aktivitäten unter der mächtigen Kulisse des Kaisergebirges machen schließlich hungrig und durstig.

Skifahren ist nicht mehr möglich

Die Festung beherbergt viele Museen (in diesem Raum werden Ritterrüstungen gezeigt) und es finden zahlreiche Ausstellungen statt. - Foto: Dieter Warnick

Die Festung beherbergt viele Museen (in diesem Raum werden Ritterrüstungen gezeigt) und es finden zahlreiche Ausstellungen statt. – Foto: Dieter Warnick

Skifahren ist hier oben allerdings nicht mehr möglich. 2009 wurden jegliche Aktivitäten eingestellt, „weil“, so Elisabeth Schwaiger, „das Ganze nicht mehr lukrativ war“. Wer den alpinen Freuden aber nicht entsagen will, der fährt eben auf der andere Seite des Gebirgstocks mit den Ortschaften Going, Ellmau, Scheffau oder Söll. Die Bergwanderführerin bringt es auf den Punkt: „Hier Entspannung und Entschleunigung, dort Aktion und Geschäftigkeit“.

Zahlreiche kleinere Gewässer (hier der Hechtsee) rund um Kufstein laden zu einem beherzten Sprung ein. - Foto: TVB Kufsteinerland / Lolin

Zahlreiche kleinere Gewässer (hier der Hechtsee) rund um Kufstein laden zu einem beherzten Sprung ein. – Foto: TVB Kufsteinerland / Lolin

Zu empfehlen ist im Sommer die Vier-Seen-Wanderung im Naturschutzgebiet Kaisergebirge. Der Rundweg startet und endet in Kufstein, führt zum Pfrillsee, Längsee, Hechtsee und Egelsee und ist ohne Probleme in drei bis vier Stunden zu schaffen. Jederzeit einen Abstecher wert sind auch die sieben Dörfer, die zum Tourismusverband Kufsteinerland gehören: Bad Häring, Ebbs, Erl, Langkampfen, Niederndorf, Schwoich und Thiersee.

: Im Kaisergebirge laden herrliche Wege, teils leichtere, teils schwierigere, zu entschleunigenden Wanderungen ein. - Foto: TVB Kufsteinerland / W9studios

: Im Kaisergebirge laden herrliche Wege, teils leichtere, teils schwierigere, zu entschleunigenden Wanderungen ein. – Foto: TVB Kufsteinerland / W9studios

Und im Kaisertal wartet ein besonderer Zauber – es kann für Besucher oder Wanderer nämlich nur über eine Stiege mit fast 300 Stufen erreicht werden. Lediglich 50 Menschen wohnen dort, und nur diese sowie Betriebe und Einsatzfahrzeuge dürfen mit dem Auto fahren. Erst ein Tunnel, der 2008 fertiggestellt wurde, machte dies möglich. Selbst Bikern ist es verwehrt, das Kaisertal mit dem Rad anzusteuern.

Bergwanderführerin Schwaiger nennt fünf (weitere) Gründe für einen Besuch in Kufstein und Umgebung:

  1. die Autobahnanbindung und die zentrale Lage (München, Salzburg oder Innsbruck sind in nicht mehr als einer Stunde erreichbar).
  2. gesundheitliche Aspekte (Schwefelheilbad Bad Häring, Ayurveda in Thiersee).
  3. Kultur: wie erwähnt Kufstein sowie der Passions- und Festspielort Erl.
  4. Sport: Wandern und Biken im Kaisergebirge, Schwimmen (zu den genannten Seen laden ferner der Stimmersee und der Thiersee zu einem erfrischenden Bad ein).
  5. Kulinarik: die Tiroler Küche ist ja bekannt für ihre schmackhaften, traditionellen Gerichte.

Informationen: Kufsteinerland, Unterer Stadtplatz 11, A-6330 Kufstein, Tel.: (0) 5372 6 22 07; E-Mail: info@kufstein.com; Internet: www.kufstein.com

Gastro-Tipps

Schier endlos scheint sich das Kaisergebirge hinzuziehen. Es hat sowohl für Kletterer und Bergsteiger als auch für Wanderer eine große Bedeutung. - Foto: TVB Kufsteinerland / W9studios

Schier endlos scheint sich das Kaisergebirge hinzuziehen. Es hat sowohl für Kletterer und Bergsteiger als auch für Wanderer eine große Bedeutung. – Foto: TVB Kufsteinerland / W9studios

Arte-Hotel: Das im Juni 2016 eröffnete Hotel im Herzen der Altstadt verkörpert Kunst, moderne Architektur und österreichische Gemütlichkeit im neuen Kultur-Quartier. Die 85 modern und dennoch gemütlich eingerichteten Zimmer zeichnen sich durch Geräumigkeit, klare Linien und viel Licht aus. – Marktgasse 2, A-6330 Kufstein, Tel.: +43 5372 6 15 00; E-Mail: willkommen@arte-kufstein.at

Erst aus der Luft ist genau zu sehen, wie majestätisch und erhaben die Festung Kufstein über dem Inn thront. - Foto: Foto: TVB Kufsteinerland

Erst aus der Luft ist genau zu sehen, wie majestätisch und erhaben die Festung Kufstein über dem Inn thront. – Foto: Foto: TVB Kufsteinerland

Auracher Löchl: Das Auracher Löchl erhielt seinen Namen durch die alte Kufsteiner Bürgerfamilie namens „Auracher“. Diese war seit dem 13. Jahrhundert in Kufstein ansässig, stellte zehn Bürgermeister und war Betreiber einer Bierbrauerei. Der Grundstein des Hauses wurde zwischen 1410 und 1436 gelegt. In dieser Zeit wurde ein Loch in den Festungsberg getrieben, Löchl genannt. Dieser 90 Meter lange Stollen hielt eine konstante Temperatur von acht Grad und diente zur Einlagerung von Eis, das für das Brauen des Bieres benötigt wurde. Im Jahre 1448 wurde eine dazugehörige Bierschenke errichtet, die den heute noch gültigen Namen „Auracher Löchl“ trägt. Römerhofgasse 4, A-6330 Kufstein, Tel.: +43 5372 6 21 38; E-Mail: hallo@auracher-loechl.at

An der sogenannten Krampuswand im Kaisergebirge schaut eine Furcht erregende Schreckgestalt auf die Wanderer herab. - Foto: Dieter Warnick

An der sogenannten Krampuswand im Kaisergebirge schaut eine Furcht erregende Schreckgestalt auf die Wanderer herab. – Foto: Dieter Warnick

Stollen 1930: Die Hotelbar des Auracher Löchl ist mit über 800 verschiedenen Sorten die größte Gin-Bar der Welt. Beim Betreten der Bar fühlen sich die Gäste zurückversetzt in die Zeit, in der in Paris, New York oder London noch Chansons der 1930er-Jahre gespielt wurden. Passend zur Musik werden Cocktails, die schon vor fast einem Jahrhundert beliebt waren, serviert, aber auch Rum, Gin, alkoholfreie Getränke und Raritäten. Wer es lieber bodenständiger mag, dem bietet sich natürlich auch ausgezeichnetes Bier aus Belgien, Irland oder England.

: Blick auf Kufstein und den Pentling, den Hausberg der Stadt. - Foto: TVB Kufsteinerland

Blick auf Kufstein und den Pentling, den Hausberg der Stadt. – Foto: TVB Kufsteinerland

Purlepaus: Das Restaurant Purlepaus liegt direkt am Fuße des Festungsaufganges. Zu Mittag kann man den Klängen der Heldenorgel lauschen und die uralten Bäume laden zum Verweilen ein. Der urige Gastgarten und die Räumlichkeiten im Inneren mit ihren Gewölben geben dem Restaurant Purlepaus ihren besonderen Flair. – Unterer Stadtplatz 18, A-6330 Kufstein, Tel.: + 43 5372 6 36 33.

Raushier-Reisemagazin

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