Die jüngste der Karibikinseln zeigt sich wild: Ungeglättet von Erosion und Winden, mit explodierender Flora, beeindruckenden Grotten, unzähligen Schluchten, Wasserfällen und Schwefelquellen. Entdecker Christoph Kolumbus begnügte sich damit, den Namen des aktuellen Wochentages zu wählen: Sonntag. Angeblich ist Dominica die einzige Insel, die er noch heute wieder erkennen würde.
Die meisten Menschen des westlichen Kulturkreises dürften eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben, wie es auf Dominica aussieht. Denn hier wurden im Jahr 2005 einige Szenen für den zweiten Teil des Blockbusters „Fluch der Karibik“ gedreht. Jonathan Vidal gehörte zum Team von Location Scouts für die Disney Produktion. Er fand die Drehorte für die Kampfszene im Wald mit dem großen Rad, das Kannibalendorf, den Strand, an dem die Black Pearl liegt, als die Kannibalen Captain Jack Sparrow jagen, und die Szene, in der die Piraten auf dem Indian River zur Hütte von Tia Dalma/Calypso fahren. Er sagt: „Die Szene, in der Jack Sparrow als Schaschlikspieß vom Felsen stürzt, wurde in vier oder fünf Locations auf Dominica gedreht.“
Kaum Überbleibsle vom Jack Sparrow und Co
Filmfans können heute noch die Drehorte besuchen, allerdings ist von den Kulissen nichts übrig geblieben. „Lediglich die Hütte am Indian River wurde wieder aufgebaut“, erklärt Anita Bully, Produktionsmanagerin der Dominica Film Commission, die zur Dominica Coalition of Service Industries (DCSI) gehört. Man sieht ihr an, dass sie sich noch immer über die fehlende Weitsicht der Entscheider auf der Insel ärgert. Doch die Argumentation, dass man niemanden habe, der sich um die Kulissen kümmert, und dass auch die Versicherungsfrage ungeklärt sei, schlug seinerzeit das Argument, dass man die Orte für den Tourismus nutzen könnte.
Nun könnte man hinter dieser Haltung einen mangelnden Geschäftssinn vermuten. Möglicherweise spiegelt sich darin aber gerade das wider, was Dominica in Wahrheit ausmacht: Denn die Insel wird als „Nature Island“ vermarktet. Ein Geheimtipp ist sie aber noch immer. Das könnte daran liegen, dass es etwas umständlich ist, sie zu erreichen. Denn weil der Flughafen noch immer keine internationale Zulassung besitzt, empfiehlt es sich, zunächst die größere, schmetterlingsförmige Insel Guadeloupe anzusteuern und dann mit der Fähre oder mit einem Kleinflugzeug weiter nach Dominica zu reisen.
Natur wie aus einem Fantasyfilm
Wer jedoch die Unbillen der Anreise auf sich nimmt, wird reich belohnt: Das üppige Grün und die unglaubliche Pflanzenvielfalt sind wie eine Reizüberflutung für das Auge. Ausflüge und Wanderungen führen durch Dschungelpfade zu Grotten, Schluchten und Wasserfällen, die aussehen wie einem Fantasyfilm entsprungen.
Die meisten Hunderjährigen der Welt
Und wer sich beim Trecking in einem der artenreichsten Gegenden der Tropen so richtig verausgabt hat, kann sich in einer der heißen Schwefelquellen von den Strapazen erholen – ein Jungbrunnen der Natur, heißt es. Wahrscheinlich ist auch etwas daran: Denn es ist belegt, dass auf Dominica die meisten Hundertjährigen der Welt leben! Die Quote liegt bei einem Zentenar pro 3.450 Einwohner; in Deutschland ist die Quote etwa 1 zu 12.200 – das ist fast 75 Prozent weniger!
Christen verantwortlich für Bauchschmerzen?
Mit einem hartnäckigen Gerücht soll an dieser Stelle aufgeräumt werden: Die Ureinwohner der Insel, die Kalinagos, waren keine Kannibalen. Offenbar wurde der Brauch, die Hütten mit den Gebeinen der Vorfahren zu verzieren, falsch interpretiert. Es ist darüber hinaus nicht ausgeschlossen, dass ein Häuptling in früheren Zeiten durch seine Aussage, von Christen bekomme er Bauchschmerzen, für den Fortbestand dieses Vorurteils verantwortlich war. Vermutlich wollte er so dafür sorgen, dass die Eroberer seinem Volk aus dem Weg gingen. Der extrem starke Widerstand der Ureinwohner führte jedenfalls dazu, dass sie der Sklaverei entgingen. Nichtsdestotrotz wurde hier die Szene im Kannibalendorf mit Jack Sparrow am Schaschlikspieß gedreht.
Gott schuf die Erde in sechs Tagen, heißt es in der Bibel. Da Dominica, nach geologischem Maßstab eine junge Insel ist, hat Gott sie ganz offensichtlich kurz vor Feierabend geschaffen, also als er schon in Übung war. So also wollte er die gesamte Erde eigentlich haben!
Infos: Die Karibikinsel Dominica (nicht zu verwechseln mit der Dominikanischen Republik) ist mit einer Fläche von 750 Quadratkilometern etwa so groß wie Hamburg. Sie gehört zu den Kleinen Antillen, auch genannt: die Inseln über dem Wind, und liegt zwischen Guadeloupe und Martinique. Die Nature Island bietet strotzend grüne Regenwälder und verbucht für sich mit neun Vulkanen die größte Vulkandichte der Erde. Hier in Waitukubuli, wie die Kariben ihre Insel nannten, bevor Christoph Kolumbus sie im Jahr 1493 Dominica, Sonntag, taufte, findet man heiße Schwefelquellen, unzählige Wasserfälle und eine reiche und intakte Unterwasserwelt. Es gibt hier einige schöne Strände, aber eine klassische Badeinsel ist Dominica nicht. Der Ökotourismus, den man hier kultiviert, bietet vielmehr Aktivitäten wie wandern, tauchen oder Walbeobachtung.
Der tropische Regenwald ist der artenreichste Lebensraum der Erde. Schillernde Schmetterlinge, prächtige Vögel, farbintensive Blumen, Ananas, Bananen, schwarzer Pfeffer, Zimt, Paranüsse, Kakao, Reis, Orangen, Farn, Teak- und Flamboyant-Bäume – Fotoapparat nicht vergessen! Aber vor allem benötigen Sie gutes Schuhwerk, für den Fall der Fälle eine Regenjacke und: Wasser!
Die letzten Stämme der Kariben, die Kalinagos, leben im Nordosten der Insel. Angst, im Kochtopf zu landen, muss allerdings niemand haben. Die Drehorte aus dem Blockbuster „Fluch der Karibik 2“ kann man hier besuchen. Sehenswert ist auch eine Flussfahrt auf dem Indian River, bei der man die Hütte von Calypso/Tia Dalma sehen kann.
Tour zu den Drehorten zum Film Fluch der Karibik 2: zB Jon Vee Tours, Salisbury, jonvee_11@live.com / Kurnel Simon, Massacre, kurnieb5@hotmail.com, www.caribicinseln.com.
Wandern: Boiling Lake, Trafalgar Falls, Valley of Desolation, Emerald Pool, Titou Gorge, Papillote Wilderness Retreat mit dem Rainforest Restaurant, inmitten des Tropical Garden und mit Volcanic Hot Pools.
Tauchen, schnorcheln: Unterirdische heiße Quellen lassen das Wasser im Champagne Reef herrlich sprudeln – ein Whirlpool für Taucher und Schnorchler, den auch die Fische zu genießen scheinen! Die Unterwasserwelt rund um Dominica ist unverfälscht, es gibt hervorragende Sichtweiten und eine bunte Flora und Fauna, die es mit dem Reichtum des Regenwalds aufnehmen kann. Hier kann man sogar den Chauve souris antreffen, einen Fledermausfisch mit knallrotem Kussmund!
In der Inselhauptstadt Roseau gibt es eine Dekompressionskammer für die Notfallversorgung nach Tauchunfällen. www.east-carib-dive.com, www.champagnereef.com.
Relaxen: Sulphur Springs (heiße Schwefelquellen), Wotten Waven, Papillote Wilderness Retreat.
Anreise: Flug/Fähre: Mit Air France über Paris nach Guadeloupe und Martinique, weiter per Fähre (www.express-des-iles.com).
Einreise: Dominica ist eine unabhängige Republik und gehört zum British Commonwealth. Der Reisepass muss mindestens noch sechs Monate gültig sein. Besondere Impfungen sind nicht notwendig.
Klima + Reisezeit: Das Klima ist das ganze Jahr über tropisch warm mit häufigen kurzen, heftigen Schauern. In den Monaten Februar bis Juni ist es trockener, Hurrikan-Saison ist von August bis November.
Sprache: Englisch, Kreolisch.
Währung: Ostkaribischer Dollar.
Hotels:
- Anchorage Hotel, www.anchoragehotel.dm (in der Inselhauptstadt Roseau im Südwesten gelegen). Whalewatch and Divecenter. Pottwale sind immer hier, Grind-, Schwert- und Buckelwale je nach Saison.
- Picard Beach Cottages, www.picardbeachcottages.dm, (nahe Portsmouth, der zweitgrößten Stadt der Insel, im Nordwesten).
- Tamarind Tree Hotel, www.tamarindtreedominica.com (nahe Salisbury an der Westküste der Insel).
Weitere Informationen: www.discoverdominica.com, www.travel2dominica.de.
Wieder mal ein klasse Reisebericht. Dominica könnte mir gut gefallen. Die Pirates of the Caribbean-Locations muss ich sehen:))
Wieder einmal eine sehr detaillierte Reportage. Eine außergewöhnliche Insel.
Schöner Bericht. Trekking-Boots kaufen, Tauchschein machen und los:) und Pottwale gucken!