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Bozen und der Wein: Eine Symbiose der besonderen Art

Mit nicht einmal 5500 Hektar Weinanbaufläche ist Südtirol ein eher kleines Weinanbaugebiet, dabei aber ein sehr feines. Von allen Anbaugebieten Italiens bedeutet dies eine Gesamtfläche von etwa 0,7  Prozent. Bozen steht mit seinen 510 Hektar in Südtirol an dritter Stelle.

Südtirols Landeshauptstadt ist eine der teuersten Metropolen Italiens. Eine hohe Lebensqualität, viel Kultur und architektonische Prachtbauten machen die 107 000-Einwohner-Stadt zu etwas ganz Besonderem. Und natürlich die Lage inmitten der Dolomiten.

Autochthone Rebsorten

Hinter dieser extravaganten Fassade verbirgt sich die Kellerei Bozen. – Foto: Cantina Bolzano-Kellerei Bozen

Hinter dieser extravaganten Fassade verbirgt sich die Kellerei Bozen. – Foto: Cantina Bolzano-Kellerei Bozen

Einzigartig ist Bozen auch, weil es zwei autochthone Weinsorten aufweist, nämlich die der Vernatsch- und der Lagreintraube. Autochthone Rebsorten sind die „lokalen Helden“ der Weinwelt. Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie eingeboren oder alteingesessen. Beim Wein bezeichnet man damit Rebsorten, die in der Region wachsen, in der sie ihren Ursprung haben.

Sage und schreibe 28 Weinkellereien zählt die Stadt, wobei die meisten in Familienhand sind. Logisch, dass die Winzer mit Hingabe und Leidenschaft ans Werk gehen und mitunter einen herausragenden Innovationsgeist an den Tag legen.

Gries und Moritzing

Den Würfel der Kellerei Bozen erkennt man schon von Weitem. – Foto: Cantina Bolzano-Kellerei Bozen

Den Würfel der Kellerei Bozen erkennt man schon von Weitem. – Foto: Cantina Bolzano-Kellerei Bozen

Wenn man sich vom Zentrum Bozens Richtung Nordwesten begibt, erreicht man Gries, den bevölkerungsreichsten und größten Bozner Stadtteil. Das Benediktinerkloster Muri Gries und die dazugehörende Kirche, dem Hl. Augustinus geweiht, prägen den Grieser Platz. Zu dem Stadtviertel gehört auch Moritzing (ein ländlich geprägtes Gebiet mit landwirtschaftlichen Betrieben). Und in der gleichnamigen Straße „residiert“ die Kellerei Bozen.

Die Klosterkellerei Muri-Gries wurde bereits um 1900 von den Benediktinermönchen gegründet (Übrigens: die Kellerei Andrian wurde 1893 gegründet und ist somit die älteste Kellerei Südtirols; die Ortschaft liegt zwischen Bozen und Meran). Den Fokus richteten die Ordensbrüder auf den Lagrein.

Zusammenschluss zweier Kellereien

Stylisch geht es auch im Verkaufsraum zu. – Foto: Dieter Warnick

Stylisch geht es auch im Verkaufsraum zu. – Foto: Dieter Warnick

Zurück zur Kellerei Bozen und deren Geschichte: Im Jahr 1908 beschlossen 30 Winzer aus Gries eine Genossenschaft für Weinbau und Weinvermarktung zu gründen. 22 Jahre später schlossen sich 18 Weinbauern aus St. Magdalena (im Osten der Stadt gelegen) ebenfalls zusammen. Inmitten der Wirren des Zweiten Weltkrieges und der damit verbundenen Beeinträchtigungen der Weinproduktion trafen die beiden Kellereien die Entscheidung, gemeinsame Sache zu machen; fortan produzierten sie auf dem Gelände in Gries ihre Produkte.

Nachhaltigkeit ist ganz wichtig

In Fässern wie diesen reifen die Trauben der 224 Weinbauern, die sich zu einer Genossenschaftsstruktur zusammengeschlossen haben. – Foto: Dieter Warnick

In Fässern wie diesen reifen die Trauben der 224 Weinbauern, die sich zu einer Genossenschaftsstruktur zusammengeschlossen haben. – Foto: Dieter Warnick

Viele Jahrzehnte später, im Jahr 2001, kam es zur Fusion der Gründungsväter zur Kellerei Bozen – der wichtigste Schritt in der Geschichte der beiden Genossenschaften. Im Oktober 2016 wurde der Grundstein für die neue Kellerei in Moritzing gelegt, ab Herbst 2018 erfolgte in mehreren Schritten der Umzug sowie die Fertigungshallen mit Leben zu füllen. Am 6. April 2019 wurde die Kellerei eröffnet.

Ökologische Nachhaltigkeit wird in dem extravaganten Niedrigenergiehaus ganz groß geschrieben. Die Kellerei ist die erste Südtirols, die das renommierte Nachhaltigkeitszertifikat des Ökoinstituts Südtirol erhalten hat.

224 Genossenschaftsmitglieder 

340 Hektar Weinberge erstrecken sich zwischen 200 und 1000 Höhenmetern, die Kellerei zählt 224 Genossenschaftsmitglieder, also Weinbauern. 15 verschiedene Rebsorten werden auf unterschiedlichen Böden kultiviert, wodurch die Trauben zu Weinen mit unverwechselbarem regionalem Charakter verarbeitet werden.

Grundlegende Aufgabe ist es, die Identifikation der Mitglieder (meist Weinbauern mit wenig Anbaufläche) mit „ihrer“ Kellerei zu fördern und damit das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken.

Hochmodern und futuristisch

Laven ist der erste biozertifizierte Wein der Kellerei Bozen. Er überzeugt durch eine elegante, frische Komposition aus Chardonnay, Weißburgunder und Grauburgunder. – Foto: Dieter Warnick

Laven ist der erste biozertifizierte Wein der Kellerei Bozen. Er überzeugt durch eine elegante, frische Komposition aus Chardonnay, Weißburgunder und Grauburgunder. – Foto: Dieter Warnick

Von weitem schon ist der würfelartige Bau der Kellerei Bozen zu sehen, der wie aus einem (Wein)Berg herauszuwachsen scheint. Das  neue, futuristisch anmutende Wahrzeichen im Nordwesten der Stadt steht gleichsam für Tradition und Entwicklung. Nachhaltigkeit plus äußeres Erscheinungsbild ergeben ein überaus modernes Grundprinzip.

Das originelle Gebäude erstreckt sich über fünf  Stockwerke, wobei ein Teil tief im Boden verankert ist. Der oberirdische Teil hat die Form eines Prismas, das dank des Lichtspiels wie ein Weinblatt aussieht und perfekt in die Hügellandschaft eingebettet ist.

Das Prinzip der Schwerkraft

Überdimensional muten die Produktionsstätten an. – Foto: Dieter Warnick

Überdimensional muten die Produktionsstätten an. – Foto: Dieter Warnick

Die Produktion im Keller, komplett in den Hang eingelassen, folgt dem Prinzip der Schwerkraft. Ohne technische Hilfsmittel gleiten Trauben, Most und Wein sanft über fünf Etagen nach unten. Dadurch wird Energie gespart und der Einsatz von Pumpen oder Ähnlichem vermieden. Sehr nachhaltig sind auch die Luftkühlungssysteme im Kellergewölbe, denn es braucht diese schlicht und einfach nicht.

35 Hektoliter, also 7000 Liter feinsten Chardonnays, lagern in diesem Holzfass. – Foto: Dieter Warnick

35 Hektoliter, also 7000 Liter feinsten Chardonnays, lagern in diesem Holzfass. – Foto: Dieter Warnick

Die niedrigen Temperaturen entstehen auf natürliche Weise. Wird dagegen Wärme benötigt, so wird diese mit Hilfe von Sonnenkollektoren und Pelletwärmepumpen erzeugt. Die Kellerei Bozen ist eine der modernsten in Südtirol.

Dass die Weine der Genossenschaft seit vielen Jahren begehrte Auszeichnungen bekommen, ist keine Überraschung. Angebaut und verarbeitet werden: Lagrein, Blauburgunder, Müller Thurgau, Rosenmuskateller, Chardonnay, Weißburgunder (Pinot bianco), Vernatsch, Gewürztraminer, Sauvignon Blanc, Sylvaner, Riesling, Goldmuskateller, Merlot, Cabernet Franc, Pinot Grigio (Grauburgunder), Cabernet Sauvignon und Kerner. Die Gesamtproduktion beträgt etwa 3,2 Millionen Flaschen, je zur Hälfte Rot- und Weißweine.

2999 Flaschen TAL 1908

Auch im Winter ein Hingucker: Der Würfel der Kellerei Bozen. – Foto: Cantina Bolzano-Kellerei Bozen

Auch im Winter ein Hingucker: Der Würfel der Kellerei Bozen. – Foto: Cantina Bolzano-Kellerei Bozen

Ganz besonders stolz sind die „Macher“ um Kellermeister Stephan Filippi auf einen Rotweincuvée Doc 2020, den TAL 1908, hergestellt  aus drei verschiedenen Rebsorten (80 % Lagrein, 17 % Cabernet Sauvignon und 3 % Merlot) der Tal-Lagen in Gries (TAL steht dabei für Tradition, Authentizität und Langlebigkeit). Dieser reift zwölf Monate in kleinen Barriquefässern und anschließend 15 Monate in Betonbottichen, deren feine Poren Luft zuführen, bevor er schließlich in der Flasche seine endgültige Finesse erhält. Es wurden nur nummerierte Flaschen abgefüllt – exakt 2999.

Informationen: Kellerei Bozen, Moritzinger Weg 36, I-39100 Bozen, Tel.: (+39 0471) 27 09 09; E-Mail: info@kellereibozen.com, Internet: www.kellereibozen.com. – Der Autobus der Linie 10A hält unmittelbar an der Kellerei.

Raushier-Reisemagazin

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